Arbeitslosigkeit bekommt ein Gesicht

BITBURG-PRÜM. Gemeinnützig müssen sie sein, zusätzlich und von öffentlichem Interesse: Die Rede ist von den so genannten Ein-Euro-Jobs, die seit dem 1. Oktober in Deutschland Arbeitslosen bis 2005 auf noch freiwilliger Basis angeboten werden (der TV berichtete).

Vier wesentliche Ziele sollen mittels der Ein-Euro-Jobs erreicht werden: Motivation und Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitslosen sollen wieder hergestellt werden, die individuelle Belastbarkeit soll gesteigert werden und der Ein-Euro-Jobber kann mit seinem Engagement seinen nächste Bewerbungsauftritt verbessern. Im Kreis Bitburg-Prüm gibt es zurzeit 48 solcher Stellen - Tendenz steigend. Zu finden sind diese beim Bürgerservice, bei Alibi, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und einzelnen Gemeinden. Beim DRK beispielsweise stehen die Arbeitsgelegenheiten unter dem Titel "Sich Zeit nehmen". Es soll älteren Menschen vorgelesen oder für sie eingekauft werden. Für Tätigkeiten, für die das Pflegepersonal oft keine Zeit mehr hat, werden so genannte "Tagestöchter und -söhne" eingestellt, die sich um die alten Leute kümmern. Michael Helbach, Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit Bitburg, beobachtet im Kreis Bitburg-Prüm bisher positive Reaktionen, sowohl bei den Arbeitslosen, wie auch in der Öffentlichkeit. "Arbeitslose wollen oft gar kein Geld ohne Gegenleistung erhalten", sagt er. Helbach rechnet mit einer größeren Integration der Arbeitslosen in die Gesellschaft. "Die Arbeitslosigkeit verliert ihre Anonymität, sie bekommt ein Gesicht, denn man sieht die Leute im Stadtbild, im Altersheim, im Kindergarten. Und man sieht, das sie etwas tun." Im Kreis Bitburg-Prüm sei die Bereitschaft der Arbeitslosen, auf dem zweiten Arbeitsmarkt eine Stelle anzunehmen, sehr groß. "Arbeitslose ziehen eine sinnvolle Beschäftigung dem Nichtstun vor", sagt der Chef der Agentur für Arbeit. Über diese Einstellung freue er sich natürlich. Er glaube auch daran, dass sich das Bild der Arbeitslosen dadurch sehr positiv nach außen verändere.Das Gefühl, wieder gebraucht zu werden

"Persönlich wäre es mir lieber, wir bräuchten keinen zweiten Arbeitsmarkt", sagt Helbach. Aber wenn viele Menschen in öffentlich geförderten Stellen arbeiteten, entstünde daraus auch Druck auf die Gesellschaft und vor allem die Politiker. Ab 2005 ist dann Schluss mit der Freiwilligkeit. Dann tritt Hartz IV in Kraft und jeder Arbeitslose muss eine ihm zumutbare Arbeitsgelegenheit annehmen, sonst drohen Sanktionen. "Es wird nicht so sein, dass ein Pianist als Maurerhelfer vermittelt wird", beruhigt Helbach. "Wir sind bemüht, Arbeitsgelegenheiten zu vermitteln, die dem Betroffenen weiter qualifizieren." Arbeitslosigkeit mache krank, sagt der Agenturleiter. Der Ein-Euro-Job gebe Arbeitslosen auch das Gefühl, wieder gebraucht zu werden, etwas Sinnvolles in ihrem Leben zu machen und ihre Fähigkeiten einzubringen. Die Bezeichnung Ein-Euro-Job halte er für falsch. Im Prinzip sei das Arbeitslosengeld das Gehalt. Der Euro pro Stunde werde gezahlt, um den Mehraufwand, wie zum Beispiel Fahrtkosten, zu decken. Ab Januar 2005 ist im Kreis Bitburg-Prüm für die Verteilung der Arbeitsgelegenheiten eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus Mitarbeitern der Kreisverwaltung und der Agentur für Arbeit, zuständig. "Dann werden die Kompetenzen von zwei starken Partnern gebündelt", sagt der Leiter der Agentur für Arbeit. Infos: Agentur für Arbeit, Bitburg, Telefon 06561/96760. Nächste Woche, Teil II: Ein Ein-Euro-Job-Beispiel aus Bitburg.

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