"Der hatte zu wenig Zielwasser getrunken!"

Idenheim · Die Gewehrkugel sollte ein Wildschwein treffen, das über einen Acker bei Idenheim rannte. Doch das Geschoss schlug in die Werkstatthalle eines Bauernhofes ein, in der gerade ein Landwirt seine Futtermaschine reparierte. Auf die Entschuldigung des Jägers musste der Geschädigte lange warten.

Idenheim. "Das hat laut geknallt. Der Beton ist von den Wänden geplatzt", so erinnert sich Landwirt Thomas Neises aus Idenheim an einen Samstagnachmittag Ende November. Als er in der Werkstatthalle seines Bauernhofes die Futtermaschine reparierte, schepperte es plötzlich. Neises: "Eine Gewehrkugel ist in die Halle eingeschlagen. Das Projektil haben wir aber nicht finden können, weil die Halle so groß ist."
Das Einschussloch in einer Plexiglasscheibe in der Werkstattwand stamme aber ohne Zweifel von einer Gewehrkugel, sagt der 43-jährige Landwirt. "Nur wenige Minuten zuvor habe ich vor dem Fenster genau in der Höhe, in der die Kugel einschlug, auf dem Futterwagen gearbeitet. Ich habe ein Lager an der Maschine ausgetauscht."
Späte Entschuldigung


Auch der Seniorchef Alois Neises hat den Schuss gehört. Er marschierte zu diesem Zeitpunkt über den Hof, als sein Sohn ihm zugerufen habe: "Sind die denn verrückt geworden. Jetzt schießen die hier in die Werkstatt." Die Landwirte wussten direkt, von wo der Schuss abgefeuert worden war.
Denn im Wald und auf den Feldern neben dem Bauernhof lauerten mehr als 30 Waidmänner, die an einer Treibjagd teilnahmen, auf der nur zwei Wildschweine und ein Fuchs - zum Glück kein Idenheimer Landwirt - niedergestreckt wurden.
Obwohl ihn der Querschläger beinahe in Lebensgefahr gebracht hat, musste Neises 15 Tage auf die Entschuldigung des Schützen, dessen 9,3-Millimeter-Kugel sich in seine Werkstatt verirrt haben soll, warten. "Anstatt nach der Jagd mal vorbeizukommen, um sich zu entschuldigen", sagt Neises, habe er dem Schützen zur Regulierung des Sachschadens buchstäblich hinterherlaufen müssen.
"Er hat sich über zwei Wochen nicht gemeldet. Ich habe mehrmals versucht, ihn telefonisch zu erreichen." Dabei hatten die Landwirte die Jäger, von denen einer in der Nähe des Hofes seinen Ansitz hielt, sofort über den Querschläger informiert. "Aber der Schütze hatte nicht genug Arsch in der Hose, um sich zu entschuldigen. Obwohl sonst was hätte passieren können", sagt der Landwirt.
Auch beim Jagdessen am Abend, bei dem die übrigen Teilnehmer der Treibjagd zusammenkamen, ließ sich der mutmaßliche Schütze nicht blicken. Erst 15 Tage nach seinem Fehlschuss meldete er sich telefonisch bei dem Geschädigten. Neises: "Ich glaube, er hat das etwas auf die leichte Schulter genommen." Der TV hat den Jungjäger angerufen.

Das sagt der Jäger: "Das war keine Absicht", sagt der 18-Jährige. "Da sind uns Wildschweine durchgegangen. Die Kugel ist vermutlich von einem Stein abgeprallt und dann in eine andere Richtung geflogen." Er habe nicht in Richtung der Siedlung geschossen. "Das geht gegen die Sicherheitsvorkehrungen. In meiner Schussbahn lag nur gewachsener Boden." Er habe sich erst so spät bei dem Landwirt entschuldigen können, sagt der Jäger, da er keine Telefonnummer von dem Geschädigten gehabt habe.

Die Reaktion: "Das glaube, wer will. Er wusste ja außerdem, wo wir wohnen", sagt der Landwirt, "aber zum Glück ist ja alles glimpflich ausgegangen." Immerhin habe er jetzt die Anschrift der Jäger-Haftpflichtversicherung erhalten, an die er die Rechnung für die zertrümmerte Plexiglasscheibe, die ein paar Hundert Euro kosten soll, schicken könne. Auch der Senior sieht die Sache mittlerweile etwas gelassener. "Der hatte einfach zu wenig Zielwasser getrunken. Der Keiler war tischhoch und lief ganz gemütlich durch die Jägerkette durch. Er ist sogar zweimal stehen geblieben. Sieben oder acht Schüsse haben die auf den abgefeuert. Keiner hat getroffen. Dann hat sich der Keiler in den Wald gerettet." Da sich der Jäger in der Zwischenzeit entschuldigt und gemeldet habe, sagt Thomas Neises, werde er auf eine Anzeige bei der Polizei verzichten.

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