„Bis hierhin und nicht weiter!“: Bitburg-Stahl wächst und wächst und wächst

Bitburg-Stahl · Stahl wächst und wächst. Neubauten entstehen, Altbauten werden renoviert. Inmitten von alldem: eine verfallene Scheune. Doch schon bald soll sie Platz machen für noch mehr Häuser. Wie lange das noch so weitergeht?

„Bis hierhin und nicht weiter!“: Bitburg-Stahl wächst und wächst und wächst
Foto: Christian Altmayer

Die Zeit heilt alle Wunden. So lautet ein Sprichwort. Aber manchmal schlägt sie auch neue, wie in Bitburg-Stahl: Mehr als hundert Jahre haben Krater und Risse in die Fassade gefressen. Der Putz blättert von den Wänden, die Farbe von den Toren. Es riecht nach feuchtem Keller und Schimmel. Löcher klaffen im milchigen Glas der Fenster. Dahinter: eine Ruine, die seit Jahren kaum jemand betreten hat. Die Rede ist von einer Scheune in der Oberweiser Straße in Stahl, direkt gegenüber der ehemaligen Dorfschänke.

Lange hat sich niemand mehr um das alte Gemäuer gekümmert. Der vorherige Besitzer habe es von einem Landwirt gekauft und seitdem als Lagerhalle genutzt, sagt Ortsvorsteher Willi Heyen. Das Gebäude verfiel zusehens, bis die Stadt sich im vergangenen Jahr dazu entschloss, es zu kaufen. Der Grund: Die Scheune grenzt an eine Lücke in der Häuserreihe. Aber die - so hat es der Ortsbeirat entschieden - soll bald geschlossen werden.

Was geplant ist: Über das Gelände wird in Stahl schon länger diskutiert. Die ursprüngliche Idee: In der Oberweiser Straße soll ein Dorfplatz entstehen. Ortsvorsteher Willi Heyen war von diesem Gedanken von Anfang an alles andere als angetan, wie er sagt: "Das hätte nur Geld gekostet und uns nichts gebracht." Also bringt er einen neuen Vorschlag ein. Die Grundstücke sollen verkauft, der Platz für drei Wohnhäuser samt Parkplätzen genutzt werden.

Menschen, die dort einziehen wollen, gibt es schließlich genug. Im vergangenen Jahrzehnt hat der Bitburger Stadtteil seine Bevölkerung fast verdoppelt. Heute zählt er mehr als 1000 Einwohner. Vor allem junge Familien haben sich niedergelassen, wegen der günstigen Grundstücke und der Nähe zum Zentrum.

Inzwischen reiht sich Neubau an Neubau - hell, sauber, ordentlich, quadratisch, praktisch, gut. Doch damit Neues enstehen kann, muss oft Altes weichen. In diesem Fall trifft es die baufällige Scheune in der Oberweiser Straße.

Was jetzt passiert: Die Abrissbirne soll laut Plan der Firma Palzkill aus Rittersdorf am Donnerstag, 18. Mai, in die Fassade krachen. "Zwei Tage, höchstens", sagt Heyen, "dann ist das Ding weg."

Wann der Baubeginn für die Häuser ist, bleibt zwar noch offen. Gespräche mit möglichen Investoren liefen aber schon. Mehr dürfe der Ortsvorsteher nicht verraten, sagt er, "solange das alles noch nicht unter Dach und Fach ist".

Wie es in Stahl weitergeht: Unter Dach und Fach scheint die Bebauung des Stahler Wegs auch noch nicht zu sein. Auf der Wiese am Ortseingang steht zwar schon ein Schild, das auf den neuen Baugrund hinweist. Aber noch halten sich Verwaltung und Investor bedeckt (ein ausführlicher Bericht folgt). Das Gelände ist eines der wenigen, auf dem noch kein Gebäude steht. Viel Platz sei nicht mehr, vielleicht noch 20 Grundstücke, meint Heyen. Wenn die alle belegt sind, sei es an der Zeit zu sagen: "Bis hierhin und nicht weiter!"

Mit hierhin meint Heyen die Hänge rund um den Ortsteil. Dort oben will er keine Häuser sehen. Auch wegen des Landschaftsbildes: die saftig-grünen Hügel, die Nims, die sich hindurchschlängelt - gerade das trage ja auch zur Attraktivität von Stahl bei. Heyen will sich deshalb im Ortsbeirat für eine sogenannte Abrundung einsetzen. Das heißt: Er will Grenzen ziehen. Außerhalb dieser Linien darf dann nicht mehr gebaut werden.

Meinung: Die Einwohnerzahl von Stahl hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt. Wo einst Kühe weideten, enstehen Neubaugebiete. Wo einst der Opa wohnte, lebt jetzt ein junges Paar. Das alles ist gut und wichtig, damit ein Ort nicht ausstirbt. Der Zuzug hat schließlich das Leben im Gepäck.

Doch auch hier kann es zu viel des Guten geben. Im Bitburger Stadtteil änderte sich alles so schnell, dass manch ein Einheimischer seinen Heimatort kaum wiedererkennt. Höchste Zeit also, dass die Stahler die Bremse ziehen. Ansonsten kann es passieren, dass der Ort einen Teil seines Charmes einbüßt.

Fragen, Anregungen, Kritik richten Sie bitte an unseren Reporter Christian Altmayer unter: c.altmayer@volksfreund.de

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