Auch der Herrgott schüttelt schon den Kopf

OLZHEIM. Der Bürgermeister der Gemeinde Olzheim, Christian Ganser, besteht darauf, das am Ortseingang eingerichtete Zwischenlager mit verseuchter Erde und Insektengift unverzüglich zu entfernen.

 Container, Giftmüll und ein Kruzifix: Olzheims Ortsbürgermeister Christian Ganser ist besorgt und teilt die Empörung der Einwohner.Fotos: Manfred Reuter

Container, Giftmüll und ein Kruzifix: Olzheims Ortsbürgermeister Christian Ganser ist besorgt und teilt die Empörung der Einwohner.Fotos: Manfred Reuter

DieNachricht kam am Mittwochabend wie aus heiterem Himmel. AlsChristian Ganser erfuhr, dass Bauarbeiter dabei seien, denMitfahrerparkplatz am Ortseingang zu sperren sowie mit Bauzäunenund schwarzer Folie zu sichern, war er gleich empört (derTV berichtete). "Die Leute rennen mir die Bude ein",echauffierte sich der Gemeindechef, der gleichzeitig großesVerständnis für die Aufregung seiner Bürger zeigte. Was Ganserbesonders ärgerte: Er war von der Anweisung der Behörden, denParkplatz in ein Giftmüll-Zwischenlager umzufunktionieren, nichtunterrichtet worden. Seine Versuche, noch am Abend Informationenzu erhalten, schlugen fehl. "Nicht so klammheimlich"

Auch am Donnerstag meldeten sich erneut viele Olzheimer bei ihrem Bürgermeister, die ihre wachsende Besorgnis ausdrückten und um Aufklärung baten. "Das wollen wir uns nicht bieten lassen", schimpfte Christian Ganser. Wenigstens die Leute von der BASF hätten ihn informieren können. Selbst Prüms Verbandsbürgermeister Aloysius Söhngen, den er erreicht habe, sei von dieser Nachricht überrascht gewesen. Christian Ganser zeigte gestern zwar Verständnis dafür, dass es ein Zwischenlager geben müsse. Aber: "Nicht so klammheimlich".

Als Briefträger Ganser gestern Nachmittag vom Dienst nach Hause kam, fuhr er gleich zum bisherigen Mitfahrerparkplatz, wo zwischenzeitlich containerweise verseuchtes Erdreich untergebracht war. Außerdem stand da ein Behälter mit Insektengift, das unter der Bezeichnung "Perfekthion" firmiert. Beschreibung und Warnhinweise waren deutlich zu erkennen. Im Hintergrund: ein Kruzifix. O-Ton Ganser: "Auch der Herrgott schüttelt schon den Kopf, könnte man meinen."

Und da am Donnerstag das Zwischenlager geöffnet, ohne Aufsicht und frei begehbar war, kamen schon wenige Minuten später Peter Hoffmann und Erich Otten hinterher. Beide sind nicht nur direkte Anwohner, sondern auch Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Olzheim, die in der Katastrophennacht ebenfalls im Einsatz war. "Das kann ich nicht verstehen. Warum machen die das Zwischenlager hier?", empörte sich Peter Hoffmann. Er und sein Kamerad Erich Otten hatten vergangene Woche ebenfalls zur Blutentnahme im Prümer Krankenhaus erscheinen müssen. Die Ergebnisse kennen sie noch nicht. Telefonisch sei eine Auskunft nicht möglich, er müsse wohl mal persönlich hin, sagte Hoffmann gestern.

Sorgen um die Gesundheit

Natürlich mache er sich um seine Gesundheit Sorgen, betonte der Familienvater mit Blick auf Container und Giftstoffbehälter. "Am Anfang hieß es noch, das ist alles nicht so dramatisch. Aber wenn so lange hier gearbeitet wird, muss man sich schon Sorgen machen." Außerdem habe er schließlich ein kleines Kind zu Hause. Hoffmann: "Ich weiß nicht, ob wir es draußen spielen lassen dürfen."

Angesichts der bei Olzheim und Neuendorf steigenden Unfallzahlen nennen sowohl Bürgermeister Ganser als auch Feuerwehrmann Peter Hoffmann die Ausrüstung ihrer Wehr eine "Zumutung". Lediglich vier Atemschutzgeräte seien bei der 19 Mann starken Truppe vorhanden; viel zu wenig, um bei derlei Gefahren wie vergangene Woche auf der B 51 effektiv eingreifen zu können.

Erich Otten ist Versicherungskaufmann. Auch er hatte einiges zu erzählen. Am Morgen sei er bereits von Kunden angesprochen worden, die ihn gefragt hätten, ob sie noch beruhigt ins Dorf kommen könnten. Die gleiche Erfahrung habe der benachbarte Friseur gemacht, berichtete Otten. "Ihn haben die Leute gefragt, ob sie sich in Olzheim noch die Haare schneiden lassen können." Erich Otten zeigte sich ebenso besorgt und wütend wie sein Kollege Peter Hoffmann und Bürgermeister Ganser: "Die sollen das Zeug nach Hallschlag bringen", schimpfte er. Außerdem: Die Behörden sollten die Angelegenheit bloß nicht herunter spielen. "Wenn es nicht wirklich giftig wäre, wäre der ganze Aufwand hier auch nicht nötig", sagte Otten, der sich keineswegs ausreichend informiert fühlt. Zwei Mal habe er sich in der Nacht und am Morgen nach dem Unfall geduscht. Die Augen hätten danach immer noch gebrannt.

Den Behörden ist die Sache indes offensichtlich peinlich. Kreispressesprecher Rudolf Müller sagte auf TV -Anfrage, dass die Standortbestimmung für das Zwischenlager nicht die Angelegenheit des Kreises sei. Hier seien Straßenverwaltung Gerolstein als Eigentümerin sowie die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord zuständig.

"Wir sind damit auch nicht besonders glücklich", sagte Müller. Er versprach, dass sich die Kreisverwaltung trotzdem um die Sache kümmere und die Fachbehörden bitten werde, sich eventuell für einen anderen Standort zu entscheiden.

Das bestätigte SGD-Mitarbeiter Helmut Plum. "Wir kümmern uns darum", versprach er. Die Sache sei "im Werden", der Ärger der Olzheimer nachvollziehbar. Womöglich ziehe das Lager schon bald auf einen "aufgelassenen Parkplatz am Waldrand" um.

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