Der Krieg reicht bis in die Gegenwart

DALEIDEN. Am Volkstrauertag, 16. November, wird bundesweit wieder an Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnert - auch in der Eifel und auf dem Ehrenfriedhof Daleiden, dem größten in Rheinland-Pfalz. 3000 Menschen liegen dort begraben.

Dreitausend. Das ist die Zahl der Toten, die auf dem Ehrenfriedhof Daleiden bestattet sind. Die meisten starben bei der Ardennen-Offensive 1944 und 1945, dem letzten Versuch der Nazi-Diktatur, sich der Niederlage entgegen zu stemmen. Daleiden ist der größte Ehrenfriedhof in Rheinland-Pfalz. Hier liegen so viele Menschen, dass hinter der schieren Zahl ihre Individualität verschwindet.Der bisher Letzte wurde 1997 bestattet

Der Krieg reicht bis in die Gegenwart: Auch heute werden noch Tote geborgen. Wie der Flieger Joachim Selpin, 1945 abgestürzt, 1997 geborgen, auch er ist in Daleiden bestattet.Sie sollen nicht vergessen werden, die Toten des Krieges. Es gibt ein "Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft". Bund und Land stellen dafür Geld bereit.Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) kümmert sich nicht nur um Gräber in rund 100 Ländern, er hat sich auch Versöhnung und Friedensarbeit auf seine Fahnen geschrieben. Zum Beispiel durch internationale "Work-Camps", während denen jährlich rund 3000 Jugendliche einander bei der Arbeit an den Gräbern kennen lernen. Der Volksbund hat an allen Schulen Verbindungslehrer, unterhält Begegnungsstätten in Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Italien.Er berät außerdem die Friedhofsträger bei der Erhaltung und Instandsetzung der Gräber, seit dem Mauerfall auch in den neuen Bundesländern. In rund 1000 Städten und Kirchengemeinden ist der VDK bisher dort unterstützend tätig. "Die Zeit drängt", sagt Günter Jakobs, VDK-Bezirksgeschäftsführer in Trier. "Es gilt eine große Aufgabe zu lösen. Die Zeitzeugen sterben weg." Noch immer werden Menschen vermisst. Allein in Deutschland sind es 1,4 Millionen. Viele liegen in Sammelgräbern: "Bis heute versucht man, soweit das möglich ist, noch Tote zu identifizieren", sagt Raimund Schneider von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, dem Träger der Gräberpflege. Für Schneider ist das mehr als eine rein bürokratische Aufgabe: "Für uns ist es wichtig, die Gräberfürsorge ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Frieden ist nicht selbstverständlich."Der Frieden, der für uns seit fast sechs Jahrzehnten den Normalzustand darstellt: "Aber 50, 60 Jahre ohne Krieg - das ist im Grunde keine Zeitspanne." Schneider erinnert an den Balkan, an den 11. September 2001, an Afghanistan, an den Irak.Schicksale statt nackter Zahlen

Am morgigen Volkstrauertag soll der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht werden - nicht nur in Daleiden, hoch über dem friedlichen Irsental an der Grenze zu Luxemburg.Rund 800 Kriegsgräberstätten, vom Einzelgrab bis zum großen Friedhof, gibt es in Rheinland-Pfalz, etwa 150 in der Region Trier. An vielen dieser Orte werden am Sonntag Reden gehalten, Lieder gesungen, Fahnen präsentiert und Kränze nieder gelegt.Raimund Schneider erzählt von zwei Gräberfeldern in Platten: "Zwei Drittel der Toten dort sind Kommunionkinder, die zusammen mit ihrem Pastor bei einem Bombenangriff ums Leben kamen." Auch sie liegen in Kriegsgräbern, die nach wie vor gepflegt werden. "Das ist etwas anderes als Geschichte in nackten Zahlen", sagt Schneider. "Wenn man es an diesen Schicksalen festmachen kann."Die Gedenkfeier in Daleiden beginnt um 11 Uhr. Zum Volkstrauertag berichtet SWR 4 am Sonntag vom dortigen Ehrenfriedhof, zu empfangen auf der UKW-Frequenz 93,6. Die Sendung beginnt um 12.05 Uhr und dauert bis 13 Uhr.

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