Chrome: Blick unter die glänzende Oberfläche

Trier · Einen ersten Eindruck von Googles neuem Browser Chrome hat sich volksfreund.de bereits Dienstagnacht verschafft. Im Laufe des Mittwochs hat die Redaktion die Konkurrenz zu Firefox und Internet-Explorer etwas genauer unter die Lupe genommen.

Der Name von Googles neuem Browser "Chrome" ist auf seine Art durchaus passend. Denn optisch hinterlässt das Stück Software durchaus einen bleibenden Eindruck, ähnlich einem chromblitzenden Neuwagen. Während die Arbeit mit Internet-Explorer, Firefox & Co. inzwischen - zumindest als Augenschmaus - kaum mehr Spaß macht (die optischen Anpassungen beim letzten großen Firefox-Update waren auch eher marginal), bringt Chrome etwas völlig Neues.

Fast bekommt man das Gefühl, überhaupt keinen neuen Browser zu benutzen, sondern einfach eine Webseite im Vollbild-Modus. Dabei ist "Chrome" schön anzusehen, aber nicht aufdringlich, sondern dezent. Und für Menschen, die zuvor noch niemals einen Webbrowser gesehen haben, stellt sich die Software sogar als sehr intuitiv dar. Schwieriger wird es nur für diejenigen, die alte Pfade gewohnt sind. Die Umstellung erfordert erst einmal eine gewisse Einarbeitung.

Das mag aber auch daran liegen, dass Chrome im Vergleich zu anderen Browsern nicht nur die Bedienbarkeit vereinfacht hat, sondern schlichtweg auch essentielle Browserfunktionen fehlen. Beispiel dafür ist eine nicht vorhandene Lesezeichen-/Favoriten-Verwaltung. Zwar übernimmt "Chrome" die vorhandenen Lesezeichen anderer Webbrowser klaglos, aber wenn man etwas Umstellen will, wirds haarig. Denn, das geht zwar wiederum ganz einfach (Lesezeichen per Maus von einem Ordner in einen anderen oder von einer Stelle an eine andere in der Lesezeichenleiste ziehen). Aber im Gegensatz zu einem sehr übersichtlichen Surf-Verlauf kann die Neuordnung der Lesezeichen in einer Such-Orgie enden.

Mit RSS/XML-Feeds kann "Chrome" nichts anfangen und zeigt sie als hässliches Adress- und Textgewirr an. Dabei gehört eine halbwegs nutzerfreundliche RSS-Darstellung mittlerweile wirklich zum Standard.

Dezent präsentieren sich Funktionen, die in anderen Browsern oftmals ein eigenes Fenster benötigen und sich so lästig in den Vordergrund drängen. Beispiel ist der Download-Manager, der unscheinbar am Fuß des Browsers aufpoppt. Nachteil: Der Download-Ordner kann nicht individuell pro Download eingestellt werden, sondern muss in den globalen Einstellungen festgelegt werden.

Was für Durchschnittsnutzer bequem ist, wird für versiertere Computernutzer zum Ärgernis: "Chrome" stellt sich als ziemlich eigenmächtige Software heraus, noch eigenmächtiger, als man es vielleicht vom zumeist vorinstallieren Internet-Explorer gewöhnt ist. Ein schönes Beispiel dafür ist die Unterdrückung von Pop-ups. Die kann man bei Chrome gar nicht abstellen; immerhin lässt der Browser die Option offen, darüber informiert zu werden, wenn ein Pop-up unterdrückt wurde.

Besonders ärgerlich aber ist der Installationsvorgang. So lädt der Nutzer sich zunächst einen recht kleinen "Installer" aus dem Internet, den Rest "zieht" Google sich selbst. Das geht so lange gut, wie der Nutzer "Chrome" auf dem heimischen Rechner, auf dem er volle Administrationsberechtigungen hat, installliert. Unser Installationsversuch auf dem Firmen-Rechner, der aus Sicherheitsgründen strikt in Nutzer und Administrator aufgeteilt ist, schlug fehl. Zwar wurde Chrome installiert. Aber nicht, wie man es von Programmen gewöhnt ist, im Programm-Ordner, sondern im Ordner des Nutzers unter Anwendungsdaten. Folge: Während der Administrator "Chrome" zwar nutzen konnte, war es dem normalen Nutzer an demselben Rechner nicht möglich. Er bekam das Chrome-Symbol erst gar nicht zu sehen in seiner Programmliste. Erst über Umwege gelang auch diese Installation.

Firefox-Nutzer werden mit "Chrome" ohnehin nicht recht glücklich werden bis jetzt. Dem Browser fehlen bislang jegliche Plugins, die den Mozilla-Browser mittlerweile zu einem echten Alleskönner machen.

Unklar ist noch, welche Daten "Chrome" zwischen dem Nutzer und Mountain View (dem Sitz Googles) hin- und herfunkt. Das Online-Computermagazin Golem.de berichtet, dass jeder installierte "Chrome" eine eindeutige Nummer bekommt, "die zusammen mit Informationen zur installierten Versionsnummer und Sprache an Google übertragen wird", so Golem.de.

Fazit: "Chrome" ist innovativ, aber keine wirkliche Revolution. Außerdem fehlen dem Browser in der Beta-Version noch wichtige Funktionen, die ein Browser heutzutage haben sollte. Und eine gesunde Skepsis hinsichtlich der eigenen Daten, die beim Surfen anfallen, sollte der Nutzer (auch bei Chrome) ebenfalls an den Tag legen. Wer einfach nur einen Browser will, um im Internet zu surfen, ist mit Opera, Safari von Apple, Firefox und dem Internetexplorer ebenso gut bedient.

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