Bundeswehr sucht Nerds

Gerolstein · Die Digitalisierung hat auch den Beruf des Soldaten verändert. Heute braucht die Bundewehr vor allem Computertechniker. Um solche anzuwerben, wurden erst kürzlich 24 junge Männer und Frauen nach Gerolstein zum IT-Camp eingeladen.

Bundeswehr sucht Nerds
Foto: (e_gero )

Gerolstein (red/cha) Nils Pichler starrt auf den Systemschrank vor ihm, seine Augen verengen sich. Er presst die Lippen aufeinander. "Keine Ahnung, wo hier mein Fehler ist", sagt der 20-Jährige aus Iserlohn. Für den Ausbilder in Uniform neben ihm soll er einen Systemverbund mit einem anderen Rechner erstellen. Er atmet tief durch, kramt in den hintersten Bereichen seines Informatikwissens aus der Schule und beginnt, die Kabel zu stecken. Wer hier eine Prüfung vermutet, liegt falsch. Nils und weitere 24 junge Frauen und Männer befinden sich vom 9. bis 13. Oktober auf den Cyber Days 2017 beim Informationstechnikbataillon 281 in Gerolstein. An fünf Tagen erfahren die Teilnehmer mehr über den Arbeitgeber Bundeswehr im Bereich der Informationstechnologie. So will das deutsche Heer für It-Techniker werben. Denn die Fachkräfte werden dringend gesucht, seit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am 5. April diesen Jahres die neue Cyber-Armee in den Dienst gestellt hat. Dieser militärischen Organisationseinheit sollen künftig etwa 13 500 Soldaten und zivile Mitarbeiter angehören. Zu ihren Aufgaben gehört dann die Abwehr von Hackerangriffen. Alles schön und gut, aber wo sollen die Rekruten herkommen? Und was muss so ein IT-Soldat überhaupt können?
Ein Blick auf das Programm des Trainingslagers in der Vulkaneifel macht klar: Nur vor dem Laptop sitzen, reicht nicht. Die Teilnehmer müssen beim Hindernislauf und beim Fitnesstest beweisen, dass sie auch körperlich leistungsfähig sind - nicht nur am Rechner. Später geht's dann aber wieder zurück an Tastatur und Maus: In einer Lagerhalle trifft die Gruppe um Nils Pichler auf Oberfeldwebel Marc Brinkmann. Der Spezialist für mobile Kommunikationssysteme steigt direkt mit einer Aufgabe ein: "Ihr habt gestern die Funktionalität von IP-Adresse und Subnetmaske kennengelernt. Heute richtet ihr auf den Laptops einen abgesetzten Arbeitsplatz ein." Sofort hört man die Gruppe Begriffe wie TeraTerm, Telnet oder Standardgateway murmeln. Auf den Bildschirmen erscheinen Worte wie #interface, #conf. Für den Laien sind sie völlig unverständlich. Aber die Bundeswehr sucht ja auch keine Laien. Sie sucht Nerds wie Nils Pichler. Die können sich mittels der Begriffe ihren Weg in ein System hacken.
Pichler war bereits wenige Monate Soldat, musste aber aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Mit Fachhochschulreife und seinem Beruf als informationstechnischer Assistent steuert er nun erneut Richtung Bundeswehr. "Die suchen ja Fachkräfte", sagt er. Der 20-Jährige weiß um die Besonderheiten des Berufs. Der hohen Wahrscheinlichkeit eines Auslandseinsatzes sehe er mit Respekt entgegen.
Die Bundeswehr bietet IT-Camps nicht nur in Gerolstein, sondern bundesweit an. Neben Dillingen an der Donau und der Marinetechnikschule in Parow machen die Cyber Days auch noch Station im Informationstechnikbataillon 381 in Storkow.
Extra: WARUM BRAUCHT ES EINE CYBER-ARMEE?

 Wie kann man in ein System einsteigen und was soll man mit diesem Kabelbaum anstellen? Das konnte man beim IT-Camp der Bundeswehr in Gerolstein lernen. Fotos (2): Bundeswehr

Wie kann man in ein System einsteigen und was soll man mit diesem Kabelbaum anstellen? Das konnte man beim IT-Camp der Bundeswehr in Gerolstein lernen. Fotos (2): Bundeswehr

Foto: (e_gero )


Längst werden Kriege nicht mehr ausschließlich an Land, in der Luft oder im Wasser geführt. Terrororganisationen, aber auch Staaten starten längst Hackerangriffe auf die Bundesrepublik. Darauf muss auch die Armee reagieren. Das geht so weit, dass Verteidigungsstaatssekretärin Katrin Suder meint: "Das Thema Cybersicherheit ist das größte Sicherheitsproblem für die Bundeswehr."

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