Die Pater und ihr brennend heißer Eifel-Sand

Bitburg · Freddy Quinn gehört dazu. Brennend heißer Wüstensand muss drei-, viermal geschmettert werden, sonst war es kein schöner Abend. Und schön ist es, wenn Bitburgs Pater auftreten, immer. Dafür ist die unheilige Bruderschaft, die am Samstag wieder drei verdiente Bürger zu echten Beberiger Jungen tauft, bekannt - um nicht zu sagen gefürchtet. Am Samstag ist es wieder so weit.

 Die drei mit dem Gefühl für die Eifeler Prise: Karli Bosse, Lothar Weis und Hans-Josef Eppers rühren das Taufwasser nach Geheimrezeptur an. TV-Foto: Dagmar Schommer

Die drei mit dem Gefühl für die Eifeler Prise: Karli Bosse, Lothar Weis und Hans-Josef Eppers rühren das Taufwasser nach Geheimrezeptur an. TV-Foto: Dagmar Schommer

Foto: (e_bit )

Bitburg. Allein die Herstellung des Taufwassers ist ein Spektakel. Allerdings eins, das den speziell dafür auserkorenen Bitburger Patern vorbehalten ist. Die Rezeptur "der Brühe", wie Oberpate Karli Bosse sagt, ist streng geheim. Nur wenige Zutaten sind offiziell bekannt: Kyll- und Nimswasser, Bier, Bohnenkraut sowie Pfeffer und eine gute Prise vom Salz des Lebens.
Augen zu und durch


Wer damit beim Gäßestrepperfest (siehe Extra) zum "echten Beberiger Jungen" getauft wird, kann mit Freddy Quinn singen: brennend heißer Eifel-Sand. Denn die Brühe juckt ordentlich. "Das ist einer der Gründe, warum wir genug Bohnenkraut rein machen", sagt Bosse, bei dem eine Prise auch mal leicht zwei Handvoll werden: "Die sollen ja merken, dass sich was in ihrem Leben verändert." Dass ihnen, angesichts der leidvollen Prozedur, irgendwann mal die Kandidaten ausgehen könnten, fürchtet die unheilige Bruderschaft nicht. "Wir haben eine stattliche Warteliste", sagt Pater Lothar Weis. Bewerben kann man sich nicht, man muss aufgrund großer Heimatliebe und hilfreicher Taten auserwählt werden. Unter den 57 Geehrten sind alle Bürgermeister seit Theo Hallet, Brauerei-Mann Axel Simon, Bankenvorstände, Vereinsvorsitzende, eine exzellente Wirtin und natürlich allerlei ehrenamtlich Engagierte.
Einige hundert Gäste zieht die Gäßestrepper-Taufe Jahr für Jahr auf den Petersplatz. Bewegungsunfähig in einen Pranger eingezwängt, müssen die Täuflinge alles, was die Pater in ihrer huldvollen Ansprache sagen mit "Altjoh" bestätigen. Dazu werden sie mit reichlich Taufwasser übergossen.
Auch Batralzem, ein wirkungsvoller Eifelschnaps, gehört zur Rezeptur der Brühe. Der reinigt, erklärt Pater Bosse, "von innen und von außen". Immerhin gehen die Standhaften in ein neues Leben, sobald sie aus dem Pranger, der symbolisch wie alle Lasten ihres alten Lebens auf ihren Schultern liegt, befreit werden. Bis dahin ist Durchhalten angesagt.
Hinterher gibt es original Eifeler Küche, Kappes-Teertisch. "Lecker, immer wieder lecker", sagt Bosse. Und es wird gesungen bis zur Heiserkeit. Ob sie auch üben? "Ach, nö. Dann wirkt das so einstudiert." Einer ihrer Lieblingshits ist "Brennend heißer Wüstensand". Der darf ruhig drei, viermal erklingen. Dann war es ein guter Tag. Einer, der für das achtköpfige Pater-Team Samstagmorgen wieder mit der Fahrt zu Kyll und Nims beginnt. Denn dort, wo die Täler grün, wird das Taufwasser frisch geschöpft. Dass es dabei feucht-fröhlich zugeht, versteht sich von selbst. Die Brüder - neuerdings im selbst gebauten Pater-Mobil unterwegs - machen auch gerne mal einen Einkehrschwung. Vier Stunden brauchen sie, bis sie den Petersplatz erreichen - und da geben sie dann wirklich alles, damit hinterher möglichst viele mitsingen: "So schön, schön war die Zeit."Extra

Beim Gäßestrepperfest am Samstag, 5. September, ab 11 Uhr am Petersplatz, stehen um 16.15 Uhr diese Täuflinge im Pranger: Vincent Magnus, Bürgermeister von Arlon, seit 50 Jahren Partnerstadt von Bitburg. Als Übersetzer für den Franzosen ist Bürgermeister Joachim Kandels im Gespräch - keine leichte Aufgabe, bei dem, was die Pater alles so von sich geben, olálá. Matzens Ortsvorsteher Hermann-Josef Fuchs erhält die Weihe für seinen unermüdlichen Einsatz im Stadtteil. Markus Müller verwaltet den Patern seit Jahren ihre "immer leere Kasse" und führt Protokolle, dort wo das Erinnerungsvermögen der Pater nicht reicht. Er soll ins Team befördert werden - und braucht deshalb die Taufe.

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