Den Winter ausfegen

Trier-Biewer · Wenn bunt Kostümierte in Schlangenlinien durch die Straßen tanzen, dann haben sie vielleicht zu viel "getankt" - oder es ist Biewerer Schärensprung. Rund 60 Gruppen mit 700 Aktiven gingen in Biewer auf die Straße und sorgten für einen fröhlichen Abschluss der tollen Tage.

Trier-Biewer. Dereinst ging es munter durch die Häuser, und es wartete der eine oder andere Schnaps auf die jungen Hüpfer. Heute springen die Jecken in fröhlichen Schlangenlinien durch die Straßen, und das auch ohne, dass sie alkoholisiert sind. Allen voran tanzt ein Dutzend Hexen, besenbewehrt. Auch einer darf nicht fehlen: der große Biewener Hoahnen in seiner ganzen Pracht. Dann folgt die Schlange der "Schärenspringer", mehr als zwanzig bunt kostümierte Karnevalisten, die sich in gemütlichen Schlangenlinien durch die Biewerer Straßen winden. Immerhin sind etliche Kilometer zurückzulegen. "Das gibt schon Muskelkater", stellt eine alteingesessene "Biewenerin" fest. Dennoch seien es in den 50er und 60er Jahren noch viel mehr Tänzer gewesen, dafür weniger Wagen. Von diesen gibt es im Biewerer Zug, den rund 10 000 Zuschauer verfolgen, eine ganze Menge, beginnend mit den Pfalzeler "Drei-Tage-Narren", den eleganten Ladies im Sixties-Outfit, den Hippies, Affen und Chinesinnen. Unbeugsame Gallier sind gleich zweifach mit dabei, gefolgt vom Musikverein Butzweiler und etlichen Ehranger Zugteilnehmern, von schmucken mittelalterlichen Damen bis zu den schneidigen Preußen.
Den Abschluss der 60 Gruppen bildet diesmal, imposant aufragend, der Neweler Prinzenwagen. "Die haben so\'n geilen Wagen und ein tolles Prinzenpaar - und blau-weiß sind sie auch", sagt die erste Vorsitzende des Heimatpflegevereins Biewener Hoahnen, Martina Stadler, lachend. Auf die Frage, woher der Schärensprung überhaupt stammt, sagt sie: "Unser verstorbener Chronist Fritz Keil geht von einer keltischen Tradition aus. Schlängelnd und hüpfend wurden Lieder gesungen, um den Winter zu vertreiben."
Der Verein richtet den traditionellen Schärensprung seit seiner Gründung im Jahr 1952 aus. In Biewer üben das auch schon die Jüngsten: "Am Weiberdonnerstag veranstalten Kindergarten und Grundschule den Kinder-Schärensprung", berichtet Martina Stadler. "Da ist immer reger Betrieb, sie üben das vorher schon mit viel Begeisterung." Überhaupt erlebe das Brauchtum einen Aufschwung bei den jungen Leuten, beobachtete sie. Im Verein seien viele junge Leute aktiv, so werde etwa die Kindergarde von zwei Jugendlichen trainiert. "Da ist ein Wahnsinnspotenzial", resümiert sie, "ein wunderschönes Miteinander."
Dem kann Mia Bohr aus Biewer nur zustimmen. Von ihrer siebenjährigen Tochter wurde sie beauftragt, "Kamelle" zu fangen: "Sie tanzt in ihrer zweiten Session in der Garde und ist mit Leib und Seele mit dabei."

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