Die Entdeckung der Langsamkeit

DUDELDORF/HAMM. Kultur für alle Sinne in historischer Kulisse: Burg Dudeldorf und Schloss Hamm starten Mitte Mai ihr Begleitprogramm zur Trierer Landesgartenschau. Skulpturen aus Fundstücken zieren bereits beide Gärten - Treibholz auf dem Schloss und Schrott auf der Burg.

Am Ufer der Prüm hat Martin Butterweck nach Schwemmgut für seine beiden Skulpturen gesucht, die zur Landesgartenschau auf Schloss Hamm ausgestellt werden (Eröffnung 20. Mai). Seit Jahren arbeitet der Kölner Künstler mit Schwemmgut: "Mich fasziniert, wo die Dinge herkommen, was ihre Geschichte ist." Mit einem Bollerwagen hat er jede Menge Treibholz den Schlossberg hoch gezogen. "Die Größe der Stücke war deshalb durch menschliches Maß begrenzt", erklärt Butterweck.Ein rostiges Vogelnest und blaue Steine

Entstanden sind zwei Konstruktionen aus ausgebleichten Ästen, die mit Tauen zusammengehalten werden und blau lackierten Steinen: "Wasserzeichen I. und II." Die Treibholz-Skulpturen stehen an markanten Stellen der im 14. Jahrhundert erbauten Wehranlage: am Fuß des Schlossgeländes bei einem Wasserkraftwerk an der Prüm und im Barock-Garten auf dem Bergsporn, der von der Prüm umflossen wird. Aus Fundstücken schweißt auch Odo Rumpf seine Skulpturen - Werke aus verrosteten Metall, das er auf still gelegten Industrieanlagen, in verwilderten Gärten oder auf Schrottplätzen sucht. "Die Fundstücke kombiniere ich wie ein Maler seine Farben", sagt der gelernte Maschinenbauer, der im vergangenen Jahr die Bühnendekoration für die mit 4000 Besucher mehrfach ausverkaufte "Ritter-Rost"-Produktion auf Burg Dudeldorf und Schloss Hamm gestaltet hat. Im Burggarten in Dudeldorf (Eröffnung am 15. Mai) hat Rumpf, der ebenfalls in Köln arbeitet, sieben seiner Blumen-Skulpturen aufgestellt - darunter auch die fünf Meter hohe fleischfressende Pflanze "Audrey", die ihren Mund aus riesigen Rost-Blütenblättern auf und zu bewegt. Die Skulpturen hat der Künstler 1995 gebaut - "als Hommage an die verwilderten Pflanzen eines Industriegeländes". Bei seinem drahtigen Vogelnest mit rund einem Meter Durchmesser, das Teil einer größeren Skulptur ist, hat Rumpf bewusst aufs Schweißen verzichtet. "Wie ein Vogel sein Nest aus Ästen und Federn baut", habe er die verwitterten Metallstücke und Drähte "verflochten". Die Schrott-Skulpturen sollen mit dem Garten verwachsen, wünscht sich Burgherrin Teneka Beckers. Rund um die Industrie-Kabeltrommeln, auf denen Rumpf seine Figuren montiert hat, sei bereits Bohnenkraut gepflanzt, das seine rostigen "Artgenossen" umwuchert, sagt die Kulturmanagerin. Ein "Lustgarten" soll in den alten Burgmauern entstehen. "Wie kommt man dazu, Dinge zu sehen, die man sonst nicht sieht?" - das sei eine zentrale Frage gewesen, die sie sich bei der Konzeption des Gartenschau-Programms gestellt habe. Ihre Antwort: "Entschleunigen" und Entspannen. Dazu soll ihr der Burggarten mit den "Ritter-rostigen" Blüten einladen und den Blick für die Schönheit der Landschaft öffnen. Gleiches wünscht sich ihre Kollegin von Schloss Hamm, Gräfin Eva von Westerholt, die derzeit den Brunnen in ihrem barocken Garten wieder in Schuss bringt. Die Eifel spielt auch beim Begleitprogramm (siehe Seite 10) der beiden Veranstalter eine wichtige Rolle: Kulinarische Leckerbissen aus der Region werden beispielsweise im Schloss wie auf der Burg serviert. "Warum in die Ferne schweifen?" haben sich Schloss- und Burgherrin gefragt und setzen auf die grüne Hügel-Landschaft, die ihre mittelalterlichen Gemäuer umgibt. Die Fundstück-Skulpturen sollen zu einer Auseinandersetzung mit der Natur anregen - die sich im Laufe der Zeit ebenso verändert wie die witterungsanfälligen Skulpturen. Seine "Wasserzeichen" sollen "an den Kreislauf von Werden und Vergehen" erinnern, sagt Butterweck. Und daran, "dass selbst der Mensch diesen Kreislauf nicht durchbrechen kann, so gerne er ihm auch entfliehen möchte". Ausführliches Programm, Seite 10

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