Alternativen zum Verfall kleiner Dörfer

IRREL. Kaum mehr Neubaugebiete ausweisen, dafür alte Bausubstanzen nutzen: Mit dieser Maxime will Rosa Vollmuth gegen die schlechten Zukunftsaussichten für den ländlichen Raum angehen, die Demografen voraussagen.

Kein Kinderlachen mehr auf Spielplätzen, leer stehende Gebäude und verlassene Gemeinden: So sehen die düsteren Szenarien aus, die Demografen Deutschland und Europa prognostizieren. Besonders betroffen sind nach Expertenmeinungen ländliche Gebiete wie die Eifel. Doch müssen diese düsteren Aussichten wirklich eintreten? Rosa Vollmuth vom Planungsbüro Vollmuth in Kanzem meint, dass die Gemeinden sich gegen diese Entwicklung stemmen können. Bei einer Vortragsveranstaltung der Informations-Verbindungsstelle Carrefour der Europäischen Union stellte sie Alternativen zum ländlichen Verfall vor. Voraussetzung für eine positive Entwicklung in den einzelnen Ortsgemeinden ist in den Augen Rosa Vollmuths das Nutzen der bereits vorhandenen Wohnsubstanz. Sie sprach sich gegen das Ausweisen neuer Wohngebiete in den ländlichen Regionen aus. Statt das Geld in Neubaugebiete zu stecken, setzt die Diplom Ingenieurin für Dorfentwicklung und Gebäudesanierung auf "Ortskernsanierung und Ortskernmobilisierung". Sie warnte davor, weitere Gebäude zu errichten, die aufgrund der demografischen Entwicklung in einigen Jahren leer stehen könnten. Vor allem sprach sie sich dagegen aus, neben leer stehende Gebäude Neubauten zu stellen. "Wo die Leute nur ans Abreißen denken, gibt es viele Dinge, die man bewegen kann", sagte Vollmuth. Am Beispiel der Ortsgemeinde Kanzem zeigte die Architektin auf, dass ein Ortskern mit alten und stark sanierungsbedürftigen Gebäuden belebt werden kann. Unter dem Motto "Umnutzung" sei dort viel bewegt worden, schilderte die Referentin. Alte Höfe mit Scheunen dienen dort beispielsweise als Werkstätten oder Lagerflächen für Gewerbe und Handwerk. "Das ist besonders interessant für Existenzgründer", stellte sie ihre Erfahrungen dar.Damit Firmen sich in Ortsmitten ansiedeln

In Kanzem haben sich laut Vollmuth bereits viele Büros und Firmen in sanierten Gebäuden in der Ortsmitte angesiedelt. Eine solche Entwicklung brauche allerdings viel Zeit, berichtete Vollmuth: "Es ist wichtig, immer in Stufen zu arbeiten und sich Zeit zu lassen." Ihrer Erfahrung nach bräuchten solche Mobilisierungs-Projekte eine Anlaufzeit. In Kanzem habe diese rund fünf Jahre gedauert, danach sei das Projekt "ein echter Renner" geworden. Dort habe sich nicht nur viel verändert, sondern es seien zudem viele Bürgerprojekte initiiert worden. Gute Kommunikationsstrukturen und ein buntes Kulturleben seien die Folge. Das "Modell Kanzem" sei auch auf andere ländliche Gemeinden übertragbar, warb Vollmuth für die Mobilisierung im Ortskern. Auch in der Eifel wird in Sachen Altbausanierung und Umnutzung gearbeitet. In Steinborn läuft beispielsweise ein Projekt mit dem Ziel, ältere Gebäude neu zu gestalten und zu nutzen. Mit Blick auf die demografische Entwicklung sei eine Initiative unverzichtbar. Vollmuth: "Uns bleibt nichts anderes übrig, als sehr fantasievoll von unten wieder anzufangen. Jedes Dorf kann ein eigenes Profil entwickeln."

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