Die Kirche bleibt im Dorf

LÜNEBACH. Das war Maßarbeit: Experten der Bad Neuenahrer Kranfirma Floßdorf haben am Mittwoch die Spitze der Pfarrkirche von Lünebach entfernt. Das Bauwerk weist schwere Schäden auf und drohte einzustürzen.

Mittwoch, 29. September, 13.30 Uhr. Die Gebete von Pastor Karl Spangenberg haben geholfen. Experten des Autokran-Unternehmens Floßdorf in Bad Neuenahr haben soeben die rund zwölf Tonnen schwere Spitze des Lünebacher Kirchturms ebenso souverän und präzise wie mit einer scheinbar unglaublichen Leichtigkeit aus 35 Metern Höhe vom Sockel gehoben. Das marode Bauwerk stellt Kranfahrer Jörg Neuhaus bereits wenige Minuten später auf einem eigens dafür gefertigten Podest hinter dem Gotteshaus ab, wo es in den nächsten Wochen gründlich saniert wird. Trotz der kostspieligen wie spektakulären Aktion steht aber fest: Die Floßdorf-Leute lassen nicht nur die Kirche, sondern auch deren Turmspitze im Dorf. Mit Genugtuung hat derweil Pastor Karl Spangenberg das Gelingen der Arbeit zur Kenntnis genommen. "Ich bin froh, dass niemandem etwas passiert ist", stellt der Lünebacher Kirchenmann fest, der schon zu Beginn der Aktion bekannt hatte, ein spezielles Morgengebet gesprochen zu haben. Trotz aller Ernsthaftigkeit und fachlicher Raffinesse geht Floßdorf-Mitarbeiter Andreas Flegel bereits Stunden zuvor während der kniffligen Vorbereitung mit der Materie eher locker um: "So was machen wir öfter", auf die richtige Vorbereitung komme es an. Drei bis fünf Mal im Jahr habe die Firma solch einen Auftrag zu erledigen, von daher sei man in solchen Dingen geübt.Turm muss nach Sanierung wieder schief sein

Auch für Ingenieurin Pia Haun aus Trier sind diese Arbeiten nicht neu. "So etwas machen wir zwar nicht jeden Tag, aber doch ein paar Mal im Jahr." Was den Lünebacher Kirchturm angeht, verweist die Expertin indes nicht nur auf dessen Schieflage, die das Bauwerk bekannt gemacht hat. Tragende Holzkonstruktionen seien mit der Zeit faul und brüchig geworden, deshalb habe Einsturzgefahr bestanden. Also habe man handeln müssen. Auflage der Denkmalpflege: Nach der Sanierung muss der Turm wieder in Schieflage gebracht werden. Mit einem - mit Verlaub - ungläubigem Blick zum sich zuziehenden Himmel denkt Pastor Spangenberg derweil über die Finanzierung nach. 120 000 Euro seien veranschlagt, 60 Prozent davon übernehme das Bistum. Den Rest müsse die Kirchengemeinde über Spenden, Darlehen und Eigenmittel aufbringen. "Wir wollen sammeln, aber das hier ist ja nicht gerade ein attraktives Projekt", räumt der Theologe mit sorgenvoller Miene ein. Lünebachs Schulleiter Thomas Schuster schaut vorbei, um ein paar Bilder zu schießen. "Seine" Kinder rufen schon "Abheben, abheben". Martin Fuchsen aus Lierfeld erzählt, wie er nach dem Krieg zusammen mit Bruder und Vater, der ebenfalls Zimmermann war, die Kirche repariert hat. Doch trotz eines Granat-Einschlags: "Der Turm war schon vorher schief." Inzwischen ist es kurz nach 12 Uhr. Während die Arbeiter noch mit der Befestigung der Turmspitze beschäftigt sind, überkommt Pia Haun der Hunger. Von einem Baum im Pfarrgarten pflückt die Ingenieurin einen Apfel, was nicht nur sie, sondern auch Pastor Spangenberg an eine ganz bestimmte Bibelstelle erinnert. Aber: "Die Versuchung war tatsächlich groß. Aber der Apfel schmeckt und macht lustig", stellt Pia Haun schmunzelnd fest und zeigt auf einen Milan, der gerade die (noch) auf dem Turm thronende Spitze umkreist. Auch Architekt Richard Stoffel aus Holsthum wartet nun mit Spannung auf den erhebenden Moment. Dabei bekräftigt er, dass die Spitze selbst gar nicht so schadhaft sei; vielmehr müsse der Aufsatz dringend erneuert werden. Stoffel: "Ich hoffe jedenfalls, dass wir in drei bis vier Wochen fertig sind - allein schon wegen der Witterung", was der ebenfalls anwesende Rendantur-Chef Peter Philippe natürlich zustimmend zur Kenntnis nimmt. 13.30 Uhr, endlich sind die Vorbereitungen abgeschlossen. "Jetzt geht's los", ruft Kranfahrer Jörg Neuhaus noch. Und schon schickt sich der Spaßvogel an, seinen 200-Tonner wie in Zeitlupe in Bewegung zu setzen und die Lünebacher Kirchturmspitze scheinbar federleicht auf dem Boden der Tatsachen abzustellen. Mit ein paar Sorgenfalten weniger macht sich jetzt Pastor Spangenberg daran, die Spitze aus der Nähe zu betrachten, während Floßdorf-Mann Andreas Flegel kurz und knapp kommentiert: "Das war gut." In der Tat, das war wirklich gut! Spenden zugunsten der Lünebacher Kirchturmsanierung sind möglich auf Konto-Nummer 500 146 79 bei der Kreissparkasse Bitburg-Prüm, Bankleitzahl 586 500 30.

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