Als die Römer noch in Holzhäusern wohnten

Bitburg · Nicht nur das mittelalterliche Stadttor ist bei den Bauarbeiten am Bitburger Spittel entdeckt worden. Auch auf die Spuren der ersten römischen Siedler sind die Archäologen gestoßen. Sie zeugen von einer Zeit, in der Holzhäuser das Bild der Straßensiedlung prägten und die Bewohner sich noch selbst versorgten.

Bitburg. Schon bald soll Wasser in 15 feinen Strahlen aus dem neu gestalteten Postplatz emporschießen, während Lampen die futuristische Fontäne in buntes Licht tauchen. An die Römerzeit dürften bei diesem Anblick nur die wenigsten denken.
Dabei verbergen sich gleich unter dem frisch gegossenen Fundament des neuen Bitburger Wasserspiels die ältesten Spuren, die die Römer in "Vicus Beda" hinterlassen haben. Spuren, die neue Einblicke in die mehr als 2000-jährige Geschichte Bitburgs geben.
"Mit diesen Grabungen rückt die Südstadt in den Fokus", sagt Marcus Thiel vom rheinischen Landesmuseum, der die Bauarbeiten seit Wochen archäologisch begleitet. Tief unter dem Postplatz ist er nämlich auf Scherben, Gruben und Holzpfosten gestoßen - Überbleibsel der frührömischen Besiedlung.
Sie zeugen von langen, schmalen Holzhäusern mit Lehmfachwerk (Modell siehe Foto), die rechts und links der Straße lagen. Erbaut wurden sie wohl zwischen 20 vor und 50 nach Christus. Hinter diesen Häusern befanden sich in der Regel Brunnen. Da Thiel die Baggerarbeiten bereits beim Abbruch des Postgebäudes verfolgt hat, weiß er nun, dass die Grundstücke beachtliche 60 Meter tief waren.
In dieser Anfangsphase des römischen Bitburgs mussten sich die Bewohner offenbar noch selbst versorgen. Sie brauchten den Platz hinter ihren Häusern, um Vieh zu halten und Gemüse anzubauen. Erst später, ab der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts, entwickelte sich die Siedlung Thiel zufolge dank der Villen (das waren landwirtschaftliche Gutshöfe), die im Umkreis entstanden, zu einem florierenden Umschlag- und Marktplatz.
Wer aber hat wohl dort in diesen langen Häusern gelebt? Auch auf diese Frage hat Thiel dort, wo einst die Holzbauten standen, eine mögliche Antwort gefunden. Und zwar in Form von Kieselsteinen, die beim Bau der langen Römerstraße zwischen Trier und Köln verwendet wurden. "Die Leute haben die Straße gebaut, erneuert und geflickt", sagt der Experte für das römische Bitburg. Aber auch Einheimische (Gallorömer) oder Militärangehörige könnten unter den Bewohnern des frühen Vicus Beda gewesen sein.
Als die Selbstversorgung in dem aufstrebenden Marktstädtchen später keine große Rolle mehr spielte, wurden laut Thiel auch die Holzhäuser aufgegeben. Stattdessen errichteten die Bewohner weiter oberhalb Häuser aus Stein.
Bis die Arbeiten am Postplatz 2012 begannen, konnten die Archäologen nur vermuten, dass sich die frühe Straßensiedlung über rund einen Kilometer von der Kölner Straße bis zum Spittel erstreckte. Nun gibt es hierfür archäologische Beweise.
Um ein Haar wäre ein Teil davon bei den aktuellen Bauarbeiten zerstört worden. Sollte das Fundament für den begehbaren Technikschacht des neuen Springbrunnens doch ursprünglich in der frührömischen Schicht liegen. Auf Initiative des Bitburger Ratsmitglieds Stephan Garçon und des Leiters des Kreismuseums, Burkhard Kaufmann, seien die Pläne geändert worden, sagt Ralf Mayeres vom Bauamt der Stadt Bitburg. Die frührömischen Reste wurden mit einem Vlies bedeckt und die Höhe des Schachts verringert.
Wenn die Bitburger der Zukunft in 100 oder 300 Jahren also entscheiden, den Spittel erneut umzugestalten, so werden sie im Boden neben Kabeln, Kanälen und einem Technikschacht aus dem frühen 21. Jahrhundert auch Frührömisches finden, das ihnen Auskunft über die lange Geschichte ihrer Stadt gibt.Extra

Neben der unterirdischen Technik für die neue Wasserfontäne werden auf dem Postplatz derzeit Kanäle verlegt. Was laut Stadtverwaltung noch aussteht, ist das Verlegen der neuen Wasserleitungen für die Häuser rings um den Spittel und der Kabel für die zahlreichen Lampen. Bodenstrahler sollen den Neubau beleuchten und Baumstelen lassen die Vegetation künftig in der gleichen Farbe erstrahlen wie die Fontäne (die abends übrigens Nebel sprüht). Wenn alles glattläuft, soll der untere Teil der Hauptstraße ab September laut Stadtverwaltung wieder gepflastert werden. kah

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