Der Geburtsort der Möhnen

RITTERSDORF. Ortsprägende Gebäude und Naturdenkmale sind heute noch vielerorts in der Eifel erhalten. Früher hatte fast jedes Dorf einen Markt- oder Dorfplatz mit einer dominanten Kirche, einer Dorflinde und einem Brunnen.

Vereinzelt sieht man ein solches "Ensemble" noch heute. Die Größe des Dorfplatzes ist - trotz fortgeschrittener Bebauung - heute fast immer noch unangetastet und markiert die Mitte des Ortes. Oftmals waren es Lindenbäume, die diesen Platz optisch betonten und als Treffpunkt für die Bevölkerung dienten. Kam noch ein Brunnen hinzu, war die Idylle perfekt. Noch heute spürt man an diesen Lokalitäten so etwas wie einen Hauch von Geschichte. und Nostalgie. Es gab kein Dorfgemeinschaftshaus, keine Bürgerhalle, keinen Sitzungssaal - also traf sich die Dorfbevölkerung am Brunnen in der Mitte des Ortes. Besonders im Sommer versammelte sich hier die Dorfjugend, aber auch die älteren Menschen gesellten sich dazu. Bis ins 19. Jahrhundert wurden sogar Versammlungen einberufen, um über gemeinsame Vorhaben zu beraten oder Informationen auszutauschen. Je mehr Geld, desto größer der "Petz"

Die Linde spendete Schatten, Bänke boten Gelegenheit zum Ausruhen und Brunnen lieferten die Erfrischung. In gemeinsamer Arbeit wurden diese von den Dorfbewohnern selbst errichtet. Nicht jedes Bauernhaus besaß einen eigenen Brunnen, in der Eifel "Petz" genannt. So mussten sich die Menschen Wasser in Eimern holen und nach Hause tragen. Nur während der Trockenzeit waren diese meist verschlossen - wegen Gefahren für die Gesundheit. Den Schlüssel zur Öffnung des Brunnens hatte der Bürgermeister, der die den einzelnen Haushalten zustehende Wassermenge täglich festlegte. Vielfach trugen Brunnen Jahreszahlen, seltener einen Gebetsspruch. In der Eifel waren Brunnen aus Stein gemauert, die Fugen waren mit Lehm ausgekleidet. Der obere, sichtbare Teil war zum Teil aus einem einzigen Felsblock gemeißelt, teilweise aus auch zwei bis drei Steinblöcken. Brunnen waren Schmuckstücke und Blickfänge, mit Figurenornamenten verziert und eingefasst. Das galt auch für die privaten Brunnen, von denen jeder wohlhabende Hof als Wasserspeicher besaß. Je reicher das Haus war, desto größer waren diese "Petze", nicht selten gab es auch zwei oder gar drei auf einem Bauernhof. Besonders schöne Exemplare kann man bis heute in Rittersdorf bewundern, wo sie in der Dorfmitte und im Innenhof der Burg einen erhabenen Platz einnehmen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Dorffrauen die jährliche Verpflichtung gegenüber der Gemeinde, diese Dorfbrunnen zu reinigen. Hierfür zahlte ihnen die Gemeinde den Erlös aus der Versteigerung eines Baumes. Mit diesem Geld hielten die Frauen eine Feier ab, und zwar am Donnerstag vor der Fastnacht. So erhielt dieser Tag im Laufe der Jahrzehnte den Namen "Weibertag" oder "Fetter Tag" - geboren war der "Weiberdonnerstag". Endlich konnten die Frauen, die sich ansonsten vornehm in der Öffentlichkeit zurückhielten, ihr eigenes Fest feiern und einmal so richtig auf die Pauke hauen. Und warum durften nur Frauen die Reinigung des Brunnens übernehmen? Dafür hat die Brauchtumsforschung zwei Antworten: Zum Einen gab es unter den Männern vereinzelt "Brunnenvergifter". Doch ein wichtiger religiöser Aspekt war, dass die Frau als "Mutter des Lebens" und "Mutter Erde" dem Leben und dem Wasser heilig verbunden war. Auch sollten die Frauen mit der Reinigung dem neuen Leben im Frühjahr den Weg bereiten helfen.

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