Der Ex-Chefarzt hält im Gesundheitszentrum Neuerburg die Stellung

Neuerburg · Die chirurgische Praxis im Gesundheitszentrum Neuerburg sollte am Freitag, 29. September, geschlossen werden. Die Marienhaus GmbH hat jetzt eine letzte Gnadenfrist eingeräumt. Zwischenzeitlich wird nach einer Lösung gesucht.

 Wäre bereit, noch länger zu bleiben: Dr. Karl-Georg Hermans arbeitet in der chirurgischen Praxis in Neuerburg. Bis Mitte November läuft sein Vertrag noch. TV-Foto: Stefanie Glandien

Wäre bereit, noch länger zu bleiben: Dr. Karl-Georg Hermans arbeitet in der chirurgischen Praxis in Neuerburg. Bis Mitte November läuft sein Vertrag noch. TV-Foto: Stefanie Glandien

Foto: (e_eifel )

Es ist wieder Leben in der ehemaligen chirurgischen Praxis von Dr. Ingvo Müller. Nach dessen Weggang arbeitet dort übergangsweise Dr. Karl-Georg Hermans, ehemaliger Chefarzt der Chirurgie des Prümer St.-Josef-Krankenhauses (der TV berichtete).

Eigentlich sollte zum 29. September Schluss sein. Doch jetzt hat die Marienhaus GmbH sich dazu bereit erklärt, den Vertrag von Hermans bis zum 15. November zu verlängern. "Damit ein nahtloser Übergang gewährleistet ist", sagt Heribert Frieling, Sprecher der Marienhaus GmbH.

Nahtloser Übergang wozu? Zurzeit ist kein Nachfolger für die Praxis in Sicht. Nur einer ist bereit, dort weiter zu arbeiten: Hermans. "Ich würde weiter gerne die Stellung halten. Mir macht die Arbeit hier Spaß. Aber ich kann keine Praxis mehr übernehmen und als Selbstständiger arbeiten", sagt der 70-Jährige.
Seitdem sich herumgesprochen hat, dass er im Gesundheitszentrum praktiziert, hat sich das Wartezimmer wieder gefüllt. "Ich habe bis zu 40 Patienten am Tag, und wenn es eine Perspektive gäbe, würden es noch mehr werden", ist Hermans sich sicher.

Die ärztliche Versorgung sei in der Eifel an vielen Stellen schon kritisch. Ein Gesundheitszentrum in Neuerburg habe in seinen Augen auf jeden Fall Sinn. Kleinere Eingriffe wie eingewachsene Fußnägel, Schnittwunden und vieles mehr gebe es eine ganze Menge. "Kleinvieh macht auch Mist - aber Mist wird schlecht bezahlt", sagt er und lacht. Vielleicht sei an dieser Stelle eine Quersubventionierung nötig, findet er.

Wer ist denn jetzt eigentlich für das Gesundheitszentrum in Neuerburg zuständig, fragt man sich. Die Marienhaus GmbH hat sich als Betreiber zurückgezogen. Die Stadt Neuerburg und die Verbandsgemeinde Südeifel sind zurzeit dabei, eine städtische Gesellschaft mit gemeinnützigem Zweck zu gründen, um die Rahmenbedingungen für einen Neustart zu schaffen.

"Das Land steht weiterhin zur Unterstützung beim Aufbau des Gesundheitszentrums Neuerburg", sagt Stefanie Schneider, Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums Rheinland-Pfalz. Dazu gehören flankierende Maßnahmen, um einen neuen Träger zu finden. Das Gesundheitsministerium sei deshalb in engem Austausch mit der Kommune. "Über konkrete Maßnahmen kann erst entschieden werden, wenn die neue Trägerschaft feststeht. Wichtig wäre es sicherlich, wenn der Arztsitz für Neuerburg nicht nur erhalten, sondern auch weiterhin besetzt wird."

Ingo Jakschies, Projektentwickler im Gesundheitswesen und designierter Geschäftsführer der neuen gemeinnützigen Gesellschaft, ist dabei, einen Chirurgen zu suchen. "Ich habe bereits mit dem neuen Geschäftsführer des Krankenhauses in Prüm gesprochen und war sehr überrascht, da er kein Interesse zeigte", sagt Jakschies. Denkbar sei zum Beispiel, in Neuerburg eine Zweitpraxis einzurichten oder tageweise die Praxis zu besetzen. "Da müsste man ein bisschen beweglich sein". Er und Alexander Schaal, Projektleiter bei der VG Südeifel, haben aber noch andere Eisen im Feuer.

"Wir sind um jeden Tag dankbar, den Marienhaus uns die Praxis aufrechterhält, weil es dadurch eine gewisse Kontinuität am Standort gibt", sagt Moritz Petry, Bürgermeister der VG Südeifel. "Das ist für uns ein Zeitgewinn, um einen Chirurgen zu suchen." Alle Akteure wie Marienhaus, Land, Kreis und Stadt arbeiteten konstruktiv mit, lobt Petry. Er wünsche sich auch einen schnelleren Fortschritt, aber eine Liegenschaft wie ein Krankenhaus auf eine Kommune zu übertragen, sei auch nicht alltäglich.

Ist es denn üblich, dass eine Kommune einen Chirurgen sucht, wollen wir vom Bürgermeister wissen. Petry verneint. Die Kassenärztliche Vereinigung habe die Pflicht, die ärztliche Versorgung sicherzustellen. Doch jetzt sei die Situation eingetreten, dass keiner sich mehr richtig zuständig fühle. "Nun müssen wir, als schwächstes Glied, unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Ich glaube nicht, dass es eine Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz gibt, die sich mit so einem Thema beschäftigen muss." Zum Glück habe er einen fähigen Mitarbeiter (Alexander Schaal), der sich darum kümmere.

"Es ist ein Fehler im System. In diesem Punkt hätten die Zuständigkeiten klar geregelt werden müssen. Es ist ein Versäumnis der Politik, den Kommunen dafür kein Handwerkszeug an die Hand zu geben", sagt Petry. "Wir sind Autodidakten und machen viel ‚learning by doing'."

Meinung: Wo sind denn die Konzepte?
Land, Kreis, Verbandsgemeinde und Stadt wollen das Gesundheitszentrum in Neuerburg. Aber der Weg dorthin ist steinig und weit. Allein um die städtische Gesellschaft zu gründen, zieht viel Zeit ins Land. Solange die Gemeinnützigkeit nicht feststeht, geht es an anderer Stelle nicht weiter. Die Kommune strampelt sich ab. Neuerburg ist vielleicht das erste, aber nicht mehr das einzige und sicherlich auch nicht das letzte kleine Krankenhaus, das geschlossen wird. Wo sind denn eigentlich die Konzepte der Landesregierung? Das ganze Projekt einer kleinen Kommune an den Hals zu hängen, ist ambitioniert. Dem Versuchskaninchen darf jetzt nur nicht die Luft ausgehen. s.glandien@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort