"Ärmel hochkrempeln und los"

Bitburg · Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Service für Bürger und Digitalisierung: Die neue Direktorin des Bitburger Amtsgerichts hat sich einiges vorgenommen. In die Region kam die 45-Jährige durch ein Kartenspiel.

Wäre Claudia Stadler keine leidenschaftliche Skatspielerin, wäre sie heute nicht die Direktorin des Bitburger Amtsgerichts. Denn so hat die 45-Jährige ihren Mann kennengelernt, wegen dem es sie in die Eifel verschlagen hat - bei einem Bundesligaspiel ihrer Mannschaft gegen Ralingen. Seit 2003 lebt sie mit ihm und inzwischen zwei Töchtern in Newel. Die Nähe zu ihrem Wohnort war einer der Gründe, warum sie "die Chance ergriffen hat", als ihr Vorgänger Ende Juni in den Ruhestand ging. "Aber nach einer gewissen Zeit schadet es auch nicht, sich neuen Herausforderungen zu stellen", sagt Stadler, die zuvor Direktorin des Amtsgerichts Bernkastel-Kues war.

Welche Herausforderungen das sind? Gute Arbeitsbedingungen schaffen und mehr Service bieten. "Ich möchte, dass meine Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen und dass die Bürger wissen, meine Tür steht offen", sagt die 45-Jährige. Eines ihrer Hauptanliegen ist die Sanierung des Gebäudes. "So, wie es jetzt ist, kann es meiner Meinung nach nicht bleiben", sagt Stadler, "das entspricht einfach nicht mehr den Standards." Sicherheit spiele in den letzten Jahren eine immer größere Rolle, deshalb bräuchten sie eine Schleusenfunktion am Eingang. Außerdem wüssten Besucher nicht, wo sie hin sollten, wenn sie zur Tür reinkämen. "Wir wollen ja ein offenes Gericht bleiben."

Deshalb möchte Stadler auch den Internetauftritt des Gerichts verbessern. Dort könne man zum Beispiel erklären, was auf jemanden zukomme, wenn er als Zeuge geladen werde. Oder wenn jemand Betreuung für die Oma brauche, gleich die richtigen Formulare zur Verfügung stellen. "Da müssen wir mehr Service bieten", sagt Stadler.

Der Umgang mit den Bürgern ist ihr wichtig. Es gehe nicht darum, dass alle glücklich seien - "man kann es bei Gericht nicht jedem recht machen" -, aber die Menschen sollten wissen, dass ihre Argumente gehört worden seien und dass sich jemand Gedanken gemacht habe. "Ich möchte, dass meine Mitarbeiter Menschen so behandeln, wie sie selbst gerne behandelt werden möchten." Anliegen müssten ernst genommen und zeitnah beantwortet werden.

Die Bearbeitung von Fällen könnte tatsächlich bald schneller gehen, denn die Einführung der elektronischen Akte steht an - eine weitere Herausforderung für Claudia Stadler. Bis 2026 muss sie von Gesetzes wegen bundesweit eingeführt sein, Rheinland-Pfalz startet im kommenden Jahr mit einem Pilotprojekt in Kaiserslautern. "Mittelfristig ist es das Ziel, den Papierverkehr komplett abzuschaffen", erklärt die Direktorin, "damit alle, die an einem Fall arbeiten, gleichzeitig Zugriff auf die Akte haben." Das bedeute natürlich sehr viele Veränderungen für ihre Mitarbeiter. "Da heißt es Ärmel hochkrempeln und los", sagt sie und lacht.

Als Richterin gehört Stadler zu einem Team aus sechs Personen. "Da habe ich keine Vorgesetztenfunktion", erklärt sie. Die Richter unterstünden der Dienstaufsicht des Präsidenten des Landgerichts. "Richter können in Deutschland frei von allen Einflüssen arbeiten. Das ist eine Errungenschaft, um die wir weltweit beneidet werden."

Viel Zeit wird Stadler für ihre richterlichen Aufgaben allerdings nicht bleiben, das mache etwa ein Viertel ihrer Arbeitskraft aus, erklärt sie. Die zweifache Mutter arbeitet nämlich nur 75 Prozent. "Das ist mir wichtig: Familie und Beruf zu vereinbaren", sagt sie, "das muss möglich sein - auch in der Justiz". Deshalb wolle sie mit gutem Beispiel vorangehen. "Ich habe in Bernkastel auch als Direktorin Elternzeit genommen - und das Gericht ist nicht zusammengebrochen", sagt sie und lacht. Ernster fügt sie hinzu, dass mehr Männer Elternzeit nehmen müssten und "nicht nur die obligatorischen zwei Monate". - "Als Frau hatte ich nie Nachteile", sagt sie. Das Problem sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für Männer wie für Frauen.

Und damit ist Stadler bei einer weiteren Herausforderung: "Wir brauchen guten Nachwuchs in der Justiz." Bisher hätten sie den Luxus gehabt, die Besten auswählen zu dürfen, das werde sich aber ändern. "Wir werden um die Besten werben müssen." Und dazu gehörten eben gute Arbeitsbedingungen, juristische Berufe bekannter zu machen, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.
Für Skat bleibet ihr nicht mehr viel Zeit. "Das kommt im Moment etwas zu kurz", sagt sie. Und was macht die neue Direktorin sonst so in ihrer Freizeit? "Reisen, lesen, kochen - das Übliche." Stadler lacht.

ZUR PERSON
Claudia Stadler wurde in Sachsen geboren und wuchs in Hessen in der Nähe von Frankfurt auf. Dort studierte sie Jura, absolvierte ihr Referendariat und begann als Richterin zu arbeiten. 2003 wechselte sie der Liebe wegen nach Rheinland-Pfalz. Stationen ihrer richterlichen Laufbahn waren die Amtsgerichte Saarburg, Bernkastel-Kues und Wittlich. Auch in Bitburg hat sie 2004/05 schon mal für etwa ein Jahr gearbeitet. Außerdem war sie Präsidialrichterin am Landgericht Trier, Personalreferentin im Justizministerium und Direktorin des Amtsgerichts Hermeskeil. Zuletzt leitete sie seit 2010 das Amtsgericht Bernkastel-Kues.

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