Der lange Schatten der Abgeordneten

PRÜM. Mit dem anstehenden Rückzug von Amtsinhaber Hansgerd Haas (FWG) und der vom TV enthüllten Kandidatur Mathilde Weinandys (CDU) hat die Diskussion um die Stadtbürgermeister-Wahl in Prüm neue Dynamik bekommen.

Hansgerd Haas, bei der Urwahl 1999 mit großem Vorsprung zum Stadtbürgermeister gewählt, hat sich entschieden. Und damit eine Kettenreaktion ausgelöst. Denn wäre er erneut angetreten, hätten sich alle anderen Fraktionen warm anziehen müssen. Nicht nur ein fetter Amtsbonus, sondern auch seine Persönlichkeit hätten den Listenführer wohl zum Favoriten gemacht. Zumal der Einsatz der CDU-Wahlkönigin Mathilde Weinandy gegen ihren guten Freund Hansgerd zumindest fraglich gewesen wäre. Bitburg-Syndrom auch in Prüm?

Hätte, wäre: Diese Konjunktive sind passé. Die Parteien und Wählergruppen können planen. Doch diese Planung ist keineswegs einfach, denn die angesehene Multifunktionärin Weinandy wirft einen langen Schatten. Die CDU-Gemeindeverbandsvorsitzende ist seit 1975 Parteimitglied und seit 1996 Abgeordnete im Mainzer Landtag. Die 53-Jährige sitzt in allen kommunalen Gremien: Stadtrat (Erste Beigeordnete), Verbandsgemeinderat, Kreistag. Daneben führt sie den Landfrauenverband Prüm und ist Mitglied im Landes- sowie Bundesvorstand der katholischen Laienorganisation Donum vitae. "Wer sollte eine echte Chance gegen sie haben?", fragt ein führender Vertreter aus einem anderen politischen Lager. "Weinandy wird's", stellt ein Ratsmitglied nüchtern fest. FWG und SPD suchen ohnehin händeringend nach einem eigenen Kandidaten. Denn welcher Berufstätige wäre bereit, das aufwändige Ehrenamt für eine Aufwandsentschädigung von 1671 Euro zu übernehmen? Und wer traut sich das Kräftemessen mit Weinandy zu? Es droht eine Art Vorab-Resignation, ähnlich wie in Bitburg. Dort herrscht die allgemeine Verunsicherung. Es wird schwierig, einen Gegenkandidaten für den (hauptamtlichen) Bürgermeister Joachim Streit (FWG) zu finden. Bei der bundesweiten Ausschreibung wurde vorsichtshalber nicht erwähnt, dass Streit zur Wahl im Juni 2004 noch einmal antritt. Ohne Gegenkandidat blieb Aloysius Söhngen (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm, bei seiner Wiederwahl 2001. Im Vorfeld hatten ihm alle Fraktionen eine gute Arbeit bescheinigt. Vor diesem Hintergrund und der nüchternen Chancenbewertung für einen möglichen Herausforderer verzichteten SPD, FWG und UWG auf eigene Kandidaten. Söhngen heimste daraufhin satte 84,3 Prozent der Stimmen ein. Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Rat

Der Prümer Verwaltungschef beobachtet die Sondierungen zur Stadtbürgermeister-Wahl 2004 ganz genau. Mit Parteifreund Christian Krahwinkel kam er von 1991 bis 1999 prima zurecht. Auch die parteiübergreifende Ehe mit Hansgerd Haas verläuft harmonisch. Mit Weinandy stünde sogar wieder eine Parteifreundin an seiner Seite: Was könnte er sich Besseres wünschen? Für die anderen Parteien geht es aber nicht nur darum, diesen rein schwarzen Machtblock zu verhindern. "Durch die Urwahl des Stadtbürgermeisters hat sich das Hauptinteresse des Wählers verlagert, weg von der Liste, hin zu den Spitzenkandidaten", sagt Walter Braus, Vorsitzender der Prümer Bürgerbewegung. Dieser Personalisierung müssten die Parteien Rechnung tragen. Soll heißen: Stellt eine Partei keinen Stadtbürgermeister-Kandidaten, droht das negativ auf das Listen-Ergebnis und damit die Sitzverteilung im Rat durchzuschlagen. Deshalb wird die Kandidatensuche über Weihnachten intensiviert - schon in einem halben Jahr wird gewählt.

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