Traum oder Alptraum - Alte Häuser sanieren

Prien am Chiemsee (dpa/tmn) · Ob Erbstück oder Liebe auf den ersten Blick am Wegesrand: Die wichtigste Frage lautet immer, ob es sich lohnt, ein altes Haus wieder herzurichten.

Bei allem Charme steckt in diesen Gebäuden viel Arbeit, die der Laie oft nicht allein erkennen oder überblicken kann. Damit der Traum vom alten Haus nicht zum Alptraum wird, ist professionelle Hilfe, eine gute Planung und eine Menge Kleingeld nötig.

„Altbausanierungen sind meist eine sehr teure Angelegenheit, weil man mehr als beim Neubau auf Gegebenheiten eingehen muss“, warnt Architekt Christian Gsella aus Prien am Chiemsee. „Manchmal ist es - so schade das sein mag - wirklich günstiger, die Hütte über den Haufen zu schieben und ganz neu zu bauen.“

Doch bevor der angehende Bauherr die Flinte ins Korn wirft, sollte er mit einem Fachmann für Altbausanierungen das Haus begutachten, rät die Bauberaterin Uta Maria Schmidt von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Perfekt geeignet ist ein unabhängiger Architekt, der bestenfalls auch eine Qualifikation als Energieberater hat.“

Der Sachverständige erkennt schnell, wo eventuelle Schwachstellen eines Hauses liegen. „Feuchte Wände, Hausschwamm oder Ungeziefer, nasse Keller und veraltete Haus- oder Sanitärtechnik sind nur einige der Risiken“, zählt Schmidt auf. Natürlich seien gute Handwerker in der Lage, die Substanz eines Gebäudes einzuschätzen. Sie richten ihr Augenmerk aber in der Regel nur auf ihr eigenes Gewerk, warnt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren (VPB) in Berlin.

Entscheidet sich der Hausherr für die Sanierung, sollte am besten ein Architekt die Koordination der künftigen Baustelle in die Hand nehmen. Das hat den Vorteil, dass bei ihm alle Stricke zusammenlaufen und der Umbau wie aus einem Guss gelingt. Darüber hinaus weiß der Architekt welche Behörden bei genehmigungspflichtigen Maßnahmen informiert werden müssen, erklärt Architekt und Autor Claus Arendt aus München, der bei Altbausanierungen berät.

Profiwissen ist auch unerlässlich, wenn es darum geht, die Reihenfolge der Sanierungsarbeiten festzulegen. „Hier sollte man unterscheiden zwischen Arbeiten, die den Wert des Hauses erhalten, und solchen, die seinen Wert steigern“, rät die Autorin Renate Bühl in ihrem Buch „Wir modernisieren unser Haus“. Eine neues Bad zum Beispiel muss nicht sofort sein. „Alles, was dem Haus schadet wie bröckeliger Putz, durch den die Feuchtigkeit dringt, sollten sie aber unverzüglich in Ordnung bringen.“

Ein falscher Ablauf beim Umbau kann viel Zeit kosten, und er richtet im Zweifelsfall Schäden an oder kostet eine Menge Geld. Das geht bei der Heizung los: „Es ist immer sinnvoll, erst zu dämmen und dann die neue Heizung einzubauen, die dann entsprechend geringer dimensioniert ausfallen kann als bei einem ungedämmten Haus“, erklärt Reinhold-Postina.

Auch die Fassade zu dämmen, ohne die Fenster auszutauschen, kann zu Mängeln führen. Sollten die Fenster später irgendwann ausgetauscht werden, führt das häufig zu Anschlussproblemen an die äußere Dämmung, rät Schmidt. Auch Elektro- und Sanitärleitungen lassen sich einfacher verlegen, so lange das Haus noch eine Baustelle ist. „Wenn man einmal drin wohnt, hat niemand mehr Lust, die Wände aufzuschlagen und Leitungen zu verlegen.“

Nach der genauen Zeitplanung ist der Bauherr gut beraten, wenn er auch die Finanzierung möglichst detailliert kalkuliert. „Das Hauptrisiko bei einer Altbausanierung ist die Kostenüberschreitung“, warnt Arendt. Daher müssen die Leistungen der einzelnen Gewerke unbedingt genau vorher festgelegt werden. Außerdem sollte der Auftraggeber vorher wissen, was er will. Ständige Änderungswünsche und Zusatzaufträge während des Umbaus kosten sonst richtig viel Geld.

Umgekehrt bedeutet sparen aber keinesfalls, Aufträge automatisch an den billigsten Handwerker zu vergeben. „Gute Arbeit hat ihren Preis. Wer Jobs an Billiganbieter vergibt, muss mit Pfusch rechnen“, betont Reinhold-Postina. Gerade Firmen, die von weit her kommen, müssten ihren guten Namen vor Ort nicht verteidigen. „Und wenn es dann um Gewährleistungen geht, sind die nur schwer zu greifen, weil sie weit weg sind.“

Natürlich kann der Bauherr auch selbst Hand anlegen und kräftig mitwerkeln. „Kleine Arbeiten wie Tapeten entfernen, streichen, Türen abschleifen oder Hof pflastern kann man selbst machen“, so Reinhold-Postina. Aber Vorsicht: So mancher frischgebackene Hausherr überschätzt die eigene Kraft und unterschätzt den Zeitaufwand auf der Baustelle. „Wochen und Monate nur im Dreck knien und Fliesen abschlagen, das kann auf die Dauer ziemlich nerven“, dämpft Schmidt zu große Begeisterung. So manche Ehe oder Beziehung sei schon an einer Haussanierung zerbrochen.

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