Ein Zehnkämpfer nimmt Abschied

BITBURG. Plattenteller statt Tafelkreide: Werner Pies, Bitburgs Mann in Sachen Kultur, feiert seinen letzten Schultag mit vielen Ehemaligen und Erinnerungen im Bitburger Castel.

Große Verabschiedungen mit langen Reden und überschwänglichen Lobhudeleien: Nein, das alles hätte ihm nicht gefallen. Das wäre ihm zu offiziell gewesen, zu amtlich. Da musste eine "Party for piesful people" her. Und so tauschte Werner Pies am seinem letzten Schultag an der Edith-Stein-Hauptschule Notenbuch und Kreidestück gegen die Plattenteller in der Disko "Castel", wo er als "DJ Double-U P." auftrat."Thanks, you gave me a chance" ("Danke, dass ihr mir eine Chance gegeben habt"), steht auf seinem T-Shirt. Ein Spruch, der auf John Lennons Lied "Give peace a chance" anspielt, das Pies als Zweideutigkeit all die Jahre besonders im Englischunterricht begleitet hat. Es ist zugleich sein Dank an alle, die ihn begleitet haben. Aber für Tränen oder Wehmütigkeiten hat Pies an seinem Abschiedsabend keine Zeit. Denn es gibt viele Menschen zu begrüßen und noch mehr Erinnerungen und Anekdoten auszutauschen, wie jene der besten Entschuldigung, die dem Lehrer Pies je untergekommen ist: "Mein Sohn Michael kann heute leider nicht zur Schule kommen, er hat Eierstockentzündung." Oder besonders raffinierte Übersetzungen wie: "What's that noise in the background" als "Was gibt es Neues in der Backstube".Seit 1967 war er fast ununterbrochen an der Edith-Stein-Hauptschule tätig. Viele seiner ehemaligen Schüler waren der per Schneeballsystem verteilten Einladung gefolgt. Und an jeden kann sich Werner Pies noch erinnern. "Och, du hattest früher immer so ein lautes Organ", erinnerte er sich. "Ja, das habe ich heute noch", scherzte sein ehemaliger Schüler lautstark.Skat, Englisch, Mathe und ein Bier in der Disko

"Werner Pies war der beste Lehrer, den ich bis heute hatte", ist sich auch Ralf Schiemann aus Wolsfeld sicher, der von 1983 bis 1988 Pies als Klassenlehrer hatte. "Das Erste, was ich bei Herrn Pies gelernt habe, war Skat spielen, und davon profitiere ich heute noch", erzählt er. In der Klassenleiterstunde hat Pies sie "an den Karten" unterrichtet. Als alter Zehnkämpfer hat er jedoch nicht nur Skat, sondern alle Fächer unterrichtet und sich besonders auf Englisch und Mathe konzentriert. "Ach, Werner kannst du dich noch erinnern, als wir auf der Skifahrt so lange gewartet haben, bis alles ruhig war, um unser Bierchen in die Disko trinken zu gehen?", erinnert sich Pies' Kollegin Hanne Zimmer. "Ja, aber nicht nur wir haben gewartet, sondern auch die Schüler", meint Pies und lacht. "Wir wurden am nächsten Tag gefragt, ob uns das Bier geschmeckt hat, denn die Schüler hatten nur darauf gewartet, dass wir gehen", sagt Zimmer.Bitburgs Mann in Sachen Kultur ist nun in Rente, besser: im Unruhestand. Dieses Wortspiel trifft bei ihm genauer zu als bei den meisten anderen. Auch Pies' Frau Iris hat keine Bedenken, dass ihr Mann nun in die Rentnerkrise fallen könnte und nicht weiß, was er mit seiner Zeit anfangen soll. "Der hat noch so viel vor. Dem wird nie langweilig", erklärt sie. "Ja, ich bin jetzt auch Vorsitzender der Volkshochschule des Kreises und möchte kulturelle Veranstaltung in den Kreis tragen. Es muss ja nicht alles in Bitburg stattfinden", sagt Pies. Zusammen mit seinen Aufgaben bei Kulturgemeinschaft und Bitburger Volkshochschule wird er genug zu tun haben. "Wir machen erst einmal Urlaub, um uns von der Feier zu erholen", sagt Iris Pies.

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