"Das Pflegeheim ist eine Riesenchance"

NEUERBURG. Rund 300 Menschen haben sich bei einer Einwohnerversammlung über Perspektiven für den Krankenhaus-Standort Neuerburg informiert. Während Stadt und Verbandsgemeinde (VG) für den Erhalt kämpfen, setzt die Marienhaus GmbH auf die Umwidmung in ein Pflegeheim.

Bürgermeister Norbert Schneider (parteilos) verlas zu Beginn der dreistündigen sachlichen Diskussion die Resolution des VG-Rats zum Erhalt des Neuerburger Krankenhauses (der TV berichtete). Bernd Molzberger, Geschäftsführer der Marienhaus GmbH, legte die Gründe dar, warum das Krankenhaus nicht mehr zu halten sei: Vor allem das Gesundheitsmodernisierungsgesetz habe zu drastischen Einbrüchen bei Fallzahlen und Erlösen geführt. "Wir sind mit unserem Latein am Ende", sagte Molzberger. Wolfgang Walter, Kaufmännischer Direktor der Südeifel-Kliniken, verglich beispielhaft die Honorare für eine Leistenbruch-Behandlung: "2003 gab es dafür 2000 Euro, 2004 nur nur 480 Euro." In Neuerburg sei der Anteil der neuerdings zwingend ambulant zu behandelnden Fälle extrem hoch. Die Betriebskosten seien aber nicht mehr zu verringern. Molzberger stellte einen Drei-Punkte-Plan für den Gebäude-Komplex vor: Erhalt der chirurgischen Ambulanz, eventuell Ausbau zu einem Medizinischen Versorgungszentrum mit mindestens zwei Fachärzten unter einem Dach, Betreutes Wohnen für behinderte Angestellte des Euvea-Hotels, Einrichtung eines Pflegeheims für Patienten im Wachkoma durch die Cura-med GmbH. Die AOK habe zudem Interesse an der Einrichtung eines "integrierten Versorgungsmodells" in Neuerburg signalisiert. Dabei übernimmt Fachpersonal die Nachsorge bei Patienten zu Hause. Willi Ulrich, Geschäftsführer der Cura-med GmbH, verwies auf den großen Bedarf an speziellen Pflegeeinrichtungen für Apalliker: "Diese Patienten werden in Akutkrankenhäusern nicht adäquat versorgt." Das Cura-med-Heim im saarländischen Großrosseln mit 51 Plätzen beschäftigt 130 Mitarbeiter. Bis zu 30 Prozent der Patienten stammen aus dem Raum Trier/Bitburg. "Mit einer Einrichtung in Neuerburg könnten wir schon allein die Anfahrtswege für Angehörige verkürzen", erklärte Ulrich. Der Arbeit unterteilt sich in Frührehabilitation bei Krankheiten mit Störungen der Atmung und Langzeitreha bei neurologischen Erkrankungen. Leitender Arzt Dr. Ludwig Kern sagte ganz offen: "Natürlich gibt es eine hohe Sterblichkeit. Aber wir haben ebenso Fälle erfolgreicher Rehabilitation und Mobilisierung, in denen Patienten wieder nach Hause entlassen werden können."Partnerschaft mit Bitburg "zum Teil eisig"

Jeder im Saal konnte Fragen an die Vertreter auf dem Podium richten. Den ersten dicken Applaus des Abends gab es für Gerhard Mittlers Beschwerde: "Uns wird etwas vorgesetzt, das fertig ist. Das war vorher anders, als wir frühzeitig eingebunden wurden." Molzberger bezeichnete es als "Glücksfall", dass sich der Träger um Alternativen bemühe: "Wir nehmen unsere Verantwortung für Mitarbeiter und Bürger wahr. Das Pflegeheim ist eine Riesenchance für den Standort Neuerburg." Jeder Mitarbeiter bekomme ein Angebot zur Übernahme in Neuerburg beziehungsweise Weiterbeschäftigung an anderen Standorten. Albert Borrelbach, Vorsitzender des Fördervereins St.-Josef-Krankenhaus, kritisierte die zuletzt "unterkühlte, zum Teil eisige" Partnerschaft im Klinikverbund. Er plädierte für einen Neubeginn, um beide Standorte überlebensfähig zu machen. Willi Hermes, Erster Beigeordneter der Stadt, verlas ein Schreiben des erkrankten Stadtbürgermeisters Hans Heinen an die Landesregierung. "Das Ministerium hat mir versichert, dass man nach Neuerburg kommen will, um hier eventuell ein Sondermodell zu fördern", deutete Hermes eine mögliche Lösung an. Wie dieses Modell aussehen könnte, steht aber noch in den Sternen. Die Initiative "Unser Krankenhaus" will beim Quintinusmarkt am kommenden Wochenende eine Unterschriftenaktion zum Erhalt der Einrichtung starten.

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