Bürgermeister-Kandidaten in Bitburg: Wer kann Facebook?

Bitburg · Sie werben auf allen Kanälen um jede Stimme: Amtsinhaber Joachim Kandels und Herausforderer Ralf Olk bedienen das soziale Netzwerk aber unterschiedlich. Wir haben die Profile der beiden Kandidaten analysiert.

Bitburg Ob am Infostand am Spittel oder bei klassischen Hausbesuchen: Joachim Kandels (CDU) und Ralf Olk (parteilos) sind derzeit auf Bitburgs Straßen und Plätzen unterwegs, um für sich zu werben. Unumgänglich ist für Politiker auch die Präsentation im Internet. Denn 84 Prozent der Deutschen sind online. Das beliebteste soziale Netzwerk ist dabei Facebook (FB).
Jeder vierte Deutsche nutzt das Portal täglich. Insgesamt sind sogar 30 Millionen Bundesbürger einmal im Monat dort aktiv. Wir haben uns die Facebook-Profile von Bitburgs Bürgermeister-Kandidaten über eine Woche, vom 29. August bis zum 5. September, angeschaut. Vorab, die Strategien der beiden Kandidaten sind überraschend unterschiedlich.

Facebook-Strategien: Joachim Kandels nutzt sein persönliches Profil sehr aktiv. Auf seinem Hintergrundbild steht sein Wahlkampf-Slogan "Einer von uns". Obgleich es seine private Facebook-Seite ist, sind seine Posts ausschließlich mit seinem Amt als Bürgermeister verbunden und nie privat. Das zeigt eine Durchschau der Posts über rund eine Woche. Dazu später mehr.
Während mancher FB-Nutzer viel Privates preisgibt, wie Bilder vom Mittagessen oder die Lieblingsmusik, ist Kandels' Profil aufgeräumt und fokussiert auf seinen Bürgermeister-Alltag.
Ralf Olk setzt auf eine sogenannte FB-Fanpage. Der jüngste Post auf seinem privaten Profil ist auf den 13. Mai 2017 datiert - zumindest sind die Beiträge danach nur für seine FB-Freunde sichtbar.
Das private Profil nutzt er also nicht mehr zur öffentlichen Wahlwerbung. Auf seiner Fanpage gibt es hochwertig produzierte Imagevideos, über die er sich vermarktet: Er fährt mit dem Rad durch Bitburg oder spricht mit einem Pfarrer in der Kirche. So bringt er den Infostand über den Bildschirm zu den Bürgern.

Likes und Freunde: Nun beginnen wir fairerweise andersherum: Der Herausforderer Olk hat (Stand 10. September) rund 850 "Gefällt mir"-Angaben.
Um die Zahl einordnen zu können: Der FC Bitburg erreicht mit etwa 970 nur ein paar Menschen mehr. Der Vergleich zwischen "Gefällt mir"-Angaben, die auch "Likes" genannt werden, und Freunden hinkt. Dennoch lohnt sich der Blick auf Kandels' Freundeszahlen: Mit über 1700 FB-Freunden hat er überdurchschnittlich viele.
Auch hier eine Orientierungsgröße: Unser stellvertretender Chefredakteur Damian Schwickerath hat - ebenfalls als Person des öffentlichen Lebens der Region - knapp 2100 FB-Freunde. Die meisten Nutzer haben demgegenüber nur zwischen 300 und 400 Freunde im sozialen Netzwerk.
Kandels' Post-Reichweite ist mit seiner Strategie, der Profilseite, auf den ersten Blick mehr als doppelt so hoch wie Olks, da er potenziell jeden seiner etwa 1700 FB-Freunde erreicht.
Um die Reichweite wirklich zu erfassen, ist aber auch die Frequenz der Posts auf Facebook wichtig und wie die Nutzer mit der Seite interagieren.
Frequenz: Wie oft posten die Politiker? Im Zeitraum vom 29. August bis zum 5. September hat Ralf Olk vier Mal auf Facebook gepostet. Bei seinem Konkurrenten sind es mit 23 Posts fast sechs Mal so viele. Kandels ist also deutlich fleißiger auf Facebook. Und wie kommt der digitale Fleiß an?

Reaktionen der Facebook-Nutzer: Um die Reaktionen der Nutzer quantitativ zu bewerten, haben wir die Anzahl der Posts durch die Summe der wichtigsten Kommunikations-Funktionen, die Facebook bietet, geteilt: "Like", "Teilen" und "Kommentar". Im Schnitt erhält Olk 26,8 "Likes" pro Post, 9,3 "geteilte" Inhalte und 1,5 "Kommentare". Der beliebteste Post (3. September) thematisiert, dass Ralf Olk seine neuen Wahlplakate vorstellt. Dafür gab es etwa 63 "Likes".
Jetzt zum Amtsinhaber: Kandels bekommt 30,3 "Likes" pro Post, 1,2 "geteilte" Inhalte und 1,7 "Kommentare". Auch wenn Kandels bei den "Likes" und den Kommentaren etwas besser abschneidet, ist auffällig, dass er deutlich weniger Multiplikatoren hat, die seine Posts "teilen".
Olks Beiträge hingegen "teilen" mehr Menschen. Das erhöht seine Reichweite enorm. Kandels' beliebtestes Thema (2. September) ist der Abschied von Gerd Wanken im Haus der Jugend mit 113 "Likes". Da er sonst durchschnittlich deutlich weniger "Likes" bekommt, liegt der Schluss nahe, dass das eher auf die große Beliebtheit Wankens zurückzuführen ist.

Was und wie posten die Kandidaten? Beide Bewerber posten überwiegend Bilder mit erklärendem Text - und damit fahren sie gut, was die "Likes" zeigen. Und was steht drin?
Bei Kandels sind es meist Veranstaltungen, die er im Rahmen seines Amts als Bürgermeister besucht: von der Ortsbeiratssitzung Masholder bis hin zum Gäßestrepperfest. Dass er aus seinem Polit-Alltag postet, bedeutet aber nicht, dass er auch politische Meinungen transportiert. Die sind eher Mangelware.
Olk macht in der Woche, die wir beobachtet haben, vor allem Werbung für seine eigene Person: Ein Post thematisiert das Banner am Spittel, einer seine Plakate und einer das Wahlforum im Haus der Jugend. Zu kommunalpolitischen Themen der Stadt bezieht er in der untersuchten Woche keine Stellung.

Fazit: Kandels hat es leichter, für sich auf Facebook zu werben, weil er öfter bei öffentlichkeitswirksamen Terminen ist und als Amtsinhaber aus seinem Alltag posten kann. Dabei ist er auch bedeutend aktiver. Olk muss sich hingegen selbst Anlässe für einen Post schaffen und macht das seltener.
Olks Fokus auf bürgernahe Themen ist innerhalb der untersuchten Woche gering. Aber auch Kandels' Chronik gleicht mehr einer Terminberichterstattung als einem politisch inhaltsgefüllten Sprachrohr. Olk nimmt den professionelleren Weg über eine offizielle Fanpage, liefert aber weniger Posts. Beide Politiker nutzen das soziale Medium nicht, um kommunalpolitische Themen zu setzen. Gerade eine jüngere Zielgruppe wäre hier gut erreichbar.
Kandels hat noch einen kleinen Vorteil: Auch die Facebook-Seite der CDU Bitburg postet - natürlich - in seinem Sinne, obgleich sie mit nur 167 "Likes" eine geringe Reichweite hat. Olk wird zwar von der SPD und der Liste Streit unterstützt. Die haben aber keine eigenen Facebook-Seiten.
So steht er in dem sozialen Netzwerk nicht einsam, wohl aber parteilos da. Auffällig ist die deutlich höhere Interaktion von Olks FB-Fans. Ob er auch im analogen Leben mehr Menschen mobilisieren kann als Kandels, bleibt spannend.
Wer die Kandidaten im direkten Vergleich erleben will, hat dazu am Mittwoch, 13. September, um 19 Uhr beim TV-Forum im Haus der Jugend in Bitburg Gelegenheit. Hier können Sie auch Ihre Fragen an Bewerber stellen. Alle bisher zur Bürgermeisterwahl erschienenen Artikel unter www.volksfreund.de/wahlen

Facebook-Profilseite: Eine Profilseite hat jeder Facebook-Nutzer. Um sich innerhalb des sozialen Mediums zu vernetzen, "befreunden" sich die Mitglieder miteinander. Generell gilt bei Nutzerprofilen: Jeder Facebook-Freund sieht die geposteten Inhalte des anderen in seiner Timeline. Die Timeline ist eine Überblickseite mit aktuellen Beiträgen aus dem eigenen Netzwerk, die erscheint, sobald man Facebook öffnet. Facebook-Chronik: Die Chronik ist wie ein öffentliches Tagebuch im jeweils eigenen Facebook-Profil. Jeder öffentliche eigene Post bleibt dort abgebildet. Facebook-Fanpage: Im Gegensatz zur Profilseite ist eine Facebook-Fanpage mehr eine kommunikative Einbahnstraße - denn der Fanpage-Betreiber sieht nicht die Inhalte seiner Abonnenten. Die Fanpage ist eine Art Mini-Webseite innerhalb Facebooks. Wer regelmäßig über Inhalte auf Facebook informiert sein möchte, kann die Seite liken. Prominente und Unternehmen nutzen solche Seiten gerne als Werbe- und Kommunikationsplattform. Vorteile sind, dass etwa Videos eingebettet werden können, die dann gut sichtbar erscheinen, oder Werbung geschaltet werden kann. Bedeutung von "Likes" und "Freunden": Im Wahlkampf ist Reichweite wichtig, um mit der eigenen Botschaft möglichst viele Menschen zu erreichen. Dabei helfen auf Facebook bei der Profilseite Freunde und bei der Fanpage sogenannte "Likes". Abonnent wird man, sobald man eine Seite mit einem "Like" kommentiert - quasi wie beim Abschluss eines Zeitungsabos - bekommt man die jeweiligen geliketen Inhalte dann stets in seiner Timeline angezeigt. Bedeutung von "Teilen": Wenn man einen Inhalt auf Facebook "teilt", erscheint dieser besonders prominent in der Ansicht anderer Nutzer in der Timeline und auf der eigenen Chronik. Das ist der effektivste und sichtbarste Weg, eine Botschaft eines anderen Facebook-Mitglieds weiterzusagen. Posts und Kommentare: Ein Post ist jede öffentliche Nachricht auf Facebook, egal ob in Bild, Video oder Textform. Jeder Post lässt sich in der Regel von anderen Nutzern kommentieren, ebenfalls öffentlich. Die Kommentare erscheinen dann direkt unter dem Post.

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