Das Taxi als Jungbrunnen

BITBURG/PRÜM. Sinnvoll, aber nicht lupenrein? Der Bürgermeister der Gemeinde Winterspelt, Hubert Tautges, ärgert sich über das Jugendtaxi-Angebot im Kreis. Er prangert Betrügereien an.

Dorfparty: Die Band spielt das Abschiedslied, die Gäste ziehen ihre Jacken an. Eine 18-Jährige ruft ein Taxi herbei, wenig später füllt sie im Fahrzeug ein Formular aus - um günstiger heim zu kommen. 3342 Jugendliche haben im vergangenen Jahr den Spezialtarif im Eifelkreis Bitburg-Prüm für die Rückfahrt von der Disco nach Hause genutzt, besagt eine aktuelle Zahl der Kreisverwaltung. Damit sollen junge Partygänger abgehalten werden, ins Auto betrunkener Fahrer einzusteigen. Ein Erfolgsmodell? Nicht für alle.Jugendtarife für Senioren - völlig normal?

"Mich ärgert's, wenn es immer so positiv dargestellt wird", sagt Hubert Tautges, Ortsbürgermeister in Winterspelt. Denn tatsächlich sollen von einem "Großteil" der am Jugendtaxi beteiligten Taxiunternehmen Hinfahrten als Heimfahrten angegeben, Wochentag beziehungsweise Uhrzeit "passend" geschrieben und falsche Altersangaben gemacht worden sein. Tautges selbst ist Taxifahrer, arbeitet aber für ein Unternehmen, das nicht am Jugendtaxi beteiligt ist. Er versichert, aus "erster Hand" von seinen Fahrgästen informiert worden zu sein. So habe ihm eine 40-Jährige erzählt, dass ihr das Formular seitens eines Taxifahrers geradezu aufgedrängt worden sei. Ein anderer Fahrgast habe explizit den Jugendtarif verlangt. Auf die verdutzte Nachfrage Tautges' habe der Mann geantwortet: "Na, den bekomme ich immer." Die "Problematik" sei bei den Verbandsgemeinden und der Kreisverwaltung bekannt, sagt Tautges. Doch unternommen werden dürfe nichts, da das Jugendtaxi eine politisch gewollte Aktion sei. Auf TV-Anfrage teilte Kreissprecher Rudolf Müller mit, dass nicht bekannt sei, "inwiefern absichtlich falsche Angaben bezüglich nicht zu bezuschussender Hinfahrten, Wochentagen oder Altersangaben gemacht werden". Bei Verstößen werde dem Unternehmer die Erstattung nicht gewährt. Müller sprach von "Einzelfällen" bei Abrechnungen, wo "Irrtümer" vorlagen. Die Taxiunternehmen selbst versichern, sich korrekt zu verhalten: "Ich riskiere doch nicht meine Konzession, nur um unrechtmäßig eine Erstattung zu erhalten", sagt Mietwagenunternehmerin Rita Laufgen aus Prüm, und vertritt damit die Meinung mehrerer Kollegen. Doch dass es tatsächlich Missbrauch geben soll, weist so mancher nicht von der Hand: "Leute über 35 haben den ermäßigten Tarif erhalten", ist Mietwagenunternehmer Gerhard Schwalen aus Habscheid zu Ohren gekommen. "Einige Kollegen sollen außerhalb der Zeiten des Jugendtaxis die Ermäßigung angeboten haben", meint Taxifahrerin Marina Schütte aus Irrel. Andere sprechen von "Gerüchten"."Veranstalter und Eltern in der Pflicht"

Im Kreisgebiet tobt offenbar ein Konkurrenzkampf unter Taxi- und Mietwagenunternehmen. Hubert Tautges spricht in diesem Kontext sogar von "ehrlichen Taxiunternehmen", die benachteiligt würden. Falsche Abrechnungen sind für den Taxifahrer und Bürgermeister aber nur ein Aspekt, das gesamte "Unternehmen Jugendtaxi" steht für ihn auf dem Prüfstand: Wer mit den Abendveranstaltungen "tausende Euro" Gewinn erziele, sollte die Kosten des Jugendtaxis bezahlen - nicht aber die Steuerzahler oder die Kunden der Sponsorenbanken, schimpft Tautges. Das gleiche gelte für die durch übermäßigen Alkoholkonsum verursachten Ausgaben für Vandalismusfolgen und Polizeieinsätze, für die Verursacher blechen sollten. Auch die Eltern seien in dem Zusammenhang gefragt: "Das Jugendtaxi suggeriert ihnen, der Staat sorge sich um ihre Kinder und bringe sie sicher nach Hause." Stattdessen sollten sich Eltern lieber öfters mal fragen, wo ihr Kind eigentlich unterwegs sei. Sinnloses "Saufen" gehöre jedenfalls nicht belohnt.

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