Echternacher wollen mehr Demokratie wagen

ECHTERNACH. (red) Die Demokratie lebt vom Mitwirken der Bürger an den sie betreffenden Entscheidungen. In Echternach mischen sich immer mehr Bürger in die öffentliche Diskussion ein – zum Wohle aller, doch nicht ohne Gefahr, wie die Vergangenheit beweist.

Vor rund 15 Jahren gab es in der Abteistadt heftige Auseinandersetzungen wegen der Verkehrsverhältnisse. Besonders die Anwohner der Durchgangsstraßen forderten lautstark eine Umgehung der Stadt. Was aus diesen Forderungen in die Tat umgesetzt wurde, wissen wir, nämlich nichts. Das hatte auch einen guten Grund, die Kosten für eine solche Straße wollte oder konnte der Staat nicht tragen, waren die Prioritäten der Straßenbaupolitik doch völlig anders gelagert (siehe Nordstraße). Obwohl heute noch einige Nostalgiker in Echternach diesem Thema nachtrauern, scheint der Zug endgültig abgefahren zu sein. Die Stadt Echternach kennt immer noch dieselben Probleme, doch scheint ein neuer Schwung in die Lokalpolitik geraten zu sein. Öffentliche Debatte nimmt Gestalt an

Es wird wieder in Echternach gestritten, gezankt und geredet. Den meisten Bürgern, die sich an der öffentlichen Diskussion beteiligen, und das ist beileibe nicht die Mehrheit, scheint ein konstruktives Gelingen der Diskussionen sehr gelegen zu sein. Die Mittel sind knapp, und auf Biegen und Brechen kann heute niemand mehr etwas bewerkstelligen. Es geht auch nicht mehr anders, wenn man aus den Ereignissen der vergangenen Jahre etwas gelernt hat. Demnach ist es schon bemerkenswert, dass jetzt auch die Abteistadt aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Natürlich kann man nicht von direkter Bürgerbeteiligung reden (wie dies schon in Beckerich und Esch/Alzette der Fall ist), schließlich liegen die legitimen Entscheidungskompetenzen in den Händen des Gemeinderats. Trotzdem, eine recht aktive Nichtregierungsorganisation (NRO), die "Intramuros asbl.", hat sich zum Ziel gesetzt, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, wenn es um die Belange des historischen Zentrums geht. Diese NRO stellt keinen illegitimen Anspruch. Sie möchte durch Vorschläge und Debatten ihre Interessen vertreten. Auch wenn man nicht unbedingt mit den Standpunkten der "Intramuros asbl." einverstanden sein muss, hat ihre Aktion doch einen positiven Nebeneffekt: Sie belebt die öffentliche Diskussion. So kann man in ihrer Stellungnahme vom 16. August nachlesen: "Allgemein neigen Debatten über kommunale Verkehrspolitik sehr schnell zu emotionalen Ausbrüchen und ganz oft zu pauschalen Forderungen, die eigentlich nur Scheinlösungen sind. Dem gilt es entgegenzuwirken und die jetzt vorhandene einmalige Chance zu nutzen, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern in Fragen der Mobilität die eigene Zukunft zu gestalten." Die Probleme in der Abteistadt sind bei weitem noch nicht gelöst. Besonders der Verkehr innerorts bereitet den verantwortlichen Stellen so einiges Kopfzerbrechen. Die Entscheidung über die Sommermonate, den Marktplatz komplett vom Verkehr zu befreien, stieß auf einige Kritik. "Intramuros asbl." stellte fest, dass man den Motorradtourismus nicht genug auf die neue Situation eingestellt hat, eine Informationskampagne hätte gefehlt. Man müsse zuerst den Ist-Zustand des Verkehrsaufkommens auf dem Gemeindegebiet feststellen. Darüber hinaus könnte man sich ein besseres Verkehrskonzept für die Industriezone vorstellen.Gemeinderat stellt sich der Verantwortung

Natürlich tut sich noch so mancher schwer damit, den formalen Mehrheitsentscheid durch den Gemeinderat und die öffentliche Debatte enger miteinander zu verknüpfen. Doch sind den Echternacher Lokalpolitikern die Aktionen dieser Interessenvertretung nicht entgangen. Bürgermeister Marc Diederich begrüßt sogar diese Initiative, auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind. Diederich stellt aber fest, dass der Gemeinderat sich seiner Verantwortung nicht entziehe. Man sei dabei, das Verkehrsaufkommen zu analysieren. Auch soll in Zukunft der Busdienst in Echternach besser vernetzt werden. "Jeden Tag kommen etliche Busse von außerhalb am Echternacher Busbahnhof an, warum sollen diese nicht auch für den lokalen Dienst genutzt werden?", fragt der Bürgermeister und verweist auf ein Projekt, das mit dem Echternacher Gymnasium in Aussicht steht. So soll auf die Erfahrung des Gymnasiums in Sachen Busorganisation zurückgegriffen werden. Die heiße Phase der Diskussionen läuft aber erst an, und man kann gespannt sein, wie der Dialog in Echternach geführt werden wird. Möchte man in Echternach, oder anderswo, Scheinlösungen verhindern, sollte man berücksichtigen, dass eine legitime Entscheidung nicht durch den Willen der Allgemeinheit entsteht, sondern erst durch eine Partizipation aller an der Entstehung dieses Willens.

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