Wo ist Mister X?

Angelehnt an den Brettspiel-Klassiker "Scotland Yard" haben TV-Leser einen Unbekannten durch die Trierer Innenstadt gejagt. Ausgestattet mit modernen Mobiltelefonen testeten sie das GPS-Spiel "Suche nach Mister X".

Trier. Nico Retzlaff wirft einen gehetzten Blick aufs Handy, er ist auf der Flucht, denn er ist Mister X. Vier Verfolger wollen ihn stellen. Sein Plan: "Ich will erst an den Rand des Spielbereichs laufen und dann am äußeren Rand den Verfolgern entkommen." Den Spielbereich hat Robin Wielpütz von der Universität Bonn auf 800 Meter rings um den Startpunkt am Kornmarkt eingestellt. Nico hat als Mister X zwei Minuten Vorsprung. Dann blinkt die schwarze Spielfigur auf dem Stadtplan auf, den die Verfolger im Display ihrer Handys sehen. Denn bei der "Suche nach Mister X" sehen alle Spieler auf ihren Mobiltelefonen, wo sie selbst und die anderen sich befinden. Der Grund: Die Handys sind GPS-fähig, sie können also wie Navigationsgeräte den eigenen Standort anzeigen.

Kleine Miniprogramme sollen bei der Jagd helfen



In den ersten zwei Spielminuten ist Nico vom Kornmarkt über die Fleischstraße, dann über die Stresemannstraße vorbei am Viehmarkt bis hin zur Kaiserstraße gelaufen. Während die Verfolger ihn zum ersten Mal auf dem Stadtplan auf ihrem Handy-Display sehen, steht er an einer roten Fußgänger-Ampel. Jetzt gilt es, die auf dem Weg eingesammelten digitalen Fluchthelfer strategisch klug einzusetzen.

Auf dem Trierer Stadtplan sind per Zufallsprinzip an verschiedenen Stellen graue Spielmarken verteilt. Sobald Spieler an ihnen vorbeilaufen, werden sie automatisch eingesammelt. Sie sind vergleichbar mit Ereigniskarten bei Brettspielen.

Jede von ihnen steht für eine Nebelbombe, Tarnkappen oder Telefonwanzen, mit denen Mister X die Karte vernebeln, sein Aufblinken auf dem Stadtplan hinauszögern oder die Telefonkonferenzen der Verfolger abhören kann.

Für die Jäger gibt es ähnliche Hilfestellungen. Neben der Möglichkeit zur Strategiebesprechung per Telefonkonferenz können sie unter anderem mit dem sogenannten Screamer (Englisch to scream - schreien) das Handy von Mister X zum Schreien bringen, wenn sie ihn in der Nähe wähnen.

Nico überquert die Kaiserstraße und die Südallee. Auf dem Display sieht es so aus, als gingen seine Verfolger in die falsche Richtung. Seinem Plan folgend geht Nico in die Gilbertstraße in Richtung Osten zur Saarstraße. Ein guter Plan - so lange, bis Nico die Nachricht erreicht, das Spiel werde abgebrochen. Die Server seien ausgefallen.

Nico geht schon gemächlich zurück, als die Meldung widerrufen wird, aber da steht schon in 30 Meter Entfernung eine seiner Verfolgerinnen, Margit Schultze. Noch hat sie ihn nicht gesehen. Die Ampel an der Südallee ist rot. Nico sprintet zurück in Richtung Süden. Verzweifelt sucht er nach einem Versteck. Er rennt in einen Innenhof, doch am Ende ist ein Baustellenzaun, kein Durchkommen. Nico zündet noch eine Nebelbombe, aber schon eine Minute später steht Margit vor ihm - und drückt den Knopf fürs Aufgeben. "Pures Adrenalin war das. Man rennt einfach nur noch - wie im Tunnel ist das", sagt Mitspieler Simon Scheuba nach zwei Verfolgungsjagden.

Auch Diplompädagoge Martin Burgard, der sowohl als Mister X und als Verfolger unterwegs war, ist begeistert: "Man taucht direkt ein in das Spiel." Statt auf der Couch zu zocken, geht es hier direkt auf die Straße. Ein Konzept, das Spielspaß bringen kann.

Extra

Das Spiel "Jagd nach Mister X" hat die Universität Bonn in Kooperation mit der Telekom entwickelt. Zurzeit wird das Spiel in verschiedenen Städten in Deutschland getestet. Bald soll es offiziell auf den Markt kommen. Prinzipiell ist jedes mobile Telefon mit GPS und Internet-Flatrate geeignet für das Spiel, allerdings gibt es derzeit nur Versionen für Telefone mit Android-Betriebssystem sowie Apples iPhone. Das Spiel ist kostenlos, für den Nutzer fallen aber die üblichen Kosten für Handy- und Internetnutzung an.

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