Wenn der Hit aus dem Hobby-Keller kommt

Ein Hit entsteht sicherlich nicht in jedem Keller, aber viele Amateurmusiker haben einfach Spaß, ihre Stücke semiprofessionell aufzunehmen. Die passende Technik macht das sogenannte Homerecording möglich.

Waldorf/Saarbrücken. Wer seine Klangkünste in ordentlicher Qualität festhalten möchte, muss kein professionelles Tonstudio aufsuchen. Der Hobby-Keller tut's auch. Die nötige Aufnahmetechnik ist inzwischen relativ günstig. Einen guten Song garantiert das zwar noch nicht, dennoch liegt Homerecording im Trend.

"Hobby-Musiker ohne großes Budget profitieren davon, dass die komplette Musikproduktion in den Rechner verlegt wurde", erklärt Holger Steinbrink, Geschäftsführer von audio-workshop, einem Anbieter für Seminare zur Musikproduktion und Tontechnik mit Sitz in Waldorf (Rheinland-Pfalz). "Online-Netzwerke wie Myspace und Youtube vereinfachen es heutzutage, sich ohne großen Aufwand einem breiten Publikum zu präsentieren", sagt Andreas Hau, Experte für Aufnahmetechnik und Buchautor aus Saarbrücken.

Musik-Neulinge träumen von der Popstar-Laufbahn



Von 50 000 ambitionierten Homerecordern in Deutschland geht Seminarleiter Holger Steinbrink aus. Die Zahl der gelegentlichen Hobby-Produzenten dürfte noch um einiges höher ausfallen. Zunehmend interessierten sich von der Popstar-Laufbahn träumende Musik-Neulinge für Homerecording-Einführungskurse.

Typische "Homerecorder" seien allerdings nicht zwingend am Broterwerb interessierte Amateurmusiker, die über Erfahrung am Instrument und über das nötige Kleingeld verfügen, so Steinbrink. Denn wegen des rapiden Preisverfalls - vor 20 Jahren habe eine Grundausstattung noch so viel wie ein Kleinwagen gekostet - müssten Einsteiger heute nur ein paar Hundert Euro auf den Tisch legen.

"Wer nur ein Instrument und seinen Gesang aufzeichnen will, dem genügt ein sogenannter Mobilrekorder für zwei Spuren ab 200 Euro", erklärt Andreas Hau. Das einem Kassettenrekorder ähnelnde, aber mit Flashspeicherkarten arbeitende Gerät biete sich erst recht dann an, wenn man in der Freizeit nichts mit Computern zu tun haben möchte, empfiehlt der Autor des Buches "Homerecording Guide".

Bei höheren Ansprüchen führt aber kein Weg am Rechner vorbei - sofern er nicht zu alt ist. Ein schneller Prozessor und viel Arbeitsspeicher seien vorteilhaft, denn die Audiobearbeitung sei mitunter rechenintensiv, sagt Andreas Hau. Zudem sollte der Computer mit einem Audio-Interface, also einer besonderen, für Musikaufnahmen geeigneten Soundkarte ausgestattet werden.

Ebenfalls unverzichtbar ist Spezial-Software für Aufzeichnung und Nachbearbeitung. Rundumsorglos-Programme wie "Cubase" von Steinberg ersetzen im Zweifelsfall sogar eine ganze Band - mittels Erweiterungen lassen sich zahlreiche Instrumente simulieren. Bündelangebote mit Soundkarte und Software gibt es ab 200 Euro.

Mindestens ebenso viel Budget muss für Mikrofone, Kopfhörer und Lautsprecher eingeplant werden. Andreas Hau rät Einsteigern, sich im Musikalienhandel beraten zu lassen. So sind herkömmliche Hifi-Boxen ungeeignet, weil sie den Klangeindruck verfälschen. Auch auf den Aufnahmeraum kommt es an. Hauptsache, der Schall hallt nicht unkontrolliert. Teppichboden und Regale als Raumteiler schaffen erste Abhilfe. Teurere Studio-Dämmmaterialien sind ein nächster Schritt.

"Von der Ausrüstung her ist das Niveau für CD-Veröffentlichungen problemlos erreichbar. Dass Plattenverträge für Aufnahmen aus dem Heimstudio vergeben wurden, kommt durchaus vor", versichert Andreas Hau. Mindestens so wichtig wie die Beherrschung der Technik sei aber das musikalische Können, also etwa das Gespür für einen gut komponierten und arrangierten Titel. Ein erfolgreicher Song, der beim Publikum funktioniert, klappt eben nicht im Handumdrehen.

"Das ist ein jahrelanger Lernprozess", bestätigt Michael Kißling, Hobby-Musiker und Mitbetreiber von "homerecording.de", mit rund 30 000 registrierten Nutzern die größte Web-Gemeinschaft ihrer Art. Mitglieder können dort ihre selbst produzierten Ergebnisse einstellen und von anderen bewerten lassen. Weit oben in den Charts der Webseite zu landen, ist nicht leicht. "Die vorderen Plätze belegen meist erfahrene Songwriter", sagt Michael Kißling.

Die Internetseite dient auch zum Erfahrungsaustausch, doch Kißling dämpft hohe Erwartungen. "Anfänger suchen häufig nach einer Faustformel. Doch pauschale Tipps, wie man diese und jene Musikrichtung am besten abmischt, funktionieren nur begrenzt." Mit Vorwissen könne man sich prinzipiell in wenigen Monate in die Heimstudio-Technik einarbeiten.

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