"Ein schöner Mist ist das": Neue Lärmschutzzonen um die Air Base Spangdahlem - Gutachten gefordert

Spangdahlem/Beilingen · Das Land hat die Lärmschutzzonen rund um den Militärflughafen Spangdahlem überarbeitet und neu festgelegt. Da die Schutzzonen die Möglichkeiten der Ortsgemeinden, Baugebiete auszuweisen oder Kindertagesstätten zu betreiben, beeinträchtigen, sind nicht alle Anrainer mit den Veränderungen zufrieden.

 TV-Foto/Archiv: Marek Fritzen

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Spangdahlem/Beilingen. "Ein schöner Mist ist das", sagt Michael Mohr, Ortsbürgermeister der 90-Einwohner-Gemeinde Beilingen, die keinen Kilometer von der Air Base Spangdahlem entfernt liegt. Mit der neuen Landesverordnung zur Festsetzung des Lärmschutzbereichs am Militärflugplatz Spangdahlem liegt Beilingen nun zu 100 Prozent in der Lärmschutzzone eins. Bislang waren rund 50 Prozent der Gemeindefläche als Lärmschutzzone zwei eingestuft.
Mehrkosten für Häuslebauer


Doch nachdem der Landesbetrieb Mobilität im Auftrag der Landesregierung den Verlauf der Schutzzonen neu berechnet und festgesetzt hat (der TV berichtete), sieht es für Beilingen jetzt anders aus. Die Lärmschutzzonen sollen die Bewohner auf der einen Seite zwar vor Fluglärm schützen, auf der anderen Seite gehen damit aber auch enorme Einschränkungen einher. Mohr: "Jetzt muss jemand viel mehr Geld ausgeben, wenn er in Beilingen ein Haus bauen möchte." Denn in der Lärmschutzzone eins, erklärt Mohr, fordere der Gesetzgeber von Bauherren wesentlich kostspieligere Maßnahmen für den Schallschutz, wie die Mehrfachverglasung der Fenster sowie dickere Außenwände, als es in der Lärmschutzzone zwei der Fall sei.

Deshalb sieht Mohr für das Neubaugebiet, das die Ortsgemeinde auf Flächen, die ehemals nur innerhalb der Lärmschutzzone zwei lagen, plant, jetzt schwarz. "Und das, obwohl es gefühlt in den letzten Jahren immer leiser rund um die Air Base geworden ist", sagt Mohr. Denn die Flugbewegungen sowie die Zahl der dort stationierten Flugzeuge hätten sich reduziert.
Niedrigere Grenzwerte


Doch die Lärmschutzbereiche wurden nicht kleiner, sondern größer. Der Grund: Die Grenzwerte sind abgesenkt worden. Wenn der Fluglärm (siehe Extra) an einem Messpunkt lauter als 63 Dezibel ist, gehört er neuerdings in die Tagschutzzone zwei. Vorher bedurfte es dafür einer höheren Lautstärke, zwischen 67 und 75 Dezibel.
In Spangdahlem sieht man den neuen Verlauf eher gelassen: "Für uns hat sich nicht viel geändert. Wir liegen nur mit einer Straße in der Zone eins", sagt Ortsbürgermeister Klaus Rodens. "Minimale Verbesserungen" brachte die Überarbeitung der Lärmschutzzonen, die auf Prognosen basiert, die anhand der Flugdaten aus der Vergangenheit berechnet wurden, in Herforst, sagt Ortsbürgermeister Werner Pick. "Wir hatten schon befürchtet, dass wir ganz in Zone eins landen", sagt Pick. Jetzt sei es aber nur ein schmaler Streifen geworden. Pick: "Vorher war es mehr. In unserer baulichen Entwicklung werden wir deshalb nicht beeinträchtigt."
In einem Punkt sind sich alle Ortschefs einig: Ein echtes Mitspracherecht wird ihnen bei der Festsetzung nicht eingeräumt: "Wir haben den neuen Verlauf abgelehnt. Aber wir haben auf unsere Fragen und zu unseren Änderungsvorschlägen bis heute vom Land keine Antwort erhalten", sagt Werner Pitsch, erster Beigeordneter der Ortsgemeinde Binsfeld (VG Wittlich-Land). Auf TV-Anfrage erklärt dazu das Verkehrs- und Wirtschaftsministerium: "Die beim LBM eingegangenen Stellungnahmen beziehen sich im Wesentlichen auf nicht veränderbare Vorgaben." Eine Beantwortung der einzelnen kommunalen Eingaben sei nicht angezeigt gewesen. Pitsch: "Dabei behindern diese Lärmschutzzonen die Gemeinden in ihrer Entwicklung."
"Immense Spitzenwerte"


Neue Lärmschutzzonen hin oder her, der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) fordert ein Gutachten zu den Gesundheitsrisiken, die der Lärm nach der Meinung der Aktivisten für die Bevölkerung darstellen soll. "Rund um die Air Base kann man immense Spitzenwerte messen. Außerdem wurden in die Berechnung zu den Lärmschutzzonen nur die Starts und Landungen, nicht aber das Kreisen der Flugzeuge einkalkuliert", sagt Günther Schneider vom BUND. Doch das Land beruft sich auf die bestehende Bundes-Gesetzgebung und sieht, wie eine TV-Anfrage ergibt, keinen weiteren Handlungsbedarf.
Nicola Diehl, Pressesprecherin des Verkehrs- und Wirtschaftsministerium: "Auf der Basis dieses Gesetzes wurden die Auswirkungen des militärischen Luftverkehrs am Flugplatz Spangdahlem untersucht und der Lärmschutzbereich gemäß den Vorgaben des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm und dessen Verordnungen neu berechnet. Die Lärmschutzbelange der Bevölkerung werden damit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt."Extra

Innerhalb des 15 Kilometer langen und 4,5 Kilometer breiten Lärmschutzbereichs rund um den US-Luftwaffenstützpunkt gibt es drei Lärmschutzbereiche: Tagschutzzone 1: Dort ist es lauter als 68 Dezibel (vormals 75 Dezibel). Dort dürfen keine neuen Baugebiete ausgewiesen werden. Bauherren müssen Lärmschutzmaßnahmen treffen, für die sie jedoch finanzielle Entschädigungen erhalten. Schutzbedürftige Einrichtungen wie Krankenhäuser dürfen in diesen Bereichen nicht gebaut werden. Tagschutzzone 2: Dort ist der Fluglärm lauter als 63 Dezibel (ehemals 67 bis 75 Dezibel). Schutzbedürftige Einrichtungen dürfen dort nicht gebaut werden. Nachtschutzzone: Orte, an denen mehr als sechsmal pro Tag ein Fluglärm lauter als 57 Dezibel oder durchschnittlich 55 Dezibel gemessen wird. Kindertagesstätten dürfen dort gebaut werden. Wohnungen und Altenheime erhalten dort keine Genehmigung. cmo

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