Biogas kann ein Abenteuer werden

BITBURG. Biogas boomt: So mancher Landwirt überlegt, bald ans Netz zu gehen (der TV berichtete). In Bitburg haben Betreiber den Interessenten Tipps aus der Praxis mit auf den Weg gegeben.

"Die Kühe verdauen, der Mais wächst, alles zusammen umrühren und schon hat man Strom, denken manche", sagt Arno Billen. Doch so einfach sei das leider nicht. Der 27-Jährige betreibt in Kaschenbach eine Familien-Biogasanlage. Gemeinsam mit Heinz Hoffmann aus Üttfeld und Matthias Kohl aus Palzem sprach er über Höhen und Tiefen seiner täglichen Arbeit. Betreiber, Firmenvertreter, Biogas-Neulinge und zukünftige Energiewirte hatten sich zum Informationstag "Bioenergie in Rheinland-Pfalz" im Hotel "Eifelstern" in Bitburg eingefunden. Das "Betreiberforum" bot nach Fachvorträgen auch die Möglichkeit, einen Blick in die Praxis zu werfen.Zwei bis drei Stunden Arbeit täglich

Bei allem Spaß, den die Energiewirte an ihrer Arbeit haben, bei allem Sinn, den sie darin sehen - nur Vorteile bringen ihnen ihre Biogasanlagen nicht. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so ein zeitlicher Aufwand ist", sagt Billen. Mit seiner 300 Kilowatt-Anlage habe er im Schnitt täglich zwei bis drei Stunden Arbeit. Die Hälfte davon geht in die normalen Arbeitsabläufe ein: "Wenn ich die Kühe gefüttert habe, füttere ich die Anlage", sagt er. Der Rest der Arbeit ergebe sich durch Wartungen und vor allem durch die immer wieder auftretenden technischen Störungen. Man dürfe den Zeitaufwand nicht unterschätzen. Weil Störungen Tag und Nacht auftreten können und jeder Stillstand die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage schmälert, müssen Betreiber zudem rund um die Uhr verfügbar sein. "Den Ausfall kann man sich einfach nicht leisten", sagt Hoffmann. Wenn das Handy klingelt, müsse der Mähdrescher schon mal auf dem Feld stehen bleiben. Die meisten Störungen seien Kleinigkeiten: Netzschwankungen, abgerissene Kabel oder Probleme mit dem Temperaturfühler. Hoffmann empfiehlt, die wichtigsten Ersatzteile auf Vorrat zu halten. Manche Reparatur sei auch komplizierter. "Ein Anlagenbetreiber muss sich schon ein bisschen auskennen", sagt Kohl. Man könne schließlich nicht jedes Mal für 1000 Euro den Service kommen lassen. "Das geht schnell in Fleisch und Blut über", sagt Hoffmann. Er kenne jede Schraube seiner Maschine. Immer wieder gaben die Energiewirte ihren Zuhörern den Rat, sich vor Planung und Bau einer Anlage eingehend zu informieren. Besonders bei der Wahl des Planungsbüros solle man Vorsicht walten lassen: Es gebe auch in dieser Branche schwarze Schafe: "Biogas kann ein Abenteuer werden", sagt Hoffmann in Erinnerung an manch böse Überraschung. Als nach viel zu kurzer Zeit das Rührwerk seiner Anlage einen Totalschaden erlitten hatte, stellte sich heraus, dass es falsch herum eingebaut worden war. Er riet zudem, in höheren Lagen darauf zu achten, dass die Anlage auch mit viel Gras gut laufe. Heinz Esch ist an einer Wiesbaumer Gemeinschafts-Anlage beteiligt. "Da muss das Zwischenmenschliche 100-prozentig stimmen", sagt er. Gemeinschaftsanlagen haben meist einen festen Angestellten. Kohl: "Man braucht Jemanden, der verlässlich ist und der ordentlich entlohnt wird." Davon, ob jemand auch nachts um drei Uhr aufstehe, um eine Störung zu beheben, hänge der Gewinn der Anlage ab. Trotz technischer Mucken und zusätzlicher Arbeit, bereute keiner der Anwesenden sich für Biogas entschieden zu haben. Neben einem Stück "Lebensqualität", wie Billen sagt, sorgen die Anlagen schließlich auf Jahre für ein sicheres Einkommen.

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