Die falsche Jacke am falschen Tag

BITBURG. (iz) Sieben Monate Bewährungsstrafe und 150 Sozialstunden: Vor dem Schöffengericht musste sich ein arbeitsloser Landschaftsbauer wegen räuberischer Erpressung verantworten.

Im November vergangenen Jahres streifte der 25-jährige Angeklagte abends mit einem Bekannten durch Jünkerath. Im angetrunkenen Zustand erkannte der Angeklagte plötzlich an seinem 14-jährigen Opfer seine seit Jahren abhanden gekommene Bomberjacke. Der Bekannte musste stoppen, und der arbeitslose Garten- und Landschaftsbauer stieg aus, um sich sein weinrotes Schmuckstück mit dem Emblem der "Rotterdam-Terror-Cops" wieder in Besitz zu nehmen. "Zieh die Jacke aus, oder es gibt was auf die Fresse", sollen die auffordernden Worte des Angeklagten gewesen sein, denen der Junge - "ohne zu mucksen" - nachkam. "Ich war betrunken und es tut mir furchtbar leid", sagt der Angeklagte vor Gericht, und auch die Jacke habe er seinem Opfer wiedergegeben. Am Tag nach der Erpressungsaktion sei dem Angeklagten klar geworden, dass es nicht seine Jacke war. "Vom Sehen her kannte ich den Angeklagten", erzählte das Opfer vor Gericht, "aber mehr hatte ich nicht mit ihm zu tun." Etwas geschockt wurde der Bekannte des Angeklagten, der ja lediglich Fahrer war und nicht getrunken hatte. Ihm wurde vom Gericht eröffnet, dass hier sogar eine mögliche Strafbarkeit als "Gehilfe" im Gerichtsraum schwebe. "Und der Gehilfe wird ja bekanntlich gleich dem Täter verurteilt", erläuterte der Vorsitzende Richter Werner von Schichau. Der Jurist stellte "zu dieser Selbstjustiz" aber auch fest, dass der auffällige Flecken im Kreis Daun "allmählich zum Wilden Westen wird, und zwar seit es in Hillesheim kein Gericht mehr gibt". Die Staatsanwaltschaft erkannte den Sachverhalt als "minderschweren Fall" an und wertete den "ohne Zweifel angetrunkenen Zustand" und die Geständigkeit des Angeklagten als strafmindernd. Die Verteidigung spielte auf den so genannten "Verbotsirrtum" ab, schließlich dachte der Angeklagte, den Dieb seiner Jacke vor sich zu haben. "Und wenn man in Jünkerath auf die Polizei wartet, kann schon mal eine halbe bis eine Stunde vergehen", sagte der Strafverteidiger. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft - sieben Monate Bewährungsstrafe und 150 Sozialstunden - konnte sich auch das Gericht anschließen. Sollte der Angeklagte, der wohl lieber nach dem Motto "Lieber Ballermann 6 als Hartz 4" lebt, wie von Schichau anmerkte, nicht bis zum 1. Januar eine Arbeit nachweisen können, "habe er ja auch genug Zeit für eine soziale Arbeit für die Gemeinschaft", sagte der Richter. Im Gerichtssaal wurde das Urteil noch rechtskräftig.

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