Der Blick zu den Sternen

Bitburg · Ein Ingenieur aus Irrel arbeitet von Bitburg aus für eine Firma, die ein technisches System zur Raumstation ISS geschickt hat. Ist das Science-Fiction vor der eigenen Haustür?

 Ingenieur Roman Brunner demonstriert einen der Sensoren an seinem Arm.

Ingenieur Roman Brunner demonstriert einen der Sensoren an seinem Arm.

Foto: David Falkner

Drei, zwei, eins, Abschuss: Am Sonntag, 19. Februar, 9.38 Uhr Ortszeit, hat eine Rakete von der Raketenbasis Cape Canaveral in Florida abgehoben. Die Raumkapsel Dragon transportierte zwei Tonnen Lebensmittel und Ausrüstung zur Raumstation ISS. Mit an Bord: das 3D-Bewegungsanalyse-System der Firma Codamotion, die auch ein Büro in Bitburg unterhält.

3D-Bewegungsanalyse-System, das klingt kompliziert, ist aber leicht zu erklären: Indem man einen Menschen mit Sensoren an verschiedenen Körperteilen versieht, lassen sich seine Bewegungen aufzeichnen. Die Bewegungsabläufe werden dann in einer dreidimensionalen Aufnahme auf dem Computerbildschirm sichtbar gemacht. Roman Brunner, Ingenieur und Leiter und einziger Mitarbeiter im Bitburger Büro von Codamotion, bricht den Zweck dieses Unternehmens so herunter: "Es geht darum, zu lernen, wie der menschliche Körper auf die Schwerelosigkeit reagiert. Wie funktioniert der Körper im freien Raum, was für Auswirkungen hat die Schwerelosigkeit auf das Gehirn und die Muskeln?" Die gesammelten Daten von der ISS sollen dann an Universitäten weitergegeben und dort ausgewertet werden.

Doch auch auf der Erde kommt das System zum Einsatz, beispielsweise im Profisport, bei der Physiotherapie, in der Medizin und in der Robotik. Bewegungsabläufe von Sportlern, orthopädische Probleme von Patienten oder die Bewegungsabläufen von Robotern können mit dem System analysiert und optimiert werden. Auch in der Ergonomie gibt es Anwendungsbereiche, beim Design von Kindersitzen oder Bürostühlen. Roman Brunner berichtet vom Fall eines 14-jährigen Patienten mit Knieschmerzen. Die Ärzte hätten ihm eine Operation nahegelegt - doch eine Analyse seiner Bewegungen zeigten, dass der Junge beim Sport sein Gewicht ungleichmäßig auf beide Beine verteilte. Daraufhin habe er eine physiotherapeuthische Behandlung erhalten, um den Schmerzen entgegenzuarbeiten. Eine Operation sei nicht mehr nötig gewesen. "Normalerweise kann ein Arzt seinen Patienten nur untersuchen, wenn er vor ihm auf der Liege liegt. Indem man die Bewegungen des Patienten auf dem Laufband aufzeichnet, werden etwaige orthopädische Probleme direkt sichtbar gemacht."

Die 1987 gegründete britische Firma Codamotion hat ihren Hauptsitz in der Nähe von Birmingham in England. Das Ein-Mann-Büro in Bitburg ist das erste Büro der Firma in Deutschland. "Momentan wird in Bitburg nur Vertrieb gemacht. Aber je nachdem, wie es mit dem Brexit in Zukunft aussieht, könnte der Standort hier durchaus noch wachsen", orakelt Brunner. "Codamotion hat bereits gute Geschäftskontakte in Frankreich. Nun will die Firma auch in Deutschland Fuß fassen." Das Bitburger Büro existiert seit Oktober 2016, seitdem arbeitet Brunner auch dort. Der 34-jährige Diplom-Ingenieur aus Irrel hat Medizintechnik studiert und war bereits in der Schweiz, in Bayern und in Luxemburg tätig. "Der große Vorteil an dem System ist, dass es klein und einfach in der Benutzung ist", sagt Brunner. "Es ist drinnen wie draußen schnell aufgebaut, im Grunde besteht das System nur aus einer Kamera und einem kleinen Computer."

Das Bewegungsanalyse-System ist nicht nur im Weltraum, sondern auch in Bitburg zu sehen: Auf dem Beda-Markt von Freitag, 17. März, bis Sonntag, 19. März, wird es am Stand des Fitnessstudios MAP präsentiert. Fitnessstudio-Inhaber Rainer Böer kennt Roman Brunner von Codamotion privat und ist über diesen Kontakt auf die Idee gekommen, das System für den Markt zu buchen. "An unserem Stand auf dem Beda-Markt kann das System beim Fahrradfahren oder beim Bierkistenheben in der praktischen Anwendung genutzt werden", sagt Böer im Gespräch mit dem TV. "So kann man herausfinden, ob und wo man Schwachstellen bei der eigenen Körperhaltung oder bei den Bewegungsabläufen hat."

VON BITBURG IN DEN WELTRAUM
Das Analysesystem der Firma Codamotion ist nicht der erste Weltraumbesucher, der einen Bezug zur Stadt Bitburg hat: Der us-amerikanische Astronaut Edwin "Buzz" Aldrin war in jungen Jahren einige Zeit auf dem US-Flughafen Bitburg als Pilot stationiert. Aldrin landete 1969 gemeinsam mit Neil Armstrong auf dem Mond und betrat ihn als zweiter Mensch überhaupt, etwa 20 Minuten nach seinem Kollegen Armstrong. Das berühmt gewordene Foto der Mondlandung zeigt nicht, wie oft angenommen, Neil Armstrong, sondern Buzz Aldrin.

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