Das Rätsel der kahlen Stämme

WEINSHEIM. Seit dem Sommer 2000 grassiert in Teilen von Rheinland-Pfalz, aber auch in Luxemburg, im belgischen Wallonien und im nordöstlichen Frankreich eine Besorgnis erregende Erkrankung der Rotbuche.

 Joachim Block von der Forschungsstelle für Waldökologie erläutert bei Olzheim-Knaufspesch, wie die Falle mit einem speziellen Duftstoff Buchennutzholz-Borkenkäfer anlockt.Foto: Kaspar Thürwächter

Joachim Block von der Forschungsstelle für Waldökologie erläutert bei Olzheim-Knaufspesch, wie die Falle mit einem speziellen Duftstoff Buchennutzholz-Borkenkäfer anlockt.Foto: Kaspar Thürwächter

Einzelheiten über die zunächst mysteriöse Buchenerkrankung erfuhren kommunale und private Waldbesitzer und Forstleute in Weinsheim-Gondelsheim. Organisatoren der Informationsveranstaltung waren die rheinland-pfälzische Forschungsanstalt für Ökologie und Forstwirtschaft sowie die luxemburgische Forstverwaltung. Vor gut drei Jahren schrillte bei Waldbesitzern der Westeifel und Ardennen die Alarmglocke. Vor allem auch in Wäldern rund um die Gemeinden Weinsheim, Duppach und Olzheim stellten sie fest, dass große Bestände von Rotbuchen bereits tot oder so geschädigt waren, dass jede Rettung zu spät kam. Das Baumsterben war damals und ist heute um so rätselhafter, weil vorwiegend die stattlichsten Exemplare betroffen sind. Bei etwa 130 Jahre alten Rotbuchen, die noch eine volle, grüne Baumkrone aufweisen, ist die Rinde total abgeplatzt.Borkenkäfer befallen die Bäume

Viele der kahlen Stämme sind eingeknickt. Andere sind morsch und stellen eine erhebliche Gefahr dar, weil sie beim nächsten heftigen Windstoß umzufallen drohen. Selbst Waldexperten sind zunächst überfragt. Forschungsergebnisse müssen abgewartet werden.Ralf Petercord und Stefan Seegmüller, beide von der rheinland-pfälzischen Forschungsanstalt für Waldökologie, und der luxemburgische Experte Claude Parini ordnen den Rotbuchenbefall zwei verschiedenen Krankheitsbildern zu. Zum einen handelt es sich um eine mit einer starken Weißfäule einhergehende Buchenrindennekrose (Rindensterben). Parallel dazu wird der Befall äußerlich gesund erscheinender Buchen durch den Laubnutzholz-Borkenkäfer beobachtet. Weißfaules Holz hat keine Biegefestigkeit mehr und verliert seine Eignung als Schnittholz. Ebenso lässt bei Weißfäule die Brennholzqualität erheblich nach. Dagegen lassen sich von holzbrütenden Käfern befallene Rotbuchen zumindest teilweise noch als Stammholz verkaufen, weil die Käfer nicht den ganzen Stamm gleichmäßig befallen.Dr. Eberhard Eisenbarth von der Zentralen Forstverwaltung in Neustadt/Weinstraße und der Luxemburger Jean-Pierre Arend haben einen aktuellen Schadensbericht erstellt. Demnach verbreitet sich die Buchenkomplexkrankheit vom Forstamt Schneifel im Norden bis zum Forstamt Saar-Hochwald an der Grenze zum Saarland. Eisenbarth und sein Kollege Joachim Block gaben Handlungsempfehlungen mit dem Ziel, Folgeschäden des Buchensterbens wenigstens einzudämmen. Wichtig seien dabei eine regelmäßige Überwachung der Bestände und eine Markierung der erkrankten Bäume. Wegen der erheblichen Bruchgefahr müsse im Gefährdungsbereich die Verkehrssicherungspflicht unbedingt beachtet und entsprechend reagiert werden.Nach der umfangreichen Theorie im Tagungsraum des Hotels Kirst besichtigten die etwa 50 Teilnehmer unter der Führung von Forstamtsleiter Karl-Ludwig Pentzlin einen Privatwald bei Knaufspesch. Dieser Abschnitt eignet sich wegen des fortgeschrittenen Erkrankungsgrads des Buchenbestands und der Vielfalt an typischen Schadsymptomen für diverse wissenschaftliche Untersuchungen besonders gut. In dem Versuchsbereich sind unter anderem auch Flaschenfallen aufgestellt. Diese Fangeinrichtungen ermöglichen es, die Anzahl sowie das Arten- und Geschlechterverhältnis der Schädlingskäfer zu ermitteln. "Trotz der aktuellen Erkrankung sollte die Rotbuche keineswegs zurückgedrängt, sondern im Gegenteil weiter gefördert werden", darin waren sich alle Experten einig.

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