Auf den Ruinen des Westwalls

ROTH/OUR. So friedlich wie heutze war es nicht immer in der Eifel. Vor 66 Jahren entstand dort eine der größten Festungsbauten der Geschichte. Heute zeugen davon nur noch Ruinen, die am Sonntag in einer Wanderung besichtigt werden können.

 Die Bunkerruinen sind stumme Zeugen der blutigen Geschichte am Westwall.Foto: Christian Brunker

Die Bunkerruinen sind stumme Zeugen der blutigen Geschichte am Westwall.Foto: Christian Brunker

Der Westwall - kaum ein Bauwerk ist in der Eifel so allgegenwärtig, und kaum ein Bauwerk wird so wenig wahrgenommen. Versteckt im Gebüsch und kleinen Wäldchen dümpeln die Reste von unzähligen Bunkern und Unterständen seit fast 60 Jahren vor sich hin. Nur ein geübtes Auge erkennt, wo sich die Ruinen aus Beton und Stahl verbergen. Nur noch wenige können erzählen, wie es damals war, als die Bunker noch nicht in Trümmern lagen. Clemens Hoffmann aus Preischeid ist einer von ihnen. "Als die Amerikaner kamen, sind mir die Granaten um die Ohren geflogen", sagt Hoffmann, der damals acht Jahre alt war. Hoffmann kann sich noch gut erinnern, wie die Amerikaner anrückten: Seit Herbst 1944 waren sie bis zur luxemburgischen Seite der Our vorgedrungen und schossen pünktlich jeden Tag von vier bis fünf Uhr ins Dorf. Aus Respekt vor dem Westwall rückten sie nicht weiter vor, sondern verlegten sich darauf, mit Artillerie und Flugzeugen die Moral der Soldaten und Zivilisten zu brechen. Eine effektive Verteidigung der Bunker war jedoch nicht mehr möglich. "In unserem Dorf waren 28 Bunker und 15 Soldaten, wie hätte das funktionieren sollen?", fragt sich Hoffmann. Militärisch hatte der Westwall nie eine große Bedeutung: Während des Polen-Feldzugs 1939 wurde er von den West-Alliierten nicht angegriffen, nach dem Sieg über Frankreich 1940 demontierte die Wehrmacht die schweren Waffen und schaffte sie in den neuen Atlantikwall an der französischen Küste. Vier Jahre lang lag der Westwall in einem Dornröschenschlaf, ehe er 1944 gegen die anrückende US-Armee wieder in Verteidigungsbereitschaft gesetzt wurde. In der Propaganda spielte der Westwall eine wichtige Rolle. Die viel gepriesene Unüberwindlichkeit der "Siegfriedlinie" führte dazu, dass die US-Truppen sich dem Westwall nur zögerlich näherten und einen direkten Angriff zu vermeiden suchten. Direkt nach dem Krieg begannen Franzosen und Amerikaner damit, die Bunker zu sprengen. Auch daran kann sich Hoffmann noch gut erinnern. Es musste so viel Sprengstoff in die Bunker gepackt werden, dass die mehr als zwei Meter dicke Betondecke der Bunker komplett herumgedreht wurde. Erwies sich ein Bunker als zu hartnäckig, musste nochmal gesprengt werden. "So manche Fensterscheibe ging damals zu Bruch", erinnert sich Hoffmann. Nach den Sprengungen gerieten die Bauten in Vergessenheit, deshalb ist Roland Gaul vom Militärmuseum Diekirch froh, dass es Heimatvereine wie den Förderkreis "Alt Roth" gibt, die sich um die Bunkerruinen kümmern und von Zeit zu Zeit zurück ins Gedächtnis rufen. "Das ist schließlich ein Stück gemeinsamer Geschichte", sagt Gaul. Normalerweise sind die Bunker nicht begehbar. Doch alle zwei Jahre veranstaltet der Förderkreis eine Wanderung auf den Spuren des Westwalls, "damit der Westwall nicht in Vergessenheit gerät", wie Rolf Becker sagt. Am Sonntag, 26. September, ist es wieder so weit: Ab 10 Uhr hat der Förderkreis eine sechs und eine zehn Kilometer lange Wanderroute ausgeschildert, die zu zehn Bunkerruinen und Schützengräben führt. Höhepunkt der Wanderung ist ein unzerstörter Mannschaftsbunker, der mit Originalinventar ausgestattet ist. Startpunkt ist die Grillhütte in Roth. Die Teilnahme kostet 2,50 Euro pro Person. Ein Sammlung von 20 alten Fahrzeuge aus dem zweiten Weltkrieg ist am Samstag, 25. September, ab 14 Uhr auf der Ourinsel zu sehen.

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