Ein Bierdeckel als Urkunde

PRÜM. (kth) Eine einmalige Ausstellung im Prümer Haus der Kultur veranschaulicht anhand von 320 Originaldokumenten aus sechs Jahrhunderten das Rechtsleben im Prümer Land.

"Eine Urkunde ist zum Gegenstand gewordener menschlicher Gedanke. Der Rechtsstudent lernt schon im ersten Semester, dass ein Bierdeckel, auf dem der Kellner die Getränke notiert, eine Urkunde ist." So lauten die einleitenden Worte des pensionierten Justizbeamten Dieter Siebenborn aus Bergisch Gladbach, bei der Ausstellungseröffnung "Aus dem Rechtsleben des Prümer Landes". Die Ausstellung des Geschichtsvereins Prümer Land und der Volkshochschule Prüm im Konvikt - Haus der Kultur in Prüm geht aber weit über den Rahmen einer simplen "Bierdeckel-Urkunde" hinaus. Im Foyer und dem angrenzenden Korridor sind 320 unter Glas gerahmte Dokumente aus sechs Jahrhunderten zu sehen. Die gut erhaltenen Originale gewähren Einblick in die Rechtslage, die Gerichtsbarkeit, die Verwaltung sowie in die wirtschaftliche, soziale und politische Situation des jeweiligen Zeitraums. Die abwechslungsreiche Geschichte der Stadt Prüm und des Prümer Landes wird lebendig. Chronologisch führt die faszinierende Dokumentensammlung von Dr. Alfred Müller aus Bensberg, ehemaliger Chefarzt im Prümer Krankenhaus, in die Epochen. So wird Prüm einmal als Sitz einer Reichsabtei, dann als Mittelpunkt eines Fürstentums im Heiligen Römischen Reich, später eines kurtrierischen Oberamtes, eines französischen Arrondissement und schließlich als preußische Kreisstadt gezeigt. Auffällig sind in der Sammlung die vielen notariell besiegelten Schuldscheine, Darlehensaufnahmen und Obligationen aus dem 16.und 17. Jahrhundert. Es sind Hinweise darauf, dass die Menschen Sorgen und Nöten hatten, da sie sonst ihren kleinen Besitz nicht verpfändet hätten. Schriftstücke informieren unter anderem über die Kirche als politische Institution, über Landwirtschaft und Erbrecht, die Handwerkerschaft, über Münzen und Maße, über Auswanderung und bedeutende Gestalten des Prümer Landes. Amtliche Verfügungen weisen auf die Beschlagnahmung von Grund und Boden zum Bau des Westwalls im Jahr 1938 hin. Laut Werner Blindert, dem Vorsitzenden des Geschichtsvereins, sind die beglaubigten Dokumente präzise Hinweise auf die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen im Prümer Land und die damit verbundene Rechtsveränderung. Bürgermeister Aloysius Söhngen, Chef der VHS und Hausherr des Kulturhauses an der Kalvarienbergstraße, begrüßte viele Besucher der Ausstellungseröffnung, die von dem Duo Sina Kunz (Horn) und Stefanie Hillen (Klarinette) gestaltet wurde. Die Austellung ist bis einschließlich 9. April während der Öffnungszeiten im Haus der Kultur zu sehen.

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