"Die Couch hatte böse Gedanken"

Bitburg/Trier · Wegen schwerer Brandstiftung muss sich ein 29-jähriger Bitburger seit gestern vor dem Trierer Landgericht verantworten. Er soll eine Zigarette auf seiner Couch ausgedrückt haben, woraufhin das Möbelstück Feuer fing. Das Gericht prüft nun, ob der Angeklagte überhaupt schuldfähig ist.

Bitburg/Trier. "Er war komisch. Er hat sich nicht bewegt und sich am Türrahmen festgehalten, obwohl direkt hinter ihm die Wohnung in Flammen stand", sagt ein Feuerwehrmann aus Bitburg-Mötsch kopfschüttelnd.
Er ist ein wichtiger Zeuge im Prozess gegen einen 29-jährigen Bitburger, der sich gestern wegen schwerer Brandstiftung vor dem Trierer Landgericht verantworten musste.
Der Angeklagte schüttelt den Kopf. Daran könne er sich nicht erinnern. Ein Indiz, dass der Mann schuldunfähig ist? Denn das will das Gericht im Prozess herausfinden.
Fakt ist: Der 29-Jährige leidet seit 2002 an einer paranoiden Schizophrenie. Das bestätigen die ihn behandelnden Ärzte. Damit einhergehend leidet er an Halluzinationen sowie großen Stimmungsschwankungen und neigt zu Gewaltbereitschaft.
Weil er laut Gericht für die Allgemeinheit gefährlich ist, ist der Bitburger bereits seit September 2013 in der Klinik Nette-Gut für forensische Psychiatrie in Andernach untergebracht. Dort sei er in einem verwirrten Zustand eingeliefert worden, heißt es während der Verhandlung.
Gefahr für sich selbst


Er habe sogar einen Raum unter Wasser gesetzt und die Wände mit Kot beschmiert. Weil er eine Gefahr für sich selbst gewesen sei, habe man ihn fixieren müssen, erzählt der behandelnde Arzt. Doch nach ein paar Tagen und der Einnahme von Medikamenten habe der Angeklagte sich positiv entwickelt. Seitdem sei er freundlich, kooperativ und sehr stabil. Trotzdem soll der Angeklagte im September 2013 einen schweren Brand in Bitburg verursacht haben.
Und so soll sich das Ganze abgespielt haben: Als die Feuerwehr den Einsatzort erreichte, schlugen die Flammen bereits aus den Fenstern des 25-Parteien-Hauses. Eine Zigarette habe der Mann auf seiner Couch ausgedrückt. Laut Anklageschrift habe der Mann zugeschaut, wie das Feuer sich entfachte und schließlich auf die gesamte Wohnung übergriff. Dabei habe er weder die 27 Bewohner noch die Feuerwehr alarmiert.
Eine Mieterin habe das Feuer bemerkt und die anderen Menschen im Haus gewarnt, die sich alle retten konnten. Ein Taxifahrer soll die Feuerwehr gerufen haben, heißt es weiter. Eine Frau erlitt eine leichte Rauchvergiftung. Insgesamt entstand ein Schaden von rund 105 000 Euro.
Situation falsch eingeschätzt


So sei das nicht gewesen, sagt der Angeklagte. Am Tag des Brandes habe er die fristlose Kündigung seines Vermieters im Briefkasten gehabt, dazu habe er Streit mit seinem Vater gehabt und sei sowieso krankheitsbedingt nicht gut dran gewesen. Er sagt: "Als das Feuer auf die Papiere auf meiner Couch übergriff, habe ich alles weggenommen, was brennen konnte." Danach habe nichts mehr geglimmt. "Dann habe ich mich zum Schlafen ins Bett gelegt." Später sei er aufgeschreckt, weil er seine Pflanzen retten wollte, habe aber die Situation völlig falsch eingeschätzt. "Ich dachte, die Couch brennt einfach ab. Ich dachte, durch die dicken Wände kann sich das Feuer nicht weiter ausbreiten." Um die Couch tut es dem Angeklagten nicht leid. Er sagt: "Die Couch hatte viele böse Gedanken."
Schuldunfähigkeit prüfen


Das alles hört sich irgendwie absurd an, zeigt aber, dass es Hinweise auf die von der Anklage vermutete Schuldunfähigkeit gibt. Im Juli 2013 war der Mann schon einmal wegen Ruhestörung festgenommen worden.
"Man wusste, das wird gefährlich, das hat schon sein Blick gezeigt", sagt ein Beamter. Aggressiv sei der Angeklagte gewesen, habe mehrere Polizisten verletzt und wirr geredet. "Er sagte, er sei Gott und schwebe in anderen Sphären", sagt der Zeuge.
Das Gericht prüft nun, ob der Angeklagte schuldunfähig ist, hört Zeugen und lässt ein psychiatrisches Gutachten erstellen. Der nächste Verhandlungstermin ist am Donnerstag, 3. April, um 9 Uhr.

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