Dick im Holsthumer Hopfengeschäft

Holsthum · Ist Andreas Dick überhaupt ein Hopfenbauer oder doch nur ein Schauspieler? Seit er im neuen Werbespot der Brauerei zu sehen ist, zweifeln einige Bierfans. Bei einem Besuch zur Ernte in Holsthum haben wir ihm auf den Zahl gefühlt.

Dick im Holsthumer Hopfengeschäft
Foto: Christian Altmayer

Behutsam streicht der Mann die Blätter zur Seite. Er steht in einer Allee inmitten acht Meter hoher Hopfenstangen. Vereinzelte Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch das Grün. Mit einer Hand greift der Bauer in den Hopfen und pflückt eine Dolde. Er bricht sie entzwei, zerreibt das gelbe Innere der Frucht.

Wer ist dieser Mittvierziger im karierten Hemd? Ach komm, dieser Zweitagebart, dieses Westchen… So sieht doch kein Hopfenbauer aus! Der Typ ist sicher ein Schauspieler. Die Brauerei will uns für dumm verkaufen! Wahrscheinlich gibt es in Holsthum nicht mal Hopfen!

Das hat sich so mancher gedacht, der den neuen Werbespot der Bitburger Brauerei gesehen hat. Einiger dieser Zweifler haben Andreas Dick sogar bei Facebook geschrieben: "Die haben nicht geglaubt, dass ich existiere", sagt der 43-Jährige.Er habe ihnen geantwortet, sie sollen doch einfach mal vorbeikommen auf seinem Hof.

Das haben wir auch getan. Und wir versichern: Es gibt ihn wirklich, den Holsthumer Hopfenbauer. Er hat vor uns gestanden, im karierten Hemd mit Zweitagebart und diesem braunen Westchen. Wir haben ihm die Hand geschüttelt: fester Griff! Und er hat uns auch seine Felder gezeigt.

Ein Zitrusduft liegt in der Luft. Es riecht so, wie manches Bier schmeckt. Die Hopfenallee sieht genauso aus, wie wir sie aus dem Videoclip kennen: die meterhohen Stangen, die glänzenden Dolden. Dick pflückt eine - wie in der Werbung. Er reibt sie zwischen den Fingern. "Wenn sie rascheln, sind sie reif", sagt er. Sie rascheln. Denn es ist Herbst, es ist Erntezeit.

Diese vier Wochen im September seien am härtesten, sagt der 43-Jährige, da arbeite jeder am Limit: "Geschlafen wird im Winter." 22 Hektar bewirtschaften sich schließlich nicht von allein. Der Bauer und seine Mitarbeiter fahren mit Traktoren durchs Feld. Ranken werden an Drahtseilen in die Maschine befördert. Wenn der Trekker voll ist, wird der Grünschnitt zum Hof gekarrt. Das Gute: Der liegt nur ein paar Minuten entfernt. Über Fließbänder werden die Pflanzen dann gereinigt, die Dolden von Halmen und Blättern befreit. So trennt sich dann quasi die Spreu vom, äh, Hopfen. Der muss dann noch eine Weile trocknen, bis er in den Sack kommt. Ein Hilfsbeamter der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion klebt noch das Siegel drauf. Fertig!

Ohne Siegel könnte Dick seinen Hopfen übrigens nicht verkaufen. Laut EU-Gesetz dürfen nämlich nur Dolden aus bestimmten Anbaugebieten vermarktet werden. Es ist eine Quote, die - im wahrsten Sinne des Wortes - Wildwuchs verhindern soll. Die einzige rheinland-pfälzische Siegelfläche liegt in Holsthum. Wie kann es sein, dass der Eifeler der Einzige ist, der so dick im Hopfengeschäft ist?

Wer in den Anbau einsteigen wolle, müsse Millionen investieren, meint Dick - in die Drahtseilgerüste auf den Feldern, in die Maschinen, die Fließbänder, und so weiter. Und es braucht drei Jahre, bis die Dolden - na, wer hat aufgepasst? - rascheln, also reif für die Ernte sind. Die Bauern gehen also ordentlich in Vorkasse, bevor an Verkauf überhaupt zu denken ist. Wüsste ein Schauspieler darüber Bescheid?

Dicks Glück sei gewesen, dass er den Betrieb seines Vaters übernehmen konnte. "Der hat lange durchgehalten", sagt er, seit 1965 nämlich. Damals übernahm der junge und jetzt alte Dick den Betrieb von einem anderen Holsthumer. Und seit genau 40 Jahren arbeitet er mit der Bitburger Brauerei zusammen.

Da braucht der Junior nicht nachzurechnen, denn erst kürzlich hat der Senior zu diesem Jubiläum die goldene Ehrennadel bekommen. Das ist die höchste Auszeichnung in der Landwirtschaft und somit auch ein Grund zum Feiern. Das Fest ist leider schon vorbei. Das war im August. Aber das ist eine andere Geschichte.

Auch heute landet der Eifeler Hopfen ausschließlich im Eifeler Pils. Hier wird also Heimat in Stubbis geboten. Die Bitburger importieren zwar auch Pflanzen, zum Beispiel aus der bayerischen Hallertau, wo die meisten Hopfenfelder liegen. Aber der Holsthumer weiß: "In jeder Flasche ist ein bisschen von meiner Ernte drin." Wie viel genau, will er nicht verraten: "Betriebsgeheimnis". Aber Hopfen ist ja eher ein feines Gewürz.

Nur zwei bis drei Dolden braucht es für ein Pils. Das macht dann etwa 200 Gramm von der Pflanze auf 100 Liter Bier. Eine Ernte von 900 Zentnern, die Dick in diesem Jahr eingefahren hat, reicht dann nach Adam Riese, summa summarum, wenn man alles zusammennimmt - naja jedenfalls für eine ganze Menge Bier. Aber das hänge ja auch von der Alphasäure ab.

Achso, ja, klar, die Alphasäure. Können Sie das noch mal erklären, Herr Dick? Das ist jetzt der Test. Jetzt muss er beweisen, dass er sich auskennt. "Die Alphasäure, auch Humulon genannt, ist die gelbe Substanz im Inneren der Dolde", erklärt der gelernte Bierbrauer. Die Säure sorge für das Aroma, den bitteren Geschmack im Pils. Da hat er noch mal Glück gehabt!

Im Schnitt enthalten seine Dolden übrigens 30 Prozent mehr Humulon als jene aus der Hallertau. Das heißt, so sagt er: "Mit unserem Hopfen kann man 30 Prozent mehr Bier brauen!" Na dann Prost!

TIPPS VOM KENNER

Andreas Dick ist nicht nur Hopfenbauer, er ist auch Biersommeliér. Ja, diesen Beruf gibt es tatsächlich. Und was macht der so?

So ein Feinschmecker gibt deutschlandweit Seminare und empfiehlt bestimmte Gebräue zu bestimmten Speisen. Passt ein Stout besser zu einem Käse, oder ein Porter? Wie schmeckt Hopfen in Schokolade, oder in Soßen? Über solche Themen kann Dick stundenlang referieren.

Gibt es denn auch einfache Tipps für zu Hause? Aber sicher doch. Man lege zwei oder drei Hopfendolden ins Glas und schütte es dann voll mit Pils. Das Aroma schlägt sich dann auf das Bier durch. Und wie schmeckt das? "Lecker", findet auch der Tester

Noch mehr Tipps und Infos gibt es hier .

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