Ein Leben ohne Schleier

Kyllburg · In ihrem Heimatland werden sie verfolgt und müssen fliehen. In Deutschland verbinden die meisten Menschen den Irak unmittelbar mit dem Islam. Mit Christen im Irak können viele Westeuropäer wenig anfangen. Im Jugendhaus auf dem Kyllburger Stiftsberg tauschen derzeit 45 junge Iraker aus ganz Deutschland und Luxemburg ihre Erfahrungen aus.

Kyllburg. "Christ zu sein ist mir wichtiger, als Iraker zu sein", sagt Garges Azoe bei einem Treffen irakischer Christen in Kyllburg. Der 24-Jährige stammt aus Bagdad. Bereits im Kindesalter flohen seine Eltern mit ihm über die Türkei nach Deutschland. Seit 1997 ist er jetzt in der Bundesrepublik, wohnt in Essen und studiert Politik in Duisburg.
In perfektem Deutsch spricht er von den Verhältnissen, in denen seine Familie und die wenigen Mitchristen im Irak nicht existieren konnten. Nur knapp zwei Prozent der Iraker seien christlichen Glaubens und würden in der Heimat verfolgt, erzählt der junge Mann mit Dreitagebart.
In der Runde sitzen zwei junge Irakerinnen, leger und sportlich gekleidet. Die jungen Frauen blicken etwas unsicher. Was aus westlicher Sicht gemeinhin mit Frauen aus ihrem Land verbunden wird, fehlt. "Natürlich tragen wir keinen Schleier. Wir sind ja auch Christen und keine Moslems", betont Kathrin Ebrahim. In Deutschland und in Luxemburg, dort lebt die 20-Jährige nach ihrer Flucht, wüssten viele Menschen nicht, dass es irakische Christen gibt und dass diese verfolgt werden, erklärt sie. Die jungen Leute beherrschen allesamt die deutsche Sprache, fühlen sich integriert. Sie haben konkrete berufliche und private Ziele, kämpfen um die Anerkennung ihres Abiturs, studieren oder arbeiten.
Zurück in den Irak, das wollte sich keiner dieser jungen Christen vorstellen. Erstaunlich: Alle legten großen Wert darauf und betonten ihr ganz bewusstes Christsein. Der Redemptorist Pater Paulus Sati ist auch Iraker. Im Alltag ist er Krankenhausseelsorger in der Marienhausklinik in Bitburg. Er hat das Treffen in Kyllburg organisiert und unter das Thema "Freundschaft mit Jesus und Freundschaft untereinander" gestellt. rh

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