Der Laden - das Herz des Dorfes

Klausen · Deutschlandweit gibt es in mehr als der Hälfte der Dörfer keine Läden mehr. In der Region wird seit einigen Jahren versucht, wieder mehr Läden ins Leben zu rufen. In Klausen haben sich deswegen gestern Experten getroffen.

 In dem Dorfladen in Klausen verkauft Angelika Meyer an Kunden aus jeder Altersgruppe. TV-Foto: Patricia Prechtel

In dem Dorfladen in Klausen verkauft Angelika Meyer an Kunden aus jeder Altersgruppe. TV-Foto: Patricia Prechtel

Foto: (m_wil )

Klausen "Der Laden ist der Dorfmittelpunkt schlechthin." Das sagt Alois Meyer, Bürgermeister von Klausen. Er weiß, dass der Dorfladen im Zentrum Klausens eine der wichtigsten Einrichtungen in der Gemeinde ist. So ein Treffpunkt bedeute "Lebensqualität im Dorf".
Bei der gestrigen Tagung zum Thema Dorfläden - Chance für unser Dorf, bei der sich Interessierte über das Konzept Dorfladen informieren konnten, ging es genau um dieses Thema. Was bedeutet ein Dorfladen für den Ort? Wie kann man so ein Projekt angehen? Was muss man beachten? Neben Experten aus der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Verwaltung sprach auch Staatssekretär Günter Kern.

Den Dorfladen in Klausen bezeichnete er als eine Anregung für andere: "Mit großem Engagement kann man Entwicklungen im Ort vorantreiben." Das sei notwendig, da im ländlichen Bereich eine Entvölkerung stattfände. "Es müssen daher viele Angebote gemacht werden, damit die Menschen da bleiben." Dorfläden seien wichtig, da sie ein Ort der Kommunikation seien. Der Austausch untereinander werde teilweise in der Gesellschaft vernachlässigt, beim Einkaufen sei es aber noch möglich. Denn "beim Einkaufen haben die Menschen Zeit und die Möglichkeit, Gespräche zu führen".

Die Tagung soll aufzeigen, wie wichtig es ist, diese Dinge anzugehen und Angebote zu schaffen. Aber vor allen Dingen auch wie man Projekte angehen kann oder auch die "wirtschaftliche Frage" zu stellen und die Bevölkerung zu sensibilisieren. Zwar könne die Politik viel tun, aber auch die Bevölkerung müsse mitmachen.

Einer der Vortragenden war Gerhard Henkel. Der Humangeograf beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Dörfern. In seiner Forschung fand er unter anderem heraus, dass es in mehr als der Hälfte der deutschen Dörfer keine Läden mehr gibt. Seit 20 Jahren gebe es Wiederbelebungsversuche, wie auch das Projekt M.Punkt RLP, das seit 2011 existiert und Dorfläden unterstützt. In Klausen funktioniert das Projekt Dorfladen.

Das Geschäft hat ein erfolgreiches Konzept, es wurde im Januar sogar als Dorfladen des Jahres ausgezeichnet. Bis dahin war es aber ein langer Weg, es wurde viel an Konzept und Aufbau gearbeitet. Orientierung an anderen Läden war kaum möglich, sagt Meyer. "Wir sind blauäugig in das Projekt gestartet", erzählt er. "Es gab nicht viele Dorfläden, an denen man sich orientieren konnte." Genau das würde er Gemeinden, die sich für einen Dorfladen interessieren, aber raten: "Am besten ist es, sich vor Ort zu informieren." Überstürzen sollte man nichts, sondern sich informieren und genau überlegen, ob sich das Projekt auch langfristig tragen kann. "Man sollte sich fragen: Ist es machbar? Gibt es in unserem Ort genug Zustimmung, dass die Idee unterstützt wird?" Denn genau darauf komme es an, sagt er: Die Menschen im Ort und auch die Vereine müssen den Laden unterstützen.

Im Dorfladen in Klausen ist der Zuspruch groß. Autofahrer halten vor dem Geschäft, gehen kurz in den Laden und kaufen schnell etwas ein. Manche bringen Pakete zum Wegschicken vorbei, andere stöbern in Ruhe in den Regalen. Die Atmosphäre ist urig und friedlich.

Ist ein Dorfladen noch modern? Der Laden ist mittlerweile Dorfmittelpunkt und auch Treffpunkt für alle Generationen, sagt Meyer. Alle Altersgruppen seien vertreten. "Ältere Leute kommen und kaufen ein, aber auch die Kleinsten gehen erst, wenn der Euro vom Taschengeld ausgegeben ist."

Das Dorfladenberatungsprojekt M.Punkt RLP bietet Beratungs-und Hilfeleistungen für Kommunen an, die sich dafür interessieren, einen Dorfladen zu eröffnen. Volker Bullita ist Projektleiter bei M.Punkt RLP und hat festgestellt, dass die Analyse bei fast der Hälfte der Projekte damit endet, dass den Protagonisten davon abgeraten wird, das Projekt umzusetzen. "Das ist zwar schade, aber es wäre schlimmer, das Projekt anzufangen und dann aufgeben zu müssen." 33 Dorfläden wurden eröffnet und sind bis heute in Betrieb.Extra: MARKUS GIETZEN (BERATER BEI M.PUNKT RLP)


Gibt es denn Voraussetzungen wie die Mindestgröße eines Dorfes? Gietzen: "Es braucht keine Mindestgröße in dem Sinne. Allerdings sollte man sich vorher genau überlegen, ob das Konzept tragbar ist. Wenn ein Dorfladen nur über die Einwohner getragen werden muss, es also keine Schnellstraße durch den Ort gibt, oder auch keine Touristen in den Ort kommen, dann wird es schwierig, wenn nicht viele Menschen dort wohnen. Aber wenn auch andere Zielgruppen angesprochen werden können, dann können Dorfläden auch in kleineren Gemeinden funktionieren.

Eben weil der Umsatz auch von außen kommt. Generell kommt es aber immer auf das Dorf an und wie dort das Dorfleben und der Zusammenhalt ist. Man muss einfach schauen, ob die Voraussetzungen stimmen." Wie läuft die Planung ab, bevor es zur Umsetzung des Dorfladenprojektes kommt? Gietzen: "Bis zu der Umsetzung eines Dorfladens ist es ein langer Weg mit vielen Hürden und Beratungen. Beraten lassen kann sich jede Gemeinde, wenn wir denken, dass es grundsätzlich Sinn macht. Dann haben wir erste Gespräche und schauen uns die Situation vor Ort an. Wir überprüfen, ob das Vorhaben umgesetzt werden kann und wie die Aussichten auf Erfolg sind.

Ob sich der Dorfladen tragen kann, wird dann im längeren Prozess geprüft. Meistens dauert es etwa ein halbes Jahr, bis entschieden wird, ob es sich lohnt das Projekt weiterzuverfolgen oder nicht. Bis zur Umsetzung kann es zwischen einem, drei oder auch vier Jahren dauern." Was sind wichtige Punkte, damit ein Dorfladen funktionieren kann? Gietzen: "Ganz wichtig ist das Thema Regionalität.

Ein Dorfladen kann und sollte sich nicht preislich mit anderen Anbietern messen. Aber er sollte sich qualitätsbewusst aufstellen, also qualitativ hochwertige Produkte anbieten, regionale Produkte anbieten und sollte auch noch andere Funktionen erfüllen. Das Thema Kommunikation ist in ganz vielen Gemeinden wichtig, weil kein Treffpunkt mehr dort ist. Man sollte die Leute in einem Dorfladen auch mit anderen Sachen anziehen, als nur mit Produkten. Zum Beispiel sind Dienstleistungen ein wichtiger Punkt."

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