"Das ist ein Hammer"

Mehr Glück als Verstand hatte ein 21-jähriger Schreinergeselle, der sich vor dem Amtsgericht Bitburg verantworten musste. Gleich drei Schreinereien, in denen er einst als Lehrling und Geselle beschäftigt war, suchte der Angeklagte heim und lieferte sich zudem mit der Polizei eine bemerkenswerte Verfolgungsjagd.

Bitburg. "Tickt der noch ganz sauber?" Das war die erste Frage, die sich nicht nur der Jugendgerichtshelfer Hans-Werner Nehren stellte, als er die Anklageschrift gegen Kevin D. (Name von der Redaktion geändert) las. Der 21-jährige Schreinergeselle hat in nur einer Nacht am 4. August drei Eifeler Schreinereien - allesamt einst seine Lehr- und Arbeitsbetriebe - heimgesucht und geschädigt. Der Angeklagte gestand die Taten und räumte ein, dass er mit den Nerven völlig fertig gewesen sei, nachdem er für zweieinhalb Monate bei einer Drücker-Kolonne gearbeitet hat. Da Kevin D. Schulden von mehr als 10 000 Euro hatte, schien ihm der Drücker-Job lukrativer, als seine Schreinertätigkeit. Doch die Geschäftspraktiken sagten ihm dann doch nicht zu, er kam mit dem Zug zurück nach Trier, wo er sein Auto am Bahnhof abgestellt hatte.Abgeschleppter Wagen als Initialzündung

Dass sein Wagen in der Zwischenzeit abgeschleppt worden war, war wohl die Initialzündung zu der verhängnisvollen Nacht, zu deren Auftakt er sich zunächst den Firmenwagen einer Schreinerei "borgte", zu dem er noch die Autoschlüssel hatte. Damit fuhr er zur zweiten Schreinerei, die ihm seiner Ansicht nach noch Geld wegen Überstunden schuldete, und schlug deshalb dort eine Scheibe ein. In Schreinerei Nummer drei wollte er einbrechen, wurde dabei aber vom Sicherheitsdienst bemerkt und warf einen Hammer nach dem Wachdienst, der aber glücklicherweise nicht getroffen wurde. Bei seiner anschließenden Flucht über die B 51 Richtung Trier fiel Kevin D. wegen deutlich überhöhter Geschwindigkeit einer Polizeistreife auf, die ihn zu stoppen versuchte. Doch der frustrierte Schreinergeselle raste einfach weiter und warf einen Schuh aus dem Fenster, um den Streifenwagen abzuschütteln. Erst bei einer Polizeisperre bei Hohensonne stoppte er und sagte vor Gericht: "Wenn ich gewollte hätte, wäre ich auch daran vorbeigekommen."Gute Führung und günstige Sozialprognosen

Angerechnet wurde Kevin D., dass er noch nicht vorbestraft ist, seine Familie zu ihm hält, er familiäre Unterstützung hat und er im süddeutschen Raum als Schreinergeselle noch mal Fuß fassen will. Wegen der "günstigen Sozialprognosen" und der guten Führung während der dreieinhalb Monate Untersuchungshaft in Wittlich plädierte der Jugendgerichtshelfer, das Jugendstrafrecht anzuwenden und die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Dennoch: "Das ist schon ein Hammer", sagte Staatsanwalt Jörn Patzak. Der vorsitzende Richter Werner von Schichau verkündete das Urteil: Ein Jahr auf Bewährung, drei Monate Führerschein-Entzug, 200 Stunden Sozialarbeit und die Auflage, mit dem Bewährungshelfer die Schulden zu reduzieren.

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