Ehemalige US-Housing in Binsfeld: Das vergessene Viertel

Binsfeld/Speicher · Als die Amerikaner die Housing in Binsfeld (Kreis Bernkastel-Wittlich) verließen, blieb Leerstand zurück. Bis heute hat sich dort nicht viel getan. Ein Münchner Investor könnte wieder Leben in die Siedlung bringen. Auch in Speicher (Eifelkreis) hat er große Pläne.

Ehemalige US-Housing in Binsfeld: Das vergessene Viertel
Foto: (e_eifel )

Zeitungen quellen aus dem Briefkasten. Es hat ihn lange niemand geleert. In den Vorgärten wuchert Unkraut vor sich hin. Sonst gibt es kaum Leben in der ehemaligen Binsfelder Housing. In den Klingeln stecken leere Zettel, Rollläden bleiben seit Jahren zu. Aber da ist ja doch jemand: Ein Mann geht mit zwei Hunden spazieren. "Hier zu wohnen macht keinen Spaß mehr", sagt er: "Seit die Amerikaner weg sind, ist nichts mehr los."

Ami went home, oder zumindest raus aus dem Dorf. Seit den 1980er-Jahren lebten hier Soldaten der US-Air Force. Ende 2010 hatte der Flugplatz auf Empfehlung des Pentagons beschlossen, 200 Wohnungen in Binsfeld und Speicher aufzugeben (der TV berichtete).

Der Grund: Man wollte nicht zu viele Soldaten an einem Fleck wissen. Die Gefahr eines Terroranschlags sei zu groß. Seit Ende 2011 können die Immobilien privat gemietet werden. Aber offenbar will kaum jemand einziehen in diese Quader, die sich ähneln wie Klone: die gleichen weißen Fassaden, die gleichen weißen Türen und Fenster, die gleichen weißen Garagen. Und überall bröckelt der Putz von den Wänden.

"Das ist insgesamt kein Zustand", findet Werner Pitsch, erster Beigeordneter von Binsfeld. Aber vielleicht wird es bald wieder einer. Denn eine Münchner Aktiengesellschaft hat das Housing-Gelände in Binsfeld gekauft. Es ist derselbe Investor, der einen Teil der amerikanischen Siedlungen in Speicher und Baumholder erworben hat: die GIEAG Immobilien AG.

Die Kosten für die drei Liegenschaften betragen zusammen rund 17 Millionen Euro. Getragen werden sie von einem Konsortium von Sparkassen. Nach der Übergabe im Frühjahr sind laut dem Vorstand Philipp Pferschy "umfangreiche Sanierungen der Gebäude sowie der Haustechnik geplant". Aber auch in die Außenanlagen wollen die Bayern investieren. Losgehen soll es im Frühjahr 2018. Bis zum Ende des laufenden Jahres will sich das Unternehmen Zeit lassen, um ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten.

Pitsch hofft, dass die Münchener "alles auf Vordermann bringen", und es so schaffen, die Siedlung am Binsfelder Waldrand wiederzubeleben. Der Politiker zeigt sich aber zuversichtlich: "Die werden schon wissen, was sie tun." Auch Manfred Rodens blickt optimistisch in die Zukunft. "Wir sind froh, dass die GIEAG sich unserer Siedlung annimmt", sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher.

Der Sanierungsbedarf in der Stadt scheint allerdings gar nicht so gravierend zu sein. Das zeigt ein Rundgang durch den zweiten Bauabschnitt der ehemaligen Speicherer Housing, der jetzt verkauft wurde. Das Weiß der Fassaden ist frisch gestrichenem Gelb, Blau und Orange gewichen. Es sind Menschen auf der Straße zu sehen, aus den Fenstern dringen Stimmen. Die Vorgärten sind gemäht, dort stehen Grills und Schaukeln. Fast alle Häuser seien vermietet, sagt Rodens. Und die GIEAG bestätigt das. Aber man sieht weniger volle Briefkästen und geschlossene Jalousien als in Binsfeld.

Auch Stadtbürgermeister Erhard Hirschberg sagt: "Wir sind froh, dass Leben drin ist." 108 Leben sind es laut Melderegister - zuzüglich einiger nicht meldepflichtiger Amerikaner. 2010, als die meisten US-Soldaten gingen, wohnten hier gerade einmal vier Menschen, die nicht zur Air Force gehörten. Seitdem hat sich offenbar einiges getan.
Aber es soll sich noch mehr tun. Die GIEAG will nicht nur die verbliebenen Wohnungen an den Mann bringen. Die Siedlungen sollen insgesamt zu "modernen, lebenswerten Stadt- und Dorfvierteln werden". Neue Spielplätze sollen gebaut, Freizeitflächen wie die Basketballplätze in Speicher und Binsfeld saniert werden. Bewegungsmelder sollen Licht ins Dunkel der Wege rund um die Quartiere bringen. Und so weiter und so fort.

Aber wenn die Siedlung immer attraktiver wird, steigen dann nicht auch die Mieten? Die GIEAG lässt wissen, dass die Gebäude "unterschiedlichen Zielgruppen" offen stehen. Aber bisher steht das Konzept ja noch gar nicht. Dieses wollen die Investoren zuerst mal mit den Gemeinden absprechen.

Eines versprechen die Planer aber schon jetzt: Mit dem Leerstand soll es in zwei Jahren vorbei sein. In Kürze wolle man mit der Vermarktung der Immobilien beginnen.Meinung

Es kann nur besser werdenNoch wissen wir wenig über das konkrete Konzept der Münchener Aktiengesellschaft. Aber eines ist doch sicher: Niemand, der bei Verstand ist, erwirbt Wohnungen und lässt sie verfallen. Die Bayern wollen an den Quartieren schließlich verdienen. Also müssen sie auch renovieren. Vor allem die Binsfelder Housing hat eine Sanierung dringend nötig - auch die Speicherer Gebäude stammen aus den 1980er-Jahren. Ob die Münchener es wirklich schaffen die Siedlungen zu beleben, steht auf einem anderen Blatt. Nichtsdestotrotz ist es gut, dass nach Jahren des Stillstands endlich Bewegung in die Ortsteile kommt. c.altmayer@volksfreund.deExtra: AMERIKANER AUF DEM WOHNUNGSMARKT

Früher lebten amerikanische Militärs in Kasernen. Später zogen sie auf die Housinggelände. Die Liegenschaften in Speicher, Binsfeld und Herforst hat die Air Base Spangdahlem aufgegeben. Die Rückgabe der Bitburger Housing soll Ende des Jahres erfolgen. Die Amerikaner wohnen aus Sicherheitsgründen lieber verteilt in deutschen Nachbarschaften. Rund 2200 Soldaten und Zivilisten der Air Base Spangdahlem leben mit ihren Familien in den umliegenden Gemeinden. Das entspricht 75 Prozent des Flugplatzpersonals. Der Rest lebt auf der Base. Für die Mieten gibt die Air Force rund 3,8 Millionen Euro im Monat aus.Extra: DIE KÄUFER

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Ehemalige US-Housing in Binsfeld: Das vergessene Viertel
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 Auch wenn der Postmann zweimal klingelt, macht hier keiner auf. Briefe und Zeitungen vergammeln in den Briefkästen.

Auch wenn der Postmann zweimal klingelt, macht hier keiner auf. Briefe und Zeitungen vergammeln in den Briefkästen.

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Die GIEAG aus Dietramszell zwischen Bad Tölz und München plant und realisiert Immobilien. Dazu gehören laut Homepage unter anderem Gebäude in Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Rheinland-Pfalz - wie die Siedlungen in Speicher, Binsfeld und Baumholder. Die Aktiengesellschaft entwickelt Konzepte, renoviert, vermarktet und verkauft die Gebäude. Seit 2010 ist das Unternehmen an der Börse gelistet. Im Besitz der GIEAG befinden sich etwa 1000 Wohneinheiten.

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