"Ein Privater würde vieles niemals so tun"

Seit Ende 2012 ist René Quante Geschäftsführer des Bunds der Steuerzahler Rheinland-Pfalz. In dieser Zeit hat der 34-jährige Diplom-Volkswirt bereits viele Missstände angeprangert.

 Ein Blick auf das sogenannte Vorfeld des Flughafens Hahn im Hunsrück. Gegen die Geschäftsführung des landeseigenen Airports hat der Bund der Steuerzahler im September 2013 Auskunftsklage wegen eines Kredits für eine inzwischen insolvente Fluggesellschaft eingereicht. Foto: dpa

Ein Blick auf das sogenannte Vorfeld des Flughafens Hahn im Hunsrück. Gegen die Geschäftsführung des landeseigenen Airports hat der Bund der Steuerzahler im September 2013 Auskunftsklage wegen eines Kredits für eine inzwischen insolvente Fluggesellschaft eingereicht. Foto: dpa

Im Interview mit Macher, Menschen + Märkte-Mitarbeiter Uwe Hentschel fordert Quante einen härteren Umgang mit Steuer verschwendern.

Zu den Steuerverschwendungen, die Sie anprangern, gehören auch die Subventionen des Landes in dreistelliger Millionenhöhe für den Fußballverein 1. FC Kaiserslautern. Einige hartgesottene Fans des Vereins haben sie daraufhin aufs Übelste beschimpft und Ihnen sogar gedroht. Wie gehen Sie mit solchen Reaktionen um?
Quante: Mir war von Anfang an klar, dass der FCK ein hochemotionales Thema ist. Teilweise fand ich es aber schon erschreckend, zu welch hasserfüllten Reaktionen es vonseiten der Fans kam. Dazu wurden verschiedene obskure Verschwörungstheorien über mich verbreitet, um von dem eigentlichen Problem abzulenken - nicht nur anonym in FCK-Blogs, sondern auch im Landtag. Allerdings lasse ich mich nicht einschüchtern. Wir wollen Transparenz und ein Ende der Subventionierung des FCK.

Beim Nürburgring zeichnet sich ein solches Ende ja ab. Der neue Eigentümer hat angekündigt, unter anderem das Freizeitangebot Grüne Hölle zu schließen. Sie werden deswegen sicher nicht auf die Barrikaden gehen?
Quante: Absolut nicht. Wenn der Verkauf des Nürburgrings vollzogen ist, dann kann der neue Besitzer Capricorn damit tun und lassen, was er für richtig hält. Schließlich bezahlt das Unternehmen dafür 77 Millionen Euro aus eigener Tasche. Zumal nicht die geplante Schließung, sondern der Bau der Grünen Hölle die eigentliche Verschwendung darstellt. Ebenso wie der Bau des gesamten überdimensionierten Freizeitparks, der den an sich gesunden Nürburgring überhaupt erst in den finanziellen Ruin geführt hat.

Welche Einrichtung in der Region Trier wäre Ihrer Meinung nach ebenfalls besser komplett in Privathänden aufgehoben?
Quante: Ich würde mir wünschen, dass das Stadttheater Trier in private Hände übergehen würde. Die diskutierte Genossenschafts-Variante hat einen gewissen Charme, aber ebenso wäre ein Verkauf an einen finanzstarken Inter es sen ten eine denkbare Alternative. Derzeit ist das Theater nur ein Subventionsfass ohne Boden, das sich die Stadt streng genommen eigentlich gar nicht leisten dürfte. Beispielsweise kostete ein Theaterbesuch in der Spielzeit 2010/2011 laut einer Untersuchung im Schnitt 150 Euro, davon zahlte der Besucher rund 15 Euro und der Steuerzahler 135 Euro. Ein privat geführtes Theater würde mehr auf eine effiziente Kostenstruktur, auf den Geschmack potenzieller Besucher und auf marktkonforme Kartenpreise achten. Natürlich könnte man jetzt entgegenhalten: "Dann können sich einige Bürger den regel mäßigen Theaterbesuch nicht mehr leisten." Aber warum sollen die Steuerzahler all jenen die Kartenpreise zu 90 Prozent subventionieren, die es sich auch leisten könnten, den vollen Preis zu zahlen?

Steuerverschwendungen gibt es immer wieder. Worauf führen Sie das zurück?
Quante: Im Kern geht es immer wieder auf die "Es ist ja nicht mein Geld!"-Mentalität der Entscheider zurück. Und dabei ist es ganz egal, ob es sich nun um teure Annehmlichkeiten, unausgegorene Planungen, abgehobenes Prestige denken, soziale Wohltaten auf Pump oder ineffiziente staatliche Strukturen geht. Natürlich ist Irren menschlich, aber ein Privater würde vieles niemals so tun und organisieren wie staatliche Stellen. Ganz einfach deswegen, weil sich jede Fehlentscheidung schmerzhaft auf die eigene Brieftasche auswirkt. Wenn es um das eigene Geld geht, dann ist der Umgang damit sorg fältiger, vorsichtiger und wirtschaftlicher.

Gibt es Verschwendungen, über die Sie sich besonders ärgern?
Quante: Am meisten ärgern mich Steuer verschwendungen, die bereits vorab erkennbar gewesen wären und noch nicht einmal einen konkreten dauerhaften Gegenwert geschaffen haben. Ein gutes Beispiel dafür ist der versenkte Fünf-Millionen-Kredit des landeseigenen Flughafens Hahn an die mittlerweile insolvente Fluggesellschaft ACG, dessen öffent liche Aufklärung wir per Klage erzwingen konnten. Dass die ACG defizitär wirtschaftete und hoch verschuldet war, wusst die alte Hahn-Geschäftsführung. Ebenso waren die fehlenden Sicherheiten und die verweigerte Bürgschaft klare Warnsignale. Dennoch wurde all das sorglos in den Wind geschrieben und der Kredit bewilligt.

Der Bund der Steuerzahler deckt zwar jedes Jahr zum Teil gravierende Fälle von Steuerverschwendungen auf, in den meisten Fällen scheint das jedoch ohne Konsequenzen zu bleiben. Frustriert sie das?
Quante: Natürlich wäre es mir lieber, wenn jede Steuerverschwendung präventiv verhindert oder zumindest im Nachhinein abgestellt werden könnte. Frustration ist hier aber das falsche Wort der Wahl - denn wer frustriert ist, gibt früher oder später auf. Ich sehe es eher als Ansporn, den Erfolg beim nächsten Fall zu erreichen. Schließlich kämpft der Steuerzahlerbund gegen Verschwendung. Und wie bei allen Kämpfen lässt sich auch dieser im Einzelfall verlieren. Doch wer nicht kämpft, verliert garantiert.

Müssten Steuerverschwendungen bestraft werden?
Quante: Unbedingt, denn in der Politik und Verwaltung mangelt es häufig an einem Unrechtsbewusstsein, wenn Fehlentscheidungen aufgedeckt und angeprangert werden. Zwar wird bei diesem Thema gerne eingeworfen, dass es bereits den Untreue-Paragrafen gibt. Doch dieser hat sich bei Verschwendungen oft genug als stumpfes Schwert erwiesen. In den meisten Fällen kommen die Steuerverschwender ungeschoren davon. Deshalb fordert der Steuerzahlerbund die Einführung des Straftatbestands der "Haushalts untreue". Hierzu haben wir 2013 der Bundespolitik einen konkreten Gesetzes entwurf vorgelegt und ein Gutachten anfertigen lassen. Doch leider zeigt sich, dass die Politik zwar gerne bereit ist, härter gegen Steuerhinterzieher vorzugehen, es aber es an Engagement gegen Steuerverschwender erheblich mangeln lässt. Aber wer erlässt schon gerne Gesetze, die sich im Zweifel gegen einen selbst richten könnten?

Steuerverschwendungen sind das Eine, Steuerbetrug das Andere. Haben Sie Verständnis dafür, dass Menschen nicht bereit sind, einen Großteil ihres Ein kommens dem Staat zu überlassen und stattdessen ihr Geld am Fiskus vorbeiführen?
Quante: Für Gesetzes brecher kann ich kein Verständnis aufbringen. Allerdings muss sich die Politik stets darüber im Klaren sein, dass unverhältnis mäßig hohe Steuern die Menschen dazu verführen, sich dieser Belastung entziehen zu wollen - auch mit illegalen Mitteln. Weder Verständnis noch Verdammung werden an dieser schlichten Tatsache etwas ändern können. Nur wenn Bürger und Unternehmen das Gefühl haben, fair besteuert zu werden und dass Leistung sich lohnt, wird Steuerhinterziehung nachhaltig zurückgehen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Politik ein einfaches und moderates Steuer system schafft.

Der Kauf von Steuerdaten-CDs ist in diesem Zusammenhang ja ein probates, aber auch rechtlich umstrittenes Mittel, Steuerflüchtigen auf die Spur zu kommen. Wie sehen Sie das?
Quante: Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung ist wichtig und legitim. Doch in einem Rechtsstaat heiligt der Zweck eben nicht die Mittel. Deutschland braucht endlich ein Steuerabkommen mit der Schweiz und keine weiteren Deals mit kriminellen Datenhehlern. Auch finanziell ist der Ankauf solcher CDs verglichen mit dem Abkommen ein schlechtes Geschäft. Das Steuerabkommen mit der Schweiz hätte Bund und Ländern zusammen Mehreinnahmen von rund zehn Milliarden Euro bescheren können. Dagegen soll die Steuer-CD nur knapp eine halbe Milliarde Euro an Einnahmen generieren. Unter dem Strich haben Deutschland und Rheinland-Pfalz also viel Geld verloren - und mit jedem Jahr, das ohne Abkommen vergeht, verliert der Fiskus wegen der Verjährung von Steuerhinterziehung noch mehr Geld. Ich hoffe daher, dass die rot-grüne Landesregierung in Mainz endlich ihre Blockadehaltung im Bundesrat aufgegeben wird.

Auch wenn die Einkommensteuer besonders unbeliebt ist, so gibt es in Deutschland ja auch noch zahlreiche andere Steuern, mit denen der Bürger belastet wird. Wenn Sie eine bis drei davon abschaffen könnten, welche wären das?
Quante: Das ist eine schwierige Frage. Wenn es nur darum ginge, die persönliche Steuerbelastung massiv zu reduzieren, so wäre die Antwort einfach. Aber gerade Steuern wie die Einkommen- und Umsatzsteuer tragen mit ihrem hohen Aufkommen dazu bei, dass der Staat seine Arbeit finanzieren kann. Abgeschafft werden sollten insbesondere die Bagatellsteuern. Solche Steuern schaffen Bürokratie, belasten die Bürger aber bringen gemessen am Aufwand nicht viel ein. Beispiele dafür sind die Schaumwein-, Jagd- und Hundesteuer. Leider gibt es in Deutschland sehr viele Bagatellsteuern. Da reicht es nicht aus, nur ein bis drei davon abzuschaffen.

Machen Sie ihre Steuererklärung selbst?
Quante: Ich mache meine Steuererklärung jedenfalls nicht ganz alleine. Selbst als Volkswirt ist das deutsche Steuerrecht für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Im Zweifel verlasse ich mich da lieber auf professionellen Rat.

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