Angeklagte packt aus

Schwierige Kindheit, falsche Freunde und kein gutes Händchen bei der Partnerwahl: Eine 23-jährige Frau aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm ist vorgestern vor dem Bitburger Amtsgericht wegen des mehrfachen Handels und der Einfuhr von Drogen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Bitburg. Irgendwo neu anfangen, weit weg von der Eifel und nie wieder auf der Anklagebank im Bitburger Amtsgericht sitzen, die sie bereits so gut kennt. Das hat sich die 23-Jährige, die sich am Mittwochnachmittag im Sitzungssaal 124 zu verantworten hat, fest vorgenommen. Ihren Plan in die Tat umsetzen kann sie allerdings erst in ein paar Jahren. Dann, wenn sie ihre Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verbüßt hat, die ihr das Gericht am Mittwochnachmittag wegen des mehrfachen Drogenhandels und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auferlegt hat. Wahrscheinlich ist es eine gute Idee, der Eifel danach den Rücken zu kehren. Immerhin hat die Mutter einer fünfjährigen Tochter und eines zweijährigen Sohns nach ihrer Festnahme im März bei der Polizei ausgepackt, zahlreiche Namen von Drogen-Dealern und -Abnehmern offenbart. "Sie hat das ,Who is Who' in der Eifel genannt, was Drogen angeht", sagt ihre Verteidigerin Susanne Hardt. Und damit in den kommenden Monaten für eine Prozess-Flut vor dem Bitburger Amtsgericht gesorgt: Mindestens zehn Drogen-Prozesse, in denen Freiheitsstrafen drohen, werden folgen (siehe Text unten links). Mit ihrer umfangreichen Aussage habe sich die Angeklagte zwar keine Freunde gemacht, aber sich selbst einen Riesen-Gefallen getan, betont Staatsanwalt Jörn Patzak. Denn die Strafe hätte durchaus höher ausfallen können angesichts der Menge an Drogen, mit denen die junge Frau gedealt hat: Sechs Kilogramm Amphetamine, anderthalb Kilo Cannabis und 5500 Ecstasy-Pillen mit einem geschätzten Marktwert von rund 135 000 Euro soll sie teilweise aus den Niederlanden in die Eifel geschmuggelt und verkauft haben. Aufgeflogen war sie, weil ihr inzwischen inhaftierter Ex-Lebensgefährte - laut Patzak der "größte Dealer der Region" - auspackte.

Doch noch etwas wiegt schwer: Die 23-Jährige stand bereits mit 16 Jahren das erste Mal wegen Drogen-Angelegenheiten vor Gericht, zwei Mal schon landete sie in Haft, war kurze Zeit clean, um dann wieder zu Haschisch, Kokain oder Heroin zu greifen - obwohl sie sich stets von neuem vornahm, um das Sorgerecht für ihre Kinder zu kämpfen. "Ich hatte nie viel Rückhalt von meiner Familie", sagt sie mit Tränen in den Augen, "meine Freunde waren mein Familienersatz." Freunde, die sich allesamt in der Drogen-Szene bewegen und die sie immer wieder mit reinrissen. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Sie wolle die Zeit im Gefängnis nutzen, eine Therapie zu machen. "Solange ich selbst nicht gesund bin und das alles verarbeitet habe, kann ich keine gute Mutter sein", sagt sie und fügt mit heiserer Stimme hinzu: "Das ist mein größter Wunsch, dass meine Kinder zu mir zurückkommen." Irgendwo - weit weg von der Eifel.

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