Ein letztes Bier im Schatten der Milch

BITBURG. Erst der Abriss des Lindenhofs und jetzt der letzte Tag des Nachbarn: Nach 26 Jahren hat Heribert Mertes die Musikkneipe "Altes Kesselhaus" am vergangenen Wochenende zum letzten Mal geöffnet.

 Das Ende einer Ära: Nach 26 Jahren schließt die Musikkneipe "Altes Kesselhaus" und hinterlässt damit eine große Lücke zwischen Flugplatz und "Coyote-Café".TV-Foto: Uwe Hentschel

Das Ende einer Ära: Nach 26 Jahren schließt die Musikkneipe "Altes Kesselhaus" und hinterlässt damit eine große Lücke zwischen Flugplatz und "Coyote-Café".TV-Foto: Uwe Hentschel

Am unteren Ende der Treppe, an dem kleinen Tisch sitzt ein gemischtes Gefühl. Der Mann, der es zu beherrschen versucht, ist Heribert Mertes, Wirt einer Kneipe, die nach 26 Jahren an diesem Abend zum letzten Mal geöffnet hat. Die urige Kneipe lief in den letzten Jahren nicht mehr so gut. "Natürlich ist ein bisschen Blues dabei", sagt er, "doch auf der anderen Seite auch das Bewusstsein, dass die Entscheidung richtig war." Es ist Samstagabend. Früher war die Kneipe an so einem Tag voll. Heute ist sie das auch. Und einen Tag vorher, am Freitag, als die Bitburger Band "Merlix" und die eigens zu diesem Zweck nochmals zusammengebastelte Formation "Rob&Co" zum Abschied ein letztes Mal im Kesselhaus gespielt haben, war sie das erst recht. "Ich habe 50 Leute wegschicken müssen, weil kein Platz mehr da war", sagt Mertes. Leicht ist ihm das nicht gefallen. Doch heute, an seinem letzten Abend, bleibt die Bühne leer. Stattdessen stehen dort wie gewohnt Tische und Stühle, an denen Menschen mit Getränken und Erinnerungen sitzen. "Das wird ein ganz normaler Abend im "Kesselhaus", sagt der Wirt. Er habe niemanden extra eingeladen. "Nur meine Mitarbeiter", fügt er hinzu und freut sich außerdem, dass ein Team, bestehend aus ehemaligen Bedienungen, an diesem Abend hinter der Theke steht. Dann geht er wieder die Treppe hoch, verschwindet in einer Menge bekannter Gesichter, während "Wheel in the sky keeps on turnin' - I don't know where I'll be tomorrow..." durch den verqualmten Raum schallt. Immerhin: Mit einem Rauchverbot für Kneipen muss Mertes sich nicht mehr rumschlagen. Der Kamin bollert, und im Fernseher, der gegenüber der Theke hängt, läuft "Verstehen Sie Spaß?!". Frank Elstner steht neben Tokio Hotel und unterhält sich mit dem Sänger. Dessen Frisur sprengt sogar die Maße des Breitbildfernsehers und ist bestenfalls dazu geeignet, zwischen den zahllosen Milchkannen im Kesselhaus Staub zu wischen. Kesselhaus und Tokio Hotel - das passt nicht wirklich. Vermutlich keiner der anwesenden Gäste möchte das eine verlassen, um in das andere zu ziehen. Sind doch in den vergangenen Jahren schon ohnehin zu viele weggezogen. Bis nach Tokio hat es allerdings keiner geschafft. Die meisten blieben irgendwo auf dem Flugplatz hängen. Nicht nur der letzte Gast hat das Kesselhaus mittlerweile verlassen, auch die Einrichtung geht: Auf einem Flohmarkt am Samstag, 10. März, 19 bis 22 Uhr und Sonntag, 11. März, 10 bis 18 Uhr, im "Alten Kesselhaus" wird das komplette Inventar verkauft. Infos unter Telefon 0171/7222788.

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