Chinesin ist in Bitburg am Zug

Die Chinesin Wang Bin schreibt ihre Doktorarbeit über den Eisenbahnbau in China und entdeckte dabei den Ingenieur Heinrich Hildebrand aus Bitburg. Er war von 1899 bis 1904 Leiter der Schantung-Eisenbahngesellschaft in China.

 Der Leiter des Kreismuseums Bitburg, Burkhard Kaufmann, zeigt der Chinesin Wang Bin Unterlagen über den Bitburger Heinrich Hildebrand. TV-Foto: Bettina Bartzen

Der Leiter des Kreismuseums Bitburg, Burkhard Kaufmann, zeigt der Chinesin Wang Bin Unterlagen über den Bitburger Heinrich Hildebrand. TV-Foto: Bettina Bartzen

Bitburg. Die Recherchen der Chinesin Wang Bin über die Schantung-Eisenbahngesellschaft führen sie von China nach Bitburg ins Kreismuseum zu Burkhard Kaufmann. In den Archiven lagern interessante Schriftstücke über den Bitburger Ingenieur Heinrich Hildebrand, der 17 Jahre als Eisenbahnspezialist in China tätig war. Wang Bin untersucht die Weitergabe an technischem Wissen von Deutschland nach China in der Kolonialzeit.

Die Deutschen planten zwischen 1898 bis 1914 ein umfassendes Eisenbahnnetz im Kolonialgebiet Kiautschou mit der Hauptstadt Tsingtau (heute Quingdao). Hildebrand war Bauleiter für die Schantungbahn, die Tsingtau mit der 400 Kilometer entfernten Provinzhauptstadt Jinan verbinden sollte. Als Freund und Berater des Vizekönigs Zhang Zhidong, einer einflussreichen Persönlichkeit in China, konnte Hildebrand den Bau der Eisenbahn 1899 durchsetzen.

Bis zu 25 000 Chinesen arbeiteten am Bau. Sie wurden in menschenunwürdigen Lagern direkt an der Bahnlinie untergebracht. Deutsche Firmen lieferten das Baumaterial und schlossen Verträge im Wert von 25 Millionen Mark ab.

Der Boxeraufstand von 1899 erschwerte den Bau der Eisenbahnlinie. Die Boxer waren Mitglieder eines Geheimbundes, der sich gegen den Einfluss der Fremden wehrte. Chinesische Anwohner rissen Vermessungspfähle aus und griffen die Bauarbeiter an.

Der Eisenbahnbau in der deutschen Kolonie hatte einen erheblichen Anteil an den Boxer-Unruhen. Hildebrand nahm bei den Planungen wenig Rücksicht auf Besitzverhältnisse der Bauern und Forderungen der chinesischen Behörden, heißt es im Buch "Bitburger Persönlichkeiten" der Kulturgemeinschaft Bitburg. Die Bauern mussten fruchtbares Ackerland für wenig Geld hergeben, und ein Be- und Entwässerungssystem wurde durch die Eisenbahnstrecke gestört.

Trotz erheblicher Probleme konnte 1901 die erste Teilstrecke eröffnet werden. Deutsche Techniker und Ingenieure lernten junge Chinesen an, die auch nach der Fertigstellung für die Schantung-Eisenbahngesellschaft arbeiteten.

1904 war die 400 Kilometer lange Strecke zwischen Tsingtau und Jinan fertig. Die Bahn erzielte wichtige wirtschaftliche Einnahmen. Kohle- und Erzgebiete konnten erschlossen werden, und die Reise dauerte anstatt zehn Tage nur noch zwölf Stunden. Bis heute transportiert die Eisenbahnlinie Frachtgüter. Wang Bin ist mittlerweile nach Berlin auf den Spuren von Hildebrand weitergereist. Der ehrgeizige Ingenieur, der die Eisenbahn nach China brachte, wollte in Bitburg beerdigt werden. Das Grab besteht heute noch in der Erdorfer Straße.

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