Aufstand in der Waldstraße

Entsteht ein Neubaugebiet, baut man eine Straße und verteilt die Kosten zu 90 Prozent auf die neuen Anwohner. Das passiert nun auch in der Bitburger Waldstraße - mit der Ausnahme, dass es die Waldstraße bereits seit Jahrzehnten gibt und diejenigen, die sie seit jeher bewohnen, überhaupt nicht einsehen, nun Erst-Erschließungskosten in Höhe von jeweils mehr als 20 000 Euro zu zahlen.

 Die Bewohner der Waldstraße wollen sich wehren, denn die Baustelle vor ihrer Haustür soll sie teuer zu stehen kommen. TV-Foto: Katharina Hammermann

Die Bewohner der Waldstraße wollen sich wehren, denn die Baustelle vor ihrer Haustür soll sie teuer zu stehen kommen. TV-Foto: Katharina Hammermann

Bitburg. Was ist eigentlich eine Straße? Dies könnte zur entscheidenden Frage in einem Rechtsstreit werden, den es aller Voraussicht nach zwischen der Stadt und einigen Bitburger Bürgern geben wird. Diese Bürger, Bewohner von sechs Häusern, leben seit vielen Jahren in der Waldstraße am Rande von Bitburg-Mötsch und befürchten nun, hierfür bald viel Geld bezahlen zu müssen. Denn ihre von der Stadt als Wirtschaftsweg deklarierte Waldstraße wird komplett aufgerissen und durch eine neue Straße ersetzt, die fortan den Namen "Obere Waldstraße" tragen soll. Sie erschließt ein Baugebiet, das gleich gegenüber auf einer Fläche entsteht, die bislang Acker war. Von den Straßenbau-Kosten übernimmt die Stadt nur zehn Prozent - weil es sich aus ihrer Sicht um eine Erst-Erschließung handelt, nicht um eine Sanierung, bei der die Anlieger deutlich günstiger wegkämen. Die restlichen 90 Prozent, 348 217,65 Euro, sollen daher nun auf die Anlieger verteilt werden. Auch auf die, die bereits seit Jahrzehnten dort wohnen. Einem Rechenbeispiel der Stadt zufolge wären dies bei einer Grundstücksfläche von 800 Quadratmetern 21 780 Euro je Hauseigentümer. Die meisten alten Grundstücke sind allerdings größer. "Wir bestreiten, dass das eine Ersterschließung ist", sagt Harald Platz, Bewohner der "alten" Waldstraße. Sobald er und seine Nachbarn den Bescheid der Stadt erhalten, wollen sie rechtlich dagegen vorgehen. Denn aus ihrer Sicht war die fast 30 Jahre alte Anlage eine voll funktionsfähige Straße. Die relativ gute Fahrbahndecke, ein Gully, drei Straßenlampen und ein von den Bewohnern befestigter Gehweg sprächen ebenfalls dafür, dass es sich um eine Straße handele - und nicht um einen Wirtschaftsweg. Zudem seien die Versorgungsleitungen, die unter der neuen Straße verlegt werden, ausschließlich für das Neubaugebiet bestimmt. Denn jene für die sechs bereits vorhandenen Häuser verlaufen durch die Gärten auf der Rückseite. "Wenn die Häuser nicht gebaut würden, wäre hier nie etwas passiert", sagt Helmut Schmitt, ebenfalls langjähriger Waldstraßenbewohner. Gegen die Verteilung der Baukosten auf alle spricht seiner Ansicht nach auch, dass die Waldstraße keine eindeutige Anlieger-, sondern auch eine Durchfahrtsstraße sei, denn sie führe sowohl zur stark frequentierten Grillhütte Mötsch als auch zum Nordic-Walking-Parcours. "Die Leute haben damals an einen Wirtschaftsweg gebaut und dafür nie Beiträge bezahlt", sagt jedoch Werner Krämer, Pressesprecher der Stadt Bitburg. Es handele sich um eine Erst-Erschließung. "Das tut uns auch leid, aber das ist nun so." Meinung Ihr Ärger ist verständlich Der Ärger der "alten" Waldstraßenbewohner ist verständlich. 20 000 Euro sind sehr viel Geld. Erst recht, wenn man sie für etwas ausgeben muss, das man gar nicht haben will. Aus ihrer Sicht sieht die ganze Sache so aus: Sie hatten eine funktionsfähige Straße. Nun bekommen sie eine neue, die ihnen nicht mehr bringt als die alte und sollen dafür den Preis eines Mittelklassewagens bezahlen. Auch wenn die Stadt die "alte" Waldstraße als Wirtschaftsweg deklariert, auch wenn dies verwaltungstechnisch alles seine Richtigkeit haben mag: Der gesunde Menschenverstand gibt den Bürgern Recht, die nicht einsehen, warum es sich bei diesem Straßenbauprojekt um eine Erst-Erschließung handeln soll. k.hammermann@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort