Bomben statt Friedensglocken

Es war ein unruhiges Weihnachtsfest. Am ersten Weihnachtstag, nachmittags, griffen US-Jagdbomber (Jabos) Rittersdorf an. Sie trafen dabei zwei Benzintankwagen mit Anhänger, die beim Haus von Lehrer Zimmer, Waxweiler Straße, standen (jetzt Haus Göbel-Holstein). Große 200-Liter-Benzinfässer explodierten und flogen hoch in die Luft. Durch das Eingreifen von Militär und Anwohnern blieb das Wohnhaus von größeren Schaden verschont. An der Kapelle am Bildchen wurde ein Munitionstransporter in Brand geschossen. Die Kapelle brannte aus, das Silberglöckchen schmolz. Ein mutiger Soldat, der später bei Oberweiler gefallen ist, rettete unter Einsatz seines Lebens das wertvolle Inventar.Ein Weihnachten ohne Festtagsglocken, ohne Friedensgeläut. Stattdessen das Rauschen von Bomben und das Geknatter von Bordwaffen. Wer könnte das jemals vergessen. Ständig, für deutsche Fliegerabwehr unerreichbar, waren Aufklärer in großer Höhe am Himmel. Von dort oben verfolgten sie jede Truppenbewegung.Am 26. Dezember griffen acht Jagdbomber Rittersdorf an und warfen Pressluftbomben ab. Herr Grüber und zwei Soldaten sind dabei gefallen. Ein Munitionstransporter suchte in unserer Scheune (Bergstraße) Zuflucht. Nach dem ersten Angriff hatte sich das Fahrzeug in Richtung Bickendorf abgesetzt, als plötzlich eine Staffel Jagdbomber auftauchte und eine Bombe genau vor unsere Scheune warf, während wir in einem Erdstollen 50 Meter entfernt zitterten.Mein älterer Bruder (Christoph, 14 Jahre alt), der sich beim Angriff in der Nähe der Scheune befand, lief in den unteren Teil des Gebäudes und kam unverletzt mit dem Schrecken davon.Eine weitere Bombe landete auf dem damaligen Kinderfriedhof unterhalb der Kirche (heute Familiengrabstätten). Sie galt einem Militärfahrzeug, das in der Kirchgasse, unterhalb der Treppen, zum Schutz abgestellt wurde.Die Kirche wurde ebenfalls beschädigt, und alle Fensterscheiben wurden zertrümmert. Zwei Bomben fielen in die Nähe der Nimsbrücke, ohne größeren Schaden anzurichten.Durch die Tal-Lage war die Brücke schwer zu treffen. Die Besatzung dieses Munitionsfahrzeugs wollte auf der Rittermühle in dem landwirtschaftlichen Gebäude Zuflucht suchen. Der damalige Besitzer Johann Nels gab die Anweisung, doch im nahe liegenden Wald, auf der Kopp, Schutz zu suchen. Eine halbe Stunde später erschien eine Jagdbomber-Staffel, die das getarnte Munitionsfahrzeug nicht entdeckte. Sie warfen zwei Bomben in den Hof des Anwesens und eine auf die Ehlenzbrücke (alte B 51). Es entstand nur Sachschaden.Den 27. Dezember verbrachten wir, bedingt durch schönes Fliegerwetter, den ganzen Tag in unserem Erdbunker. Ständig kreisten Lightnings in der Luft und griffen Fahrzeugkolonnen in Bitburg an.Am 28. Dezember waren es erneut die Jagdbomber, die sich auf der Pützhöher Straße auf deutsche Nachschubtransporte herabstürzten. Zu unserem Schutz bauten wir neben dem bestehenden Stollen, auf dem Grundstück Bayer (jetzt Riemann) auf Burchem, direkt unter einem Felsen, einen zweiten Erdbunker.Es war Sonntag, der 31. Dezember. Zum ersten Mal fand keine heilige Messe statt, da die Kirche stark beschädigt war. Voller Hoffnung und Angst gingen wir in das neue Jahr 1945. Martin Roths , Jahrgang 1933, wohnt bis heute in Rittersdorf. Er arbeitete unter anderem als Verputzer bei verschiedenen Baufirmen in der Eifel und später als Hausmeister von drei Schulen in der Verbandsgemeinde Bitburg-Land. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

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