Ein Schlag ins Kontor

Von unserem Mitarbeiter FRITZ-PETER LINDEN STADTKYLL/ULMEN. Schwerer Schlag für ein Traditions-Unternehmen: Offenbar ist die Spedition Rothschild über Jahre hinweg von einem Mitarbeiter um erhebliche Summen erleichtert worden. Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft (der TV berichtete), die Ermittlungen laufen. Es war eine kurze Meldung, die am Montagmorgen von der Kriminalpolizei Wittlich versendet wurde: Am Donnerstag, 7. Oktober, habe man einen 43-Jährigen aus dem Raum Prüm verhaftet. Der Finanzbuchhalter habe, so der Vorwurf, seine Stellung dazu ausgenutzt, um jahrelang "erhebliche" Geldsummen aus einem "mittelständischen Unternehmen" im Oberen Kylltal abzuzweigen. Eine kurze Meldung, aber mit schwerwiegenden Konsequenzen: Bei dem Unternehmen handelt es sich um die Spedition Rothschild, mit Stammsitz in Stadtkyll und weiteren Niederlassungen in Koblenz, Ulmen sowie dem luxemburgischen Weiswampach. 130 feste Mitarbeiter, 40 selbständige Fuhrunternehmer als Partner, rund 28 Millionen Euro Jahresumsatz. 1949 hatte Kurt Rothschild die Firma gegründet. Seit dessen Tod 1983 steht sie unter der Leitung von Sohn Herbert. Seit Juli weiß dieser von den Vorgängen in seiner Spedition: Aufgrund "katastrophaler Betriebsergebnisse" habe er sich damals ans Nachforschen begeben. "Zuerst haben wir an der falschen Stelle gesucht." Bis man irgendwann doch auf die richtige Spur gekommen sei "und dann die Bombe platzte".Einfache Masche, schwerer Schaden

Zu den Einzelheiten will sich Rothschild nicht äußern. Dennoch sei der Trick, mit dem das Geld abgezweigt wurde, erschreckend simpel gewesen. Schlimm genug: "Ein Schlag war das", bekennt der 52-Jährige im Gespräch mit dem TV . Der Verdächtige habe - Rothschild betont das ausdrücklich - jahrelang sehr gute Arbeit geleistet und stets das Vertrauen seines Chefs genossen. Und nun das: "Wir sind im Moment bei der Ermittlung des Schadensumfangs", sagt er. "Und der liegt bereits jetzt im siebenstelligen Bereich." Dass sein Unternehmen auf diese Weise in die Öffentlichkeit gerät, ist ihm verständlicherweise nicht gerade willkommen. Dennoch sagt Rothschild mit Entschlossenheit: "Es kann in der heutigen Zeit, wo alles so schwierig ist, nicht akzeptiert werden, dass solche Machenschaften unter dem Teppich bleiben. Da waren 170 Arbeitsplätze in Gefahr." Und damit beinah die komplette Firma: "Wäre in unserer Unternehmensgruppe nicht ein entsprechender finanzieller Background gewesen, dann hätte diese Verhaltensweise zur Insolvenz geführt", stellt Rothschild klar.Gefahr gebannt, Controller eingestellt

Die Gefahr ist inzwischen abgewendet. Herbert Rothschild hat eine neue Buchhalterin eingestellt. Ab November soll außerdem ein Controller im Betrieb nach dem Rechten sehen: "Aus Schaden lernt man ja", sagt der Unternehmer. Sein ehemaliger Mitarbeiter hingegen sitzt seit voriger Woche in Untersuchungshaft, wie die Kriminalpolizei Wittlich auf TV -Anfrage bestätigt. Dabei sei klar, erläutert der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt Horst Roos, "dass wir hier nicht von einer Bagatelle reden". Zu den laufenden Ermittlungen und einem möglichen Strafmaß im Fall eines Prozesses und einer Verurteilung kann Roos noch keine Angaben machen: "Das wäre unrealistisch." Eine Haftsache setze allerdings voraus, "dass ein dringender Verdacht besteht auf eine Straftat von beträchtlicher Schwere. Ansonsten darf ein Haftbefehl aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht ergehen."

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