Die Milch macht's

LEIDENBORN. (ako) Elf Mal im Jahr wird direkt beim Melken die Milch jeder Kuh vom neutralen Landeskontrollverband (LKV) Rheinland-Pfalz in Bad Kreuznach auf ihre Nährwerte untersucht. Die Kontrollen sind freiwillig, aber fast alle Milchviehhalter machen mit.

 Obermilchleistungsprüfer Johann Becker vom Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz bei der Arbeit.Foto: Angelika Koch

Obermilchleistungsprüfer Johann Becker vom Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz bei der Arbeit.Foto: Angelika Koch

Johann Becker gönnt sich einen Schluck kuhwarme Milch, die kaum eine Minute zuvor noch das pralle Euter einer von Hermann Schwalens Kühen füllte. "Ich habe volles Vertrauen in die hiesige Landwirtschaft", erklärt der hauptberufliche Ober-Milchleistungsprüfer des LKV seine Begeisterung für das naturbelassene Getränk. Normale Verbraucher kommen seit Mitte der 50er Jahre nie in den Genuss unkontrollierter Milch, denn "Milch ist das meist untersuchte Lebensmittel, da gibt es keine Skandale". Becker kommt elf Mal im Jahr zu den Bauernhöfen, die Milch produzieren und ist dennoch ein Überraschungsgast: "Wir wissen erst morgens, wann der Prüfer zu uns kommt", schildert Schwalen eine wesentliche Rahmenbedingung der Kontrolle. So sind beschönigende Maßnahmen ausgeschlossen. Zwölf Kühe können auf dem Hof Schwalen gleichzeitig gemolken werden. Die gesamte Prozedur dauert bei einem Bestand von achtzig Milch gebenden Tieren zwei Mal anderthalb Stunden pro Tag. Während die Melkmaschine rhythmisch klappert - Melken ist keine leise Angelegenheit - und zuvor jede einzelne Zitze sorgfältig gesäubert und gepflegt wird, zieht Becker Proben in Glasröhrchen: Die Milchleistung in Kilo, die Fett- und Eiweißprozente, der Harnstoff in Milligramm pro Liter, der Laktosegehalt, die fettfreie Trockenmasse und der Zellgehalt der Milch wird für jede Kuh einzeln geprüft.Entzündungen erkennen Milchleistung optimieren

Dafür zahlen die Landwirte 1,40 Euro pro Kuh und Probe - freiwillig und bei 90 Prozent der Milcherzeuger, denn für die Bauern selbst macht die Kontrolle betriebswirtschaftlich Sinn. "So können wir anhand des Zellgehalts sehen, ob eine Kuh eine Entzündung mit sich schleppt oder nicht. Wir können die Zusammenstellung des Futters optimieren und die Milchleistung jeder Kuh erkennen, was wiederum für die Zucht wichtig ist. Außerdem ist mit den Kontrolldaten die Prävention von Krankheiten leichter", fasst Schwalen die Vorteile der Prüfungen zusammen, die darüber hinaus dem Verbraucher Sicherheit geben. Zusätzlich kontrolliert der LKV stichprobenartig auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, "aber die haben noch nie was gefunden." Die Molkereien wie die Milch Union Hocheifel (MUH) untersuchen die angelieferten Tankinhalte noch einmal, um herauszufinden, "welcher Hof die S-Klasse mit den strengsten Maßstäben und entsprechenden Preisen bekommt." Die Kaffeesahne von "Bärenmarke" etwa wird nur zum Teil aus der Alpenmilch gewonnen - das meiste stammt von glücklichen Kühen aus der Eifel. Derzeit kassieren die Landwirte 30 Cent pro Liter als Grundpreis im Sommer, dafür muss die Milch 3,7 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß liefern, wobei der Eiweißgehalt besser honoriert wird. Dabei ist die Milchproduktion ein kompliziertes Jonglieren mit Lieferrechten - mehr Milch ergibt nicht automatisch mehr Geld, denn wer die Quoten des EU-Rechtes überschreitet, muss Strafe zahlen. Ein Ausweg: der Aufkauf von Lieferrechten anderer Höfe. Im Sommer ist die Gefahr der Überschreitung geringer: Bei der Hitze geben die Kühe bis zu 20 Prozent weniger ihres nährstoffreichen Lebensmittels.

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