Immer mehr Männer leiden unter Depressionen

Depressionen haben in den letzten Jahren generell enorm stark zugenommen. Doch besonders auffällig ist der Anstieg von Depressionen bei Männern. Experten führen dies u.a. darauf zurück, dass Männer andere Symptome zeigen, die erst seit kurzem korrekt gedeutet werden. Dazu tun sich Männer auch heute noch schwerer Probleme und Ängste zu zugeben als Frauen.

Arbeitslose Männer im mittleren Alter am häufigsten betroffen

Die vom Robert Koch-Institut veröffentliche Studie "Gesundheit in Deutschland aktuell" belegte den Anstieg von Depressionen mit Zahlen: Demnach leiden unter den 18- bis 65-jährigen Einwohnern der Europäischen Union rund 8,3% unter einer Depression. Frauen waren dabei ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer. Allerdings sind die Männer schon jetzt in einer Kategorie führend: Bei den 30- bis 44-jährigen, die arbeitslos sind, sind 15,1% der Männer von Depressionen betroffen, jedoch nur 10,1% der Frauen. Bei denjenigen dieser Altersgruppe die nur gelegentlich in Teilzeit arbeiten sind 10,2% der Männer betroffen, allerdings nur 7,6% der Frauen. Erst bei den über 45-jährigen gleichen sich die Statistiken mit 15,4% (Männer) und 15,8% (Frauen) wieder an.

Eine Erklärung dafür hat das Robert Koch-Institut auch zur Hand: In diesem Lebenszeitraum sind viele Frauen freiwillig arbeitslos oder in Teilzeit beschäftigt, weil sie sich um den Nachwuchs kümmern. Bei den Männern dagegen ist die Arbeitslosigkeit zumeist unfreiwillig und entzieht ihnen den wichtigsten Lebenssinn. Dazu passt, dass Männer in Vollzeitstellen am seltensten von allen Gruppen von Depressionen betroffen sind.

Bei jungen Menschen liegen die Frauen vorne

In jungen Jahren sind Depressionen für Männer scheinbar kaum ein Thema: Unter den 18- bis 29-jährigen liegt die Zahl der männlichen Betroffenen bei 2,7%, bei den Frauen hingegen bei 5,8%. Bei beiden Geschlechtern scheint hier weniger die Arbeitslosigkeit den Ausschlag zu geben, sondern eher das soziale Umfeld: So war die Zahl der Depressiven am höchsten bei denjenigen, die nur eine geringe Unterstützung durch das Umfeld erfuhren.

Männerdepressionen richtig erkennen

Lange Zeit galten Depressionen als "Frauenthema", mit dem Männer nichts zu tun hatten. Dabei belegten die Selbstmordraten, dass Männer ebenfalls stark unter seelischen Problemen leiden konnten: Statistisch gesehen begehen Männer dreimal so oft Selbstmord wie Frauen - häufig aufgrund nicht erkannter und somit unbehandelter Depressionen.

Psychiater und Psychologen geben sich hier mittlerweile selbstkritisch: Viel zu lange wurden Depressionen nur nach "typisch weiblichen" Symptomen wie Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Traurigkeit diagnostiziert. Erst allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass Männer ganz andere Symptome zeigen: Sie reagieren auf Probleme häufig mit plötzlicher Aggressivität und Gereiztheit. Statt sich wie die Frau mit heißem Kakao auf dem Sofa einzumummeln und der Traurigkeit hinzugeben, setzen sich die Herren dann eher ans Steuer ihres Auto um ihre Aggressivität beim Fahren abzureagieren (mit all den Folgen, die solches Fahrverhalten nach sich zieht) oder werden sogar gewalttätig. Auch eine Flucht in Drogen, Alkohol, sexuelle Abenteuer oder in übermäßig viel Arbeit sind bei depressiven Männern nichts Ungewöhnliches.

Mehr Aufklärung über Männerdepressionen notwendig

Mittlerweile hat das Thema Männerdepressionen die Öffentlichkeit erreicht. Psychologen mahnen Hausärzte an, bei der Diagnosestellung häufiger an Depressionen zu denken. So lassen sich auch unspezifische körperliche Symptome wie Herzrasen, Atembeschwerden oder Schmerzen teilweise auf eine unerkannte Depression zurückführen.

Was aber, wenn der Mann erst gar nicht zum Arzt geht? Hier sind auch die Angehörigen gefordert, frühe Symptome zu erkennen. Neben einer uncharakteristischen Aggressivität, plötzlichen Wutausbrüchen und schneller Reizbarkeit, können auch Schlafstörungen, der Verlust früherer Interessen und Hobbys oder eine generelle Unzufriedenheit mit sich selbst, der Welt und dem Leben auf Depressionen hindeuten.

Wie werden Depressionen beim Mann behandelt?

Wird die Diagnose Depression gestellt, raten Ärzte in der Regel zu einer Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Antidepressiva wie SSRI und SNRI kurbeln die Produktion des Botenstoffs Serotonin an, der auch als Stimmungsaufheller bekannt ist. Bei depressiven Menschen ist die natürliche Produktion von Serotonin häufig gestört, so dass sie keine Freude mehr empfinden - hier setzen die Medikamente an.

Eine medikamentöse Therapie sollte jedoch stets nur unterstützend wirken. Wichtiger ist eine Psychotherapie, bei der ein geschulter Therapeut den Ursachen für die Depression auf die Spur zu kommen versucht. Wurden diese identifiziert, kann der Therapeut Ratschläge geben, wie mit den Problemen umgegangen werden kann - oder welche Veränderungen im Leben Abhilfe schaffen können. Dies kann beispielsweise ein Arbeitsplatzwechsel sein oder auch das Beenden einer unglücklichen Ehe bzw. Beziehung. Oft helfen aber auch schon weniger drastische Maßnahmen um die eigene Stimmung zu heben, zum Beispiel ein neues Hobby oder eine längere Reise.

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