Umweltgift Alles sauber?

Beilingen/Auw · Die Speicherer sorgen sich seit Jahren, dass das Wasser aus dem Beilinger Brunnen gesundheitsschädlich sein könnte. 2020 soll er stillgelegt werden. Hängt das mit der chemischen Belastung zusammen? Die Verwaltung nennt andere Gründe.

 Versteckt im Wald steht der Beilinger Brunnen. Noch pumpt er, Wasser. Das soll sich ändern. TV-Foto: Christian Altmayer

Versteckt im Wald steht der Beilinger Brunnen. Noch pumpt er, Wasser. Das soll sich ändern. TV-Foto: Christian Altmayer

Foto: (e_eifel )

Beilingen/Auw Das Wasser des Beilinger Brunnens birgt eine Gefahr. Auch wenn sie nicht zu sehen ist. Unsichtbare Schadstoffe schwimmen in der durchsichtigen Flüssigkeit. Sie tragen Namen wie PFHxA, PFOA, PFOSA. Mit 13 sogenannten perfluorierten Tensiden (PFT) ist die Quelle verunreinigt. Das geht aus dem jüngsten Laborbericht der Speicherer Verbandsgemeindewerke vom 2. Oktober hervor. Aber dort steht auch, dass die Konzentration der krebserregenden Chemikalien vergleichsweise gering ist. Seit Jahren bleibt die Belastung auf dem gleichen niedrigen Niveau von etwa 20 Nanogramm pro Liter (siehe Grafik). Das Umweltbundesamt hält Werte bis 100 Nanogramm pro Liter für unbedenklich. Trotzdem hat der VG-Rat beschlossen, dass der Brunnen 2020 vom Netz gehen soll - genauso wie der Brunnen in Auw an der Kyll. Warum? Seit Jahren sorgt das Thema für Furore. Um zu verstehen, warum, müssen wir etwas weiter ausholen. Was bisher geschah: Wir schreiben Mittwoch, den 10. Dezember 2014. Manfred Weber ist zu Gast im Speicherer Rathaus. Eigentlich ist der Vertreter der Struktur- und Dienstleistungsdirektion (SGD Nord) gekommen, um den Verbandsgemeinderat über die PFT-Belastung zu informieren. Aber schon bald redet er nur noch über Trichlorethen. Dieser Schadstoff gehört zu den leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen, kurz LHKW (siehe Info). Er lauere in hoher Konzentration in der Tiefe unter der Air Base Spangdahlem, sagt Weber. Heute ist klar, dass die LHKWs und PFTs vom Flugplatz kommen. Jahrzehntelang benutzte das US-Militär Löschschäume mit Tensiden, Entfettungsmittel mit Kohlenwasserstoff. Und diese Gifte drangen mit der Zeit auch ins Umland. Ausgerechnet in der Nähe des Beilinger Brunnens liegt eine kontaminierte Fläche, nur 2,8 Kilometer entfernt. Darauf weist Weber 2014 hin: Der Brunnen sei zwar noch nicht belastet, eine Gefahr aber mittelfristig nicht auszuschließen.Aufgrund dieser Warnung lässt Bürgermeister Rodens den Brunnen 2015 auf Minimalbetrieb herunterfahren. "Eine emotionale Entscheidung", wie er sagt. Die Bürger wollten das Wasser nicht mehr, obwohl die Werte im grünen Bereich liegen. "Wir hätten ihn auch weiter auf 100 Prozent laufen lassen können", sagt er. Stattdessen läuft die Pumpe täglich nur eine Stunde, damit die Rohre nicht verkeimen. Ab 2015 werden zudem monatliche Wassertests angeordnet. Auch hier zeigt sich: Die Verunreinigung ist nicht gravierend. Bald soll die Quelle aber trotzdem vom Netz gehen. Das habe mit der Gefahr durch PFT aber nur wenig zu tun, heißt es im Rathaus. Das sagt die Verwaltung: Die Still legung hänge damit zusammen, dass der Betrieb der Brunnen in Zukunft zu teuer werde, sagt Rodens. Der Plan: Der Hochbehälter in Preist soll über eine 9,8 Kilometer lange Trasse mit dem "Regionalen Verbundsystem Westeifel" (siehe Info) verbunden werden. Der Bau der Leitung beginnt noch in diesem Jahr und wird 2020 abgeschlossen sein. Die Rohre sollen dann 100 000 Kubikmeter Wasser durchs Speicherer Land pumpen. Die Versorgung über die sogenannte Eifel-Pipeline sei günstiger, als die Brunnen in Beilingen und Auw weiter zu betreiben, erklärt Rodens. Das sagen Naturschützer: Der Umweltaktivist Günther Schneider zweifelt an der offiziellen Version. Der Binsfelder glaubt, dass die Abschaltung der Pumpen mit der Verunreinigung durch PFT und LHKW zusammenhängt. Immerhin sei der Beilinger Brunnen vor nicht allzu langer Zeit noch ertüchtigt worden. "Das würde doch keiner machen, wenn er unwirtschaftlich wäre", meint Schneider. Rodens bestätigt, dass die Anlage saniert wurde. Er spricht aber von einem "relativ geringen Aufwand". Die Förderpumpe und eine Stromleitung seien für rund 12 250 Euro erneuert worden. Bis 2020 müsse der Beilinger Brunnen ja funktionsfähig bleiben. Schließlich könnte es zu einem Störfall in einer anderen Quelle kommen. Es wäre nicht das erste Mal:Im Sommer 2016 schmort beim Hauptbrunnen der VG im Speicherer Wald ein Schaltschrank durch. Von Juni bis August bezieht die VG ihr Wasser aus Beilingen. Die alte Quelle wird für wenige Wochen hoch- und danach wieder runtergefahren. "Sonst hätten wir kein Wasser gehabt", erklärt Rodens. Die Bürger beschweren sich trotzdem (der TV berichtete). Einige fordern, den Brunnen dichtzumachen - auch Schneider. Der glaubt, dass die Gifte sich im Boden ausbreiten. Schlagartig könnten die Werte in die Höhe schnellen. Dass das passieren kann, weiß auch der VG-Bürgermeister. Der CDU-Politiker sagt, es gebe zwei Möglichkeiten: "Entweder die Belastung kommt erst noch oder die Belastung ist vorbei." Deswegen behalte man die Grenzwerte im Auge. Und die Air Base? Auch der Flugplatz Spangdahlem hat Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung. Das geht aus Dokumenten der SGD Nord hervor. Im Kailbachtal gibt es demnach "ein Sandproblem". Geplant war, dass die beiden 2003 gebohrten Tiefbrunnen rund 500 000 Kubikmeter Trinkwasser liefern. Das Wasser aus der Anlage "Butterwiese" bei Großlittgen sei durch den Niedrigwasserabfluss der Salm belastet. Die Air Base könnte eine neue Quelle also gut gebrauchen - vor allem wegen der anstehenden Verlegung von 1200 Einheiten aus dem englischen Mildenhall (der TV berichtete mehrfach). Die verzögert sich zwar ins Jahr 2024. Aber wenn die neuen Soldaten erstmal da sind, wollen sie trinken, duschen und Wäsche waschen. Bis dahin sollte die Versorgung geregelt sein. Will also auch die Air Base ihre Brunnen stilllegen und ihr Wasser aus dem Verbundsystem beziehen? Die Stadtwerke bestätigen: Ein Hydrologiebüro sei im Auftrag der Base auf einige Wasserversorger zugekommen. Eine Prüfung hätte ergeben, dass es möglich wäre, den Flugplatz an das Verbundsystem anzuschließen. Dazu müsste aber eine rund 14 Kilometer lange Leitung verlegt werden. Deren Bau sei nicht geplant, die Kosten nicht ermittelt. Auch einen Entwurf der Air Base gebe es nicht. Das Thema wird offenbar im Augenblick nicht weiter verfolgt. Das kann man auch einer Antwort des Amts für Bundesbau auf eine TV-Anfrage entnehmen. Dort heißt es: Der Stützpunkt habe genügend Ressourcen, um Wasser für die gegenwärtige und zukünftige Belegung zur Verfügung zu stellen. KommentarMeinung

Augen auf, Pumpe zuAuch wenn die Schadstoffwerte des Beilinger Brunnens bislang unbedenklich sind. Es bleibt eine Gefahr, dass die Quelle doch noch verunreinigt wird. Die kann minimiert werden, solange das Wasser regelmäßig getestet wird. Es ist trotzdem richtig die Pumpen in Beilingen abzustellen, sobald es eine Alternative gibt. Eine solche bietet das Verbundsystem 2020. So lange gilt es, die Grenzwerte im Blick zu halten. c.altmayer@volksfreund.deExtra: DAS REGIONALE VERBUNDSYSTEM WESTEIFEL

Die Kommunalen Netze Eifel wollen bis 2022 eine neue Wasserleitungs-Trasse legen. Sie soll von der Oleftalsperre in Nordrhein-Westfalen bis nach Trier führen. Daran beteiligen sich die Stadtwerke Trier, die Stadtwerke Bitburg und die Werke der Verbandsgemeinden Bitburger Land, Schweich, Speicher, Südeifel und Trier-Land. Der Leitungsgraben soll 140 Millionen Euro kosten.Extra: DIE CHEMIKALIEN

Perfluorierte Tenside (PFT) sind so gut wie unzerstörbar. Weder Hitze noch Wasser oder Öl können ihnen etwas anhaben. Sie gelten als krebserregend. Trichlorethen gehört zu den leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW). Es wird als Entfettungs- und Reinigungsmittel verwendet. Es gilt als krebserregend und stark narkotisierend.

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