Auf einen Sprung in Echternach (Fotostrecke)

Echternach · Zur Springprozession ziehen jährlich rund zehntausend Pilger durch das luxemburgische Echternach. Das Wetter hat in diesem Jahr viele abgeschreckt. Aber nicht den TV: Unser Reporter hüpfte eine Stunde lang durch den Regen.

 Springprozession in Echternach 2017. TV-Foto: Klaus Kimmling -+- WG: kik_echternach6.jpg - Tel: - Fax: E-Mail: e_eifel@volksfreund.de Internet: - http://www.tvmedienhaus.de Volksfreund-Druckerei Nikolaus Koch GmbH (Rechnungsadressat) Sitz: Trier - Amtsgericht Wittlich, HRB 3356 - Geschaeftsfuehrer: Thomas Marx Wir haben die Tickets, Sie das Vergnuegen! Tickets zu Ihren Wunschveranstaltungen koennen Sie beim Volksfreund bequem online unter www.ticket.volksfreund.de, unter der Ticket-Hotline 0651/7199-996 oder in unserem Service-Center in Trier kaufen. ________________________________________ Von: Kimmling Klaus Gesendet: Dienstag, 6. Juni 2017 13:46:44 (UTC+01:00) Amsterdam, Berlin, Bern, Rom, Stockholm, Wien Betreff: kik_echternach6.jpg

Springprozession in Echternach 2017. TV-Foto: Klaus Kimmling -+- WG: kik_echternach6.jpg - Tel: - Fax: E-Mail: e_eifel@volksfreund.de Internet: - http://www.tvmedienhaus.de Volksfreund-Druckerei Nikolaus Koch GmbH (Rechnungsadressat) Sitz: Trier - Amtsgericht Wittlich, HRB 3356 - Geschaeftsfuehrer: Thomas Marx Wir haben die Tickets, Sie das Vergnuegen! Tickets zu Ihren Wunschveranstaltungen koennen Sie beim Volksfreund bequem online unter www.ticket.volksfreund.de, unter der Ticket-Hotline 0651/7199-996 oder in unserem Service-Center in Trier kaufen. ________________________________________ Von: Kimmling Klaus Gesendet: Dienstag, 6. Juni 2017 13:46:44 (UTC+01:00) Amsterdam, Berlin, Bern, Rom, Stockholm, Wien Betreff: kik_echternach6.jpg

Foto: Klaus Kimmling

Zwei Schritte vor, einen zurück. Einen Schritt vor, zwei… Zwei Schritte vor, ach egal - es springt sowieso jeder, wie er will. Also hüpfe ich einfach von einem Fuß auf den anderen - links, rechts, links, rechts - immer im Takt der Pauke. Merkt ja doch niemand, oder? Falsch gedacht: Vom Balkon aus blickt eine ältere Frau mich an, die Augen zusammengekniffen. Kann sie sehen, dass ich die Schrittfolge nicht draufhabe? Schließlich wohnt sie hier, muss die Springprozession also schon einige Male gesehen haben.

Die Tradition lässt sich bis ins Mittelalter verfolgen (siehe Info). Doch auch heute pilgern noch Tausende nach Echternach. Am Pfingstdienstag reisen sie in das luxemburgische Städtchen an der Sauer, um dort tanzend Buße zu tun und den Heiligen St. Willibrord zu ehren. Und manch einer wohl auch wegen des Spaßes. Start und Ziel ist die Basilika - von dort aus führt ein Rundweg durch die Innenstadt. Dieses Jahr macht Gott seinen Schäfchen diesen Weg besonders schwer:

Graue Wolken speien Schauer auf die Straßen. Der Regen senkt sich wie ein Schleier über die Stadt. Nach wenigen Minuten bin ich so durchnässt, als wäre ich samt Kleidern in die kalte Dusche gestiegen. Das T-Shirt klebt am Körper wie eine zweite Haut, die Hose scheuert an den Beinen. Immer wieder trete ich in Pfützen, die auf dem Kopfsteinpflaster entstehen. Bald bilden sich welche in meinen Schuhen. Eine Frau wuschelt sich durch die nassen, blonden Haare. "Und dafür hab ich mich extra gestylet", sagt sie zu ihrer Nachbarsfrau und lacht.

Ingesamt ist die Stimmung, trotz des Wetters, ausgelassen. Man hüpft, man lacht, man scherzt. Einige hat der Regen aber doch abgeschreckt. So viele Pilger wie im vergangenen Jahr sind es nicht. Zuschauer gibt es trotzdem reichlich. Sie stehen am Rand mit ihren Schirmen, fotografieren und filmen die Springer. Manch einer hat es sich auch in einem der Cafés bequem gemacht:

Ein Mann nippt an seinem Espresso, eine Frau rührt in ihrem Cappuccino. Wie gerne würde ich mit ihnen tauschen. Von drinnen säuselt Radiomusik. Es riecht nach Waffeln, gerösteten Kaffeebohnen, warmer Milch und Zuflucht. Dort wo ich stehe - nur wenige Meter entfernt - riecht es nach nassem Asphalt, nassem Neopren, nassem Haar. Zu hören gibt es Polka. Es ist das einzige Lied, das der Musikverein spielt - immer und immer wieder.

Wenn es vorbei ist, bleiben wir stehen. Wenn es nach einigen Minuten wieder anfängt - die Bläser, die Trommeln - , hüpfen wir weiter im Gleichschritt. Vor und hinter mir: ein Meer aus Köpfen und Schirmen - grüne, rote, blaue, gepunktete, gestreifte, karierte.

Normalerweise gibt es hier einen Dresscode. Das Oberteil soll weiß sein, die Hose schwarz. Doch bei diesem Wetter hält sich keiner daran: Ponchos und Regenjacken sind angesagt. Und so sagt der Ordner auch nichts zu meinem blauen Hemd und meiner beigen Hose.

Er geht immer ein paar Meter vor uns. Wenn er stehen bleibt, hält die ganze Prozession an, die sich wie ein Wurm durch die Straßen windet. Geht er weiter, springen wir. Mit einem Funkgerät kommuniziert er mit anderen Aufpassern. Alles ist hier perfekt durchorganisiert. Oder sagen wir: fast alles.

Hin und wieder schließen wir zu schnell zu der Gruppe vor uns auf. Und dann wird es kompliziert mit dem Springen. Ein Musikverein läuft vor und einer hinter uns. Leider fangen sie nicht gleichzeitig mit dem Spielen an. Wir hören also eine Art Kanon - wer da noch im Takt bleibt, hat Respekt verdient. Nach etwa einer Stunde sehen wir den Eingang der Basilika vor uns. Es dauert aber noch einige Minuten, bis wir hineinhopsen dürfen. Denn hier ist ein Stau entstanden.

Offenbar wollen jetzt alle Schäfchen so schnell es geht ins Trockene. Verständlich: Die Kirche empfängt uns mit Wärme und Weihrauch. Hunderte sitzen schon auf den Bänken. Es sind die ersten Pilger, die schon vor gut einer halben Stunde angekommen sein müssen. Für uns geht es einmal quer durch das Schiff, die Stufen zur Krypta auf einer Seite hinab, auf der anderen Seite hinauf und wieder nach draußen .

Als ich aus der Basilika trete, brechen Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Nur noch einige Tropfen nieseln auf die Straße. Die nächsten Gruppen werden es leichter haben - einige warten noch auf dem Platz vor der ehemaligen Reichsabtei. Für mich geht es nach Hause.

Mit Sicherheit werde ich von der Prozession trotzdem etwas mitnehmen - wenn ich Glück habe nur einen Ohrwurm, wenn ich Pech habe eine Erkältung. Und die Erinnerung an Zehntausende, die der Glaube zum Springen bringt.

Hintergrund:

Wer sprang zuerst? Das ist hier die Frage. Ganz sicher lässt sie sich heute nicht mehr beantworten. Ihre erste Erwähnung findet die Springprozession jedenfalls vor gut tausend Jahren. Damals schreibt der Mönch Bruno von Prüm etwas von einer Sequenz zu Ehren von St. Willibrord. Dessen Tod hat Echternach zum Pilgerort gemacht.

Aber was hat der Heilige mit den Springern zu tun? Nun, da gibt es eine Sage. Und die geht so: Als der Prediger zu Besuch in Waxweiler ist, hören die Dorfbewohner ihm nicht zu. Zur Strafe verflucht Willibrord sie, fortan nach Echternach zu tanzen, um Buße zu tun. Aber warum eigentlich Waxweiler?

Die Bewohner des Eifelortes glauben, dass ihre Vorfahren den Sprungtanz ins Leben gerufen hätten. Ein Beweis dafür sei ein Dokument aus dem Jahr 1600, in dem von einer solchen Prozession der Eifeler die Rede ist. Wer wann zuerst warum gesprungen ist, wird sich heute schwer nachprüfen lassen. Was danach passiert, ist hingegen besser dokumentiert: Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Trier verbietet die Springprozession im Jahr 1777.

Danach hüpft hundert Jahre niemand mehr durch Echternach. Erst 1860 lassen Pilger aus - wie könnte es anders sein - Waxweiler die Tradition wieder aufleben. Seitdem wird sie jährlich gepflegt und lockt tausende Teilnehmer und Zuschauer in das Sauerstädtchen.

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