All das ist gut so. Aber: Es schwingt auch ein wenig ironische Kritik mit: Die Deutschen übertreiben es manchmal mit der Ordnung. Schade, wenn darunter die Menschlichkeit leidet. Ordnung soll uns doch das Leben ermöglichen und erleichtern, aber nicht zum Prinzip werden, das das Leben erschwert oder erstickt. Bei Jesus lerne ich, dass Prinzipienreiterei nicht gut ist. Er ist in der jüdischen Tradition aufgewachsen und hat gelernt, dass die Menschen nach einer bestimmten Ordnung zu Gott kommen sollen. Zuerst wird Israel berufen und erst in späterer Zeit die Heiden. Diese Ordnung hat Jesus unterstrichen, als er gesagt hat: "Das Heil kommt von den Juden" (Joh 4,22). Auch hinter dem Satz "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel" steht diese Heilsordnung (Matthäus 15,24). Gesprochen ist dieser Satz Jesu in einer aufregenden Geschichte, in der eine Ausländerin von Jesus Hilfe für ihre schwerkranke Tochter erbittet. Gesteigert wird der Satz noch bis zu einer uns ungewohnten Härte und Fremdheit Jesu. Er sagt zu der Frau: "Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde." Und doch hat die Frau in dieser Geschichte Jesus verändert. Aus Liebe zu ihrer Tochter und im Glauben an die Möglichkeit Jesu schreit sie hinter Jesus her und antwortet auf den harten Satz: "Ja Herr; aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die von ihrer Herren Tische fallen." Das tut ihm das Herz auf. Er spricht: "Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst." So wirft er sein Gelerntes und seine Prinzipien über Bord. Er lernt, dass es wichtiger ist zu lieben, als ehrenwerte Prinzipien zu haben. Danke, Jesus mein Bruder! Du machst mir Mut. Ulrich Katzenberger, Pfarrer JVA Wittlich